| # taz.de -- Debatte um U-Ausschuss zu NSU-Mord: Kein Verlass mehr auf die Grün… | |
| > Miriam Block hat dem Antifaschismus eine Stimme gegeben – als einzige | |
| > Grüne in der Hamburger Bürgerschaft. Dafür hat ihre Partei sie nun | |
| > abgestraft. | |
| Bild: Eine Gedenkstelle für den am 27. Juni 2001 ermordeten Kaufmann Süleyman… | |
| Die Entscheidung war schon nicht mehr entscheidend. Allein die [1][Debatte | |
| der Grünen in Hamburg um einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss] zu | |
| den Hintergründen des [2][NSU-Mordes 2001 an Süleyman Taşköprü] offenbarte | |
| den parteiinternen Disput – der dann zum Debakel wurde: Eine Niederlage, | |
| die nicht die Bürgerschaftsabgeordnete Miriam Block zu verantworten hat, | |
| sondern die Abgeordneten der Fraktion, die ein Opfer brauchen. | |
| Mit ihrem angekündigten Ja zu einen Ausschussantrag der Linken hatte Block | |
| den Konsens der Regierungsfraktionen von SPD und Grüne unterlaufen. Auf | |
| diesen doppelten Fraktionsbruch gegen die rot-grüne Regierung und gegen die | |
| eigene Fraktion musste in der von moralischen Fragen unbelasteten Logik der | |
| Hamburger Grünen ein Exempel folgen. Freies Mandat, alleine dem eigenen | |
| Gewissen folgen – schöne Sprüche für Themen und Zeiten, bei denen es | |
| ohnehin egal ist. Der Entscheidung der Fraktion ist zu folgen, die Linie | |
| ist bedingungslos zu halten. Ein Ausbruch wie der von Miriam Block, die mit | |
| ihrem Gewissen eine Ablehnung eben nicht vereinbaren konnte, muss da | |
| abgestraft werden. Am Montagabend stimmte die Fraktion dafür, sie von allen | |
| Ämtern zu entheben. | |
| Dieses Abstrafen wollte der Fraktionsvorstand, mitgetragen vom | |
| Landesvorstand und den Senator*innen, wohl nicht bloß, um die | |
| Machtverhältnisse in der Fraktion zu klären; und wahrscheinlich ging es der | |
| großen Mehrheit der Fraktion auch nicht schlicht um die Absicherung des | |
| Verhältnis zur SPD. Block hat ihre Parteikolleg*innen viel tiefer | |
| getroffen. Denn diese eine Grüne mit ihrer Überzeugung steht exakt da, wo | |
| alle Grünen sich selber gern sehen – an der Seite [3][der Betroffenen von | |
| rechtsextremen Terror] und an der von antirassistischen Initiativen. | |
| Doch der Pseudoantifaschismus der Grünen an der Elbe beschränkt sich beim | |
| NSU-Komplex auf wissenschaftliche Aufarbeitung – was Projekte gegen | |
| gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und antifaschistische Netzwerke zuvor | |
| kritisierten. Dabei wissen diejenigen, die Block kaltgestellt haben, genau: | |
| Wissenschaftliches Aufarbeiten ist mit einem parlamentarischen | |
| Untersuchungsausschuss nicht zu vergleichen, die rechtlichen Mittel wie | |
| auch die öffentliche Wahrnehmung sind wesentlich schwächer. | |
| ## Vertrauen zerstört | |
| Dass die Fraktion nicht dem Wunsch der Familie Taşköprü nach Aufklärung | |
| nachkam, hinterlässt Verletzungen, zerstört das Vertrauen in die grüne | |
| Kernkompetenz neben dem Kampf gegen den Klimawandel. Sie sind an der Elbe | |
| kein verlässlicher Partner mehr im Kampf gegen Nazis. Dass ihnen die | |
| Entscheidung angeblich schwer fiel, ist moralische Rhetorik. Fakt ist: Bei | |
| der Aufklärung rechten Terrors ist auf die Grünen kein Verlass. | |
| Dass ein Untersuchungsausschuss im Zeichen des Antifaschismus auch als | |
| Regierungspartei möglich ist, [4][belegten die Grünen in Thüringen gleich | |
| zwei Mal.] Die Entscheidung der Hamburger Grünen beschädigt all diejenigen | |
| in der Partei, die sich in Parlamenten, auf der Straße und im Alltag gegen | |
| Rechte engagieren, teils unter massiven persönlichen Anfeindungen, die die | |
| Grünen an der Elbe bequem ignorieren können. | |
| Die SPD ist dabei in der Debatte schön außen vor. Sie wollte nie eine | |
| tiefer gehende Untersuchung, Kritik trifft sie nicht: Von der SPD in der | |
| Hansestadt erwarten Antfaschist:innen schon lange nichts mehr. | |
| 25 Apr 2023 | |
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| [1] /Hamburger-Gruene-stimmt-fuer-NSU-Aufklaerung/!5929804 | |
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| [3] /Opfer-zu-10-Jahren-NSU-Selbstenttarnung/!5813082 | |
| [4] /NSU-Ausschuss-in-Thueringen/!5630581 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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