# taz.de -- „Zukunftskongress“ der CDU: Bloß nicht auf die Basis hören | |
> Mit einem „Zukunftskongress“ will die CDU ihre Kompetenz in Sachen | |
> Klimapolitik stärken. Die wichtigste Botschaft: Es bleibt alles beim | |
> Alten. | |
Bild: CDU-Chef Friedrich Merz will das Klima schützen – aber bitte nicht zu … | |
BERLIN taz | Den ersten Gast dürfte die CDU-Zentrale mit besonderem Bedacht | |
gewählt haben. Es ist Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des | |
Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, der da gemeinsam mit CDU-Chef | |
Friedrich Merz auf der Bühne steht. Ein renommierter Klimaforscher eines | |
renommierten Instituts also – und der Parteinähe unverdächtig. | |
Die CDU hat am Donnerstag tausend Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und | |
Politik ins Berliner Tempodrom zu einem „Zukunftskongress“ geladen. | |
„Wirtschaft stärken, Klima schützen, Arbeit schaffen“ lautet dazu die | |
Überschrift. Mit der Veranstaltung will die Partei ihre Kompetenz auch beim | |
Thema Klimaschutz unter Beweis stellen. Schließlich stellt sich die CDU | |
gerade inhaltlich neu auf, im kommenden Jahr soll [1][ein neues | |
Grundsatzprogramm verabschiedet] werden. | |
Edenhofer setzt auf eine „soziale Marktwirtschaft mit einem klaren | |
ökologischen Kompass“ und den CO2-Preis als Leitinstrument, von Verboten | |
hält er nicht viel. Mit marktwirtschaftlichen Prinzipien, so der Ökonom, | |
könne der Klimawandel gebremst werden. Der CDU komme in der Klimadebatte | |
eine überragende Aufgabe zu, weil sie die Mitte der Gesellschaft verkörpere | |
und für Marktwirtschaft stehe. Als Edenhofer dann noch Ludwig Erhard | |
erwähnt, sagt Merz, das sei „Salbe auf unserer Seele“. | |
Das, was Edenhofer im Zusammenhang mit Erhard sagt, umschifft der CDU-Chef | |
dann allerdings. „Wir können nur in einer Welt mit wenig Verboten und wenig | |
Regulierung leben, wenn wir uns zutrauen, steigende CO2-Preise verkraften.“ | |
Das gehöre zur Wahrheit und müsse klar kommuniziert werden, so der Ökonom. | |
Auch dass Edenhofer für ein Gutachten mitverantwortlich ist, in dem es | |
heißt, dass „ein Abweichen vom Prinzip der Technologieoffenheit in der | |
Realität notwendig sein“ kann, bleibt im Tempodrom unerwähnt. | |
„Deutschland kann es besser“, ist dort auf der Bühne zu lesen, was wohl | |
heißen soll: besser als die Ampelkoalition. Statt auf Ideologie und | |
Verbote, was aus der CDU besonders den Grünen und ihrem Klimaminister | |
Robert Habeck gern unterstellt wird, setze man auf Markt und | |
Technologieoffenheit – das ist die Message, die sich durch die | |
Veranstaltung zieht. | |
## Alles technisch lösen | |
Man brauche „mehr Klimatechniker als Klimakleber“, so nennt Generalsekretär | |
Mario Czaja das. Was eben auch suggeriert: Wir werden das Problem technisch | |
lösen, jeder und jede Einzelne kann so weiter leben wie bisher. Am | |
persönlichen Verhalten muss sich nichts ändern. Insofern: Nichts Neues bei | |
der CDU. | |
Und doch betont der Parteichef die Bedeutung der Klimapolitik in seiner | |
Rede am Abend. „Wir müssen uns mit diesen großen Herausforderungen | |
ernsthaft beschäftigen“, sagt Merz. „Wir sprechen über den Schutz unserer | |
natürlichen Lebensgrundlage.“ Und: „Wir sprechen von etwas, was wir unseren | |
Kindern und Enkeln weitergeben wollen.“ Da klingt der CDU-Vorsitzende fast | |
wie die frühen Grünen. Die haben bei bei der Bundestagswahl 1983 mit dem | |
Spruch geworben: „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt.“ | |
So will Merz wohl die Ernsthaftigkeit des Unterfangens unterstreichen. | |
Konterkariert allerdings wird das durch ein Interview mit der Zeit, das am | |
Donnerstag erschienen ist. „Es ist eben gerade nicht so, dass morgen die | |
Welt untergeht“, sagt Merz darin. „Wenn wir in den nächsten zehn Jahren die | |
richtigen Weichen stellen, sind wir auf einem guten Weg.“ | |
## Publikum pro Kernfusion | |
Das klingt nun wahrlich nicht so, als sei Klimaschutz eine Top-Priorität | |
der Christdemokrat*innen. Laut einer jüngst vorgestelltem Umfrage | |
wollen auch ihre Mitglieder das Thema nicht nach vorne stellen. Dass die | |
allerdings in vielem deutlich konservativer als die Wähler*innen der | |
Partei sind, nötigt die CDU immer wieder zum Spagat. Will sie Wahlen | |
gewinnen, darf sie eben auch nicht zu viel auf ihre Basis hören. | |
Im Tempodrom will die CDU vor allem Aufbruch verströmen, Innovation und | |
Forschungsdrang. Dazu hat sie eine Reihe von | |
Industrievertreter*innen und Wissenschaftler*innen zu Talks | |
geladen. In den Gesprächen geht es wenig kontrovers zu, beklagt werden die | |
Sorgen der Deutschen und die vielen Beschränkungen | |
Zwischendurch dürfen sechs Start-ups für ihre Projekte pitchen, jeweils | |
genau vier Minuten lang. Geworben wird für vollelektrische Trucks und | |
Kernfusion, einen Kohlenstoffkreislauf und moderne Lastenfahrräder für | |
Paketboten. Nach jeder Präsentation darf das Publikum ein Votum abgeben. Am | |
Ende gewinnt die Marvel Fusion GmbH, die auf Kernfusion setzt. Heike | |
Freund, Chief Operating Officer bei Marvel, sagt: „Meine Ambition ist es, | |
in zehn Jahren Kraftwerke zu bauen.“ | |
Bei der CDU nennt man das ambitioniert, andere sehen das kritischer. Die | |
vermeintlichen [2][Erfolge der Kernfusion] seien klein, heißt es etwa beim | |
BUND – „verschlungenes Geld, Zeit und Ressourcen (sind) jedoch riesig“. | |
Merz aber ist nach Freunds Pitch begeistert. Sie bekommt nicht nur eine | |
kleine Auszeichnung, sondern auch ein Versprechen des CDU-Chefs: „Wenn ich | |
darf, werde ich Sie besuchen.“ | |
28 Apr 2023 | |
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[1] /Neues-Grundsatzprogramm-der-CDU/!5925976 | |
[2] /Experte-zu-Durchbruch-bei-Kernfusion/!5902887 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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