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# taz.de -- Diskussion über Erbschaften: Rot-grün-rot für Steuerreform
> Im Bundestag sind sich Linke, SPD und Grüne bei der Erbschaftssteuer im
> Kern einig. CDU und AfD kramen die immergleichen Neid-Argumente hervor.
Bild: „Je fetter das Erbe, desto mickriger der Steuersatz“, sagt der finanz…
Berlin taz | Von Gerechtigkeit sprachen die einen, die anderen von
Sozialneid. Als der Bundestag am Donnerstag über [1][die Erbschaftssteuer]
diskutierte, passierte etwas Seltenes: in einer emotionalen und von vielen
Zwischenrufen unterbrochenen Debatte verliefen die Konfliktlinien nicht wie
üblich zwischen Regierung und Opposition sondern zwischen
wirtschaftspolitisch links und rechts tickenden Parteien.
Zur ersten Gruppe gehören die Linkspartei, die Grünen [2][und die SPD.] Die
Linke hatte einen Antrag eingebracht – in bemerkenswerter Einigkeit von
Janine Wissler bis Sahra Wagenknecht – in dem sie die Regierung
aufforderten, die Privilegien für Milliardenerben zu streichen. Jährlich
würden in Deutschland 400 Milliarden Euro vererbt, wobei gilt: „Je fetter
das Erbe desto mickriger der Steuersatz“, so der finanzpolitische Sprecher
der Linken Christian Görke. Die Erbschaftssteuer sei zur Dummensteuer
geworden.
Görke berief sich auf Daten des Netzwerks Steuergerechtigkeit, wonach bis
zu einer Höhe von 20 Millionen Euro durchschnittlich 9 Prozent Steuern auf
geerbtes Vermögen fällig wurden. Wer mehr erbte, zahlte aber nur 2,8
Prozent. Möglich ist dies durch zahlreiche Ausnahmen, etwa für
Betriebsvermögen, was dazu führt, das etwa minderjährige Kinder zu
Anteilseignern von Firmen gemacht werden, damit sie keine Steuern zahlen
müssen. Alles ganz legal. Dem Staat entgingen dadurch jährlich 5 bis 7
Milliarden Euro Einnahmen. Über solche durch nichts zu rechtfertigende
Privilegien müsse man reden, forderte Görke.
## Beck räumt mit Mythen auf
Abgeordnete von SPD und Grünen konnten nur beipflichten. Er freue sich über
die Debatte zur die Erbschaftssteuer, sagte der SPD-Abgeordnete Tim
Klüssendorf, die Gelegenheit gebe es sonst nicht in der Koalition. Auch
Klüssendorf, der für die Parlamentarische Linke der SPD [3][ein
Steuerkonzept verfasst hat], sieht dringenden Handlungsbedarf.
Die Vize-Vorsitzende des Finanzausschusses, Katharina Beck von den Grünen,
sah ebenfalls „gute Gründe, die Debatte über Vermögensverteilung aus der
Tabu- in die Gestaltungsecke zu bringen.“ Die Mehrheit der Menschen in
Deutschland erbte nichts, „das meiste private Vermögen wird heute durch
Erbschaften generiert und nicht durch Arbeit“, so die Grüne. Das
widerspreche sowohl dem Gerechtigkeits- als auch dem Leistungsprinzip.
Beck nutzte die Gelegenheit, mit einigen „Mythen“ aufzuräumen. Die unter
anderem vom bayerischen Ministerpräsidenten verbreitete Behauptung, eine
Reform der Erbschaftssteuer bedrohe Omas Häuschen, sei falsch. In den
allermeisten Fällen müssten Erb:innen gar keine Steuern auf Wohnungen und
Häuser zahlen, wenn sie selbst weiter darin wohnten. Ihr Fraktionskollege
Stefan Schmidt warf Söder, der vor einem „Ausverkauf der Heimat“ gewarnt
hatte, sogar „AfD-Rhetorik“ vor.
## CSU warnt vor Abwanderungen
Die AfD hatte parallel zum Antrag der Linken einen eigenen eingebracht, in
dem sie forderte, die „soziale Neidsteuer“ ganz zu streichen. Damit legte
die völkisch orientierte Partei ihre neoliberalen Wurzeln offen – und
erhielt inhaltliche Rückendeckung von FDP und Union.
Auch Claudia Raffelhüschen von der FDP sprach wie ihr AfD-Vorredner von
einer Neidsteuer und warnte davor, die Unternehmerschaft weiter zu
belasten. Auch die FDP will die Erbschaftssteuer reformieren, aber ganz
anders als es Linken, SPD und Grünen vorschwebt. Sie wirbt vor allem für
höhere Freibeträge unter anderem für die Weitergabe von Immobilien.
Der CSU-Finanzsprecher Sebastian Brehm warnte, mit der Besteuerung von
Erbschaften schädige man Familienunternehmen, das führe zu Abwanderung und
sinkenden Investitionen. Er plädierte dafür, die „Substanzsteuer“ am best…
gleich abzuschaffen. Dabei gibt es auch in der Union mittlerweile Stimmen,
die eine höhere Besteuerung von großen Erbschaften für richtig halten.
Beide Anträge, die von Linken und AfD, wurden in die Ausschüsse verwiesen.
Beide sind chancenlos, da die politischen Mehrheiten im Bundestag andere
sind.
22 Jun 2023
## LINKS
[1] /SPD-Finanzpolitiker-fuer-Erbschaftssteuer/!5923656
[2] /Reform-der-Erbschaftssteuer/!5915432
[3] /Reform-der-Erbschaftssteuer/!5915432
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Ampel-Koalition
Erbschaftssteuer
Bundestag
Die Linke
Finanzpolitik
Kolumne Ernsthaft?
Babyboomer
Steuer
Umverteilung
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