# taz.de -- SPD-Finanzpolitiker für Erbschaftssteuer: „Das wird auch die FDP… | |
> SPD-Finanzpolitiker Tim Klüssendorf fordert mehr Geld aus der | |
> Erbschaftssteuer – und widerspricht Finanzminister Lindner bei der | |
> Kindergrundsicherung. | |
Bild: Mit Änderungen bei der Erbschaftssteuer lassen sich neue Geldquellen auf… | |
taz: Herr Klüssendorf, war der [1][Koalitionsausschuss] ein Erfolg? | |
Tim Klüsssendorf: Es ist gut, dass es nach Wochen des Konflikts jetzt ein | |
Ergebnis gibt. | |
Ein „sehr, sehr, sehr gutes“ Ergebnis? | |
Ich kann [2][dem Bundeskanzler natürlich nicht widersprechen]. Alle drei | |
Parteien haben Federn gelassen. Kritisch sehe ich allerdings die | |
[3][Entkopplung der Sektorziele], weil die einzelnen Ministerien nun nicht | |
mehr so stark in der Verantwortung stehen. Die Zusicherung, dass beim | |
[4][Heizungsaustausch] niemand alleine gelassen wird, war dringend nötig. | |
Es gibt Eigenheimbesitzer, die nicht so viel Geld haben und die wir nicht | |
im Stich lassen werden. | |
Hat der Staat genug Geld, um die gewaltigen Kosten der Transformation | |
abzufedern? | |
Die finanzielle Lage ist angespannt. Das hat der Koalitionsausschuss gar | |
nicht verhandelt. Wenn alle Wünsche der Ministerien erfüllt werden, fehlen | |
im Haushalt 70 Milliarden Euro. Es stellt sich die Frage: Wie soll das | |
funktionieren? | |
Sagen Sie es uns. | |
Der Staat braucht auch mehr Einnahmen, etwa über die Erbschaftsteuer. | |
Steuererhöhungen sind laut Koalitionsvertrag ausgeschlossen. | |
Wir müssen dafür keine Steuersätze erhöhen. Im Gegenteil: Wir könnten sogar | |
einige Freibeträge erhöhen. Wir müssen vielmehr [5][Sonderregelungen in der | |
Erbschaftsteuer, die nur Vermögen über 26 Million betreffen, abschaffen]. | |
Derzeit können Betriebsvermögen in extra gegründeten Stiftungen und | |
sogenannten Family Offices übertragen werden. Und es ist möglich, dass | |
Milliarden an Betriebsvermögen steuerfrei vererbt werden. Wer erbt, muss | |
nur darlegen, kein eigenes Vermögen zu besitzen, dann fällt kein Cent | |
Erbschaftsteuer an. Diese Sonderregel für Erbschaften über 26 Millionen, | |
die Verschonungsbedarfsprüfung, muss weg. Denn da wird sehr viel Geld legal | |
am Fiskus vorbeimanövriert. | |
Wie viel würde die Änderung bringen? | |
Die Schätzungen reichen von fünf bis 14 Milliarden Euro im Jahr. | |
Die üblichen Lobbygruppen werden diese Idee als Substanzbesteuerung | |
angreifen… | |
Bei Betriebsvermögen bis 26 Millionen gibt es klare Regeln, die | |
sicherstellen, dass Privat- und Betriebsvermögen trennscharf sind. Man muss | |
sieben Jahre lang 100 Prozent der Löhne weiter zahlen und 90 Prozent des | |
Produktionskapitals einsetzen. Diese Regeln gelten ab 26 Millionen nicht | |
mehr. Das ist ungerecht. | |
Erbschaftsteuer ist eher unpopulär: Beim Tod der Eltern soll sich der Staat | |
raushalten … | |
Ja, stimmt. Wir müssen deshalb den Menschen die Angst nehmen. Diese | |
Änderungen betreffen ja nur eine sehr kleine Gruppe. Es geht um Familien | |
wie Quandt und Döpfner, die teilweise Milliarden am Staat vorbeibewegen. | |
Den Handwerksbetrieb mit fünf Mitarbeitern tangiert das nicht. | |
Dieses Gesetz bräuchte Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat. Gibt es die? | |
Im Moment noch nicht. Aber es gibt auch keine Mehrheit im Parlament dafür, | |
einfach 70 Milliarden Ausgaben zu streichen. | |
Die FDP wird Nein sagen. | |
Kann sein. Aber auch die FDP wird sagen müssen, wie sie den Haushalt | |
aufstellen will und zum Beispiel die Bundeswehr und die | |
Kindergrundsicherung finanzieren will. | |
Laut Lindner gibt es kein Geld für die Kindergrundsicherung. | |
Eins ist sicher: Die SPD-Fraktion wird keinem Haushalt zustimmen, in dem | |
alle ihre Projekte weggekürzt werden. Daher müssen wir auch über | |
Steuersubventionen reden. Vor allem jene, die nur einzelne Branchen | |
unterstützen oder eh nur temporär angelegt waren, müssen ernsthaft auf den | |
Prüfstand. Selbst Christian Lindner hat etwa die Mövenpicksteuer für | |
Hotelübernachtungen mal als ordnungspolitischen Fehler bezeichnet. Es gibt | |
also Spielräume. | |
Woher kommt Ihr Optimismus? | |
Erstens: Wir regieren nicht mehr mit der Union in der Rolle des | |
Juniorpartners. Zweitens: Der Druck ist sehr hoch. Wir brauchen mehr | |
Einnahmen. Da stellt sich zwingend die Frage nach dem kleineren Übel. Und: | |
Wir können die Mitte der Gesellschaft, die durch Corona und Inflation unter | |
Stress steht, nicht noch weiter belasten. Das wird auch die FDP verstehen. | |
2 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
Anna Lehmann | |
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