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# taz.de -- EU-Bürgerbeauftragte: Nichts hören, nichts sagen
> Von „Katargate“ bis zur SMS-Affäre von Ursula von der Leyen: Emily
> O’Reilly sieht Defizite bei Transparenz und Ethik in Brüssel.
Bild: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Brüssel taz | Ein Jahr vor der Europawahl ist es schlecht um Transparenz
und Ethik in der EU bestellt. Zu diesem Urteil kommt die europäische
Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly in ihrem neuen Tätigkeitsbericht, den sie
am Dienstag in Brüssel vorgelegt hat. Das Europaparlament habe noch nicht
alle Lehren aus dem [1][Korruptionsskandal („Katargate“)] gezogen, so
O’Reilly. Damit werde der Ruf der EU aufs Spiel gesetzt. Auch die
EU-Kommission sei nicht transparent genug.
Die Brüsseler Behörde behindere den Zugang zu wichtigen Dokumenten,
kritisiert O’Reilly. In 85 Prozent der Fälle würden Anfragen von Bürgern
und Abgeordneten verspätet beantwortet; dies sei ein „systemisches“
Versagen. Zudem mangele es an Transparenz beim 750 Milliarden Euro schweren
Corona-Aufbaufonds, beim europäischen Verteidigungsfonds und beim
Umweltschutz. Lobbyisten bekämen leichter EU-Zugang als die
Zivilgesellschaft.
Besonders verärgert zeigt sich O’Reilly über den Umgang mit der sogenannten
[2][SMS-Affäre um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen]. Dabei geht
es um einen milliardenschweren Impfstoff-Deal mit dem US-Pharmahersteller
Pfizer, den von der Leyen im Frühjahr 2021 per Handy eingefädelt haben
soll. Es sei „verwirrend“, dass sich die deutsche Politikerin immer noch
weigere, auf Beschwerden und Klagen einzugehen, sagte die
Bürgerbeauftragte.
Mittlerweile liegt sogar eine Strafanzeige in Belgien vor. Der Kläger,
Frédéric Baldan, ist ein Lobbyist, der bei den EU-Institutionen in Brüssel
akkreditiert ist. Er wirft von der Leyen vor, ohne Mandat und hinter dem
Rücken der EU-Staaten gehandelt zu haben. Die EU-Kommission wollte diesen
schweren Vorwurf jedoch ebenso wenig kommentieren wie vorausgegangene
Klagen mehrerer Europaabgeordneter und der New York Times.
## „Ein Risiko für den gesamten Ruf der EU“
Von der Leyen sei eine Person des öffentlichen Lebens, so die
Bürgerbeauftragte. Sie könne daher nicht so tun, als gehe sie der Fall
nichts an. Die EU-Kommission glaube offenbar, dass die SMS-Affäre „wie von
Geisterhand verschwinden“ werde.
Kritisch äußerte sich die Ombudsfrau auch zum Umgang mit dem „Katargate“ …
Europaparlament. Sie habe keinen Grund, am guten Willen von
Parlamentspräsidentin Roberta Metsola zu zweifeln, die eine vollständige
Aufklärung angekündigt hat. Sie sei jedoch sicher, dass es Widerstand gegen
die angekündigten Reformen gebe. Als Beispiel nannte O'Reilly die kürzlich
eingeführte sogenannte Abkühlperiode für ehemalige Abgeordnete.
Diese sollen künftig frühestens sechs Monate nach Ende ihres Mandats das
Recht erhalten, als Lobbyisten tätig zu werden. Der ursprüngliche Vorschlag
habe jedoch auf zwei Jahre gelautet, betonte O’Reilly. „Sechs Monate sind
keine echte Abkühlperiode.“ Kritik äußerte sie auch an einem geplanten
Beratergremium, das mögliche Interessenkonflikte von Abgeordneten
untersuchen soll. Die Unabhängigkeit lasse zu wünschen übrig.
Beim „Katargate“ sollen Katar, Marokko und möglicherweise noch andere
Länder versucht haben, Europaabgeordnete zu bestechen, um Einfluss auf
EU-Entscheidungen zu nehmen. Der Skandal sei „ein Risiko für den Ruf der
gesamten EU“, sagte O’Reilly. Das Parlament müsse daher mehr tun. „Ohne
moralische Autorität gibt es keine politische Legitimität“, warnte sie rund
ein Jahr vor der nächsten Europawahl, die im Frühjahr 2024 stattfindet.
26 Apr 2023
## LINKS
[1] /Korruptionsaffaere-Katargate/!5906521
[2] /Kommissionschefin-gibt-SMS-nicht-heraus/!5829411
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Ursula von der Leyen
Transparenz
Lobbyismus
Katar
SMS
EU-Kommission
Europawahl
Schwerpunkt Klimasabotage
EU-Kommission
Schwerpunkt Korruption
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