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# taz.de -- Misstrauensantrag in Spanien: Ex-Kommunist für die Franquisten
> Beim zweiten Misstrauensantrag der Rechtspartei Vox tritt ein ehemaliger
> Kommunist als Herausforderer von Ministerpräsident Pedro Sánchez an.
Bild: Ramon Tamames (links) auf seinem Weg ins Parlament am 21.03.2023
Madrid taz | Ein Gestriger und die Ewiggestrigen gemeinsam gegen das
Spanien von heute, könnte die Zusammenfassung dessen lauten, was sich
Dienstag und Mittwoch im spanischen Parlament abspielen wird. Der
89-jährige Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige kommunistische
Politiker Ramón Tamames führt ein Misstrauensvotum gegen den Chef der
Linksregierung Pedro Sánchez (PSOE) an. Eingereicht wurde der
Misstrauensantrag ausgerechnet [1][von der rechtsextremen VOX]. Die Nummer
3 im spanischen Parlament trauert der [2][Franco-Diktatur] nach, die den
jungen Studenten Tamames in den 1950er Jahren aus politischen Gründen
hinter Gitter brachte.
Tamames stört das nicht. „VOX hat den Mut auf einen Unabhängigen zu
vertrauen, dafür danke ich ihnen“, sagt er. In seiner einstündigen Rede
will Tamames – dem es nicht an Ego fehlt – die Gelegenheit nutzen die
Koalition aus Sozialisten und linksalternativer Unidas Podemos (UP) zu
kritisieren. „Autokratisch“ sei diese und oft „populistisch“, erklärt …
als stünde VOX für besonnenen Politik.
Anders als VOX würdigt Tamames Sánchez für seinen „politischen Mut“. Er
umgebe sich allerdings „mit den Falschen“, von UP bis hin zu
Unabhängigkeitsbefürwortern aus Katalonien und dem Baskenland.
„Frankenstein-Bündnis“ nennt Tamames diese in Spanien [3][neue breite
Zusammenarbeit der Linken, ohne die Sánchez keine Mehrheit hätte].
## Nur einer von sechts Misstrauensanträge waren erfolgreich
Es ist der sechste Misstrauensantrag in der spanischen
Nach-Franco-Demokratie (1977). Erfolgreich war nur einer, vor fünf Jahren,
und der brachte ausgerechnet [4][Pedro Sánchez an die Regierung]. Tamames
will nicht regieren; er will Neuwahlen, sollte er das Misstrauensvotum
gewinnen. Doch außer den 52 VOX-Abgeordneten unterstützt ihn niemand. Der
größten Oppositionskraft Partido Popular (PP) gilt der Versuch von VOX die
politische Initiative zu gewinnen als „Theater“.
Härtere Worte finden die PP-Konservativen nicht, denn sie wissen nur zu
gut, dass wie mit VOX paktieren müssen, wenn sie bei den kommenden
Parlamentswahlen dieses Jahr eine Chance haben wollen. Dies wird Sánchez in
der Debatte nutzen. Er wird versuchen PP und VOX gemeinsam zu kritisieren
und deren rückwärtsgewandten Politik seine soziale Errungenschaften sowie
Neuerungen seiner Regierung – von der Anhebung von Mindestlohn und Renten
bis hin zur Stärkung der Rechte für Frauen und sexuellen Minderheiten –
entgegenzustellen.
Nicht nur VOX lebt in der Vergangenheit, sondern auch Tamames. Zwar erkennt
er anders als VOX die Vielfalt Spaniens an, sähe es aber gerne, dass sich
Basken und Katalanen für ihr Unabhängigkeitsstreben entschuldigen. Der
Ex-Kommunist, der es in den 1970er Jahren ins Exekutivkomitee der
spanischen Kommunistischen Partei (KP) und zum Vizebürgermeister brachte,
träumt von einer „Regierung der nationalen Einheit zur Verteidigung von
Verfassung und Monarchie“. Das erinnert an das Ziel des gescheiterten
[5][Putschversuchs 1981]. Damals soll Tamames, so der verstorbene
KP-Generalsekretär Santiago Carrillo in seinen Memoiren, die Nähe zu den
Putschisten gesucht haben.
21 Mar 2023
## LINKS
[1] /Proteste-in-Spanien/!5907596
[2] /Umgang-mit-der-Franco-Diktatur/!5781838
[3] /Regierungsbildung-in-Spanien/!5641947
[4] /Spaniens-neue-Regierung-und-Katalonien/!5521500
[5] /Staatsstreich-in-Spanien/!5126145
## AUTOREN
Reiner Wandler
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Schwerpunkt Abtreibung
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