# taz.de -- Spaniens neue Regierung und Katalonien: Barcelona trifft auf Madrid | |
> Erstmals haben sich Kataloniens Regionalchef Torra und der spanische | |
> Regierungschef Sánchez getroffen. Viele werten das als erste Annäherung. | |
Bild: Langerwartet: das Zusammenkommen von Pedro Sánchez (links) und Quim Torra | |
MADRID taz | „Freundlich und flüssig“ – so soll das erste Treffen zwisch… | |
dem spanischen Regierungspräsident Pedro Sánchez am Montag mit dem | |
katalanischen Regierungschef und Befürworter der Unabhängigkeit Quim Torra | |
im Madrider Regierungspalast La Moncloa gewesen sein. Das erklärte die | |
spanische Vize-Regierungschefin Carmen Calvo im Anschluss vor der Presse. | |
Das Treffen wird allgemein als erster Schritt zur „Normalisierung Spaniens“ | |
gewertet. Die beiden Regierungschefs haben vereinbart, die im katalanischen | |
Autonomiestatut vorgesehene „bilaterale Kommission“ zu aktivieren, um | |
Lösungen für die verfahrene Lage zwischen Madrid und zu suchen. | |
„Diese Situation kann nicht ohne Anstrengung aller Beteiligten gelöst | |
werden“, erklärte Calvo. Während Sánchez vor allem über weitere | |
Zugeständnisse bei der Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen in | |
Katalonien sowie den Ausbau der Kompetenzen der Autonomieregierung | |
verhandeln will, verlangt Torra für seine Region das „Recht auf | |
Selbstbestimmung“. Er will ein Referendum über die Zukunft Kataloniens wie | |
in Schottland. „Die Regierung gibt nicht auf, was sie nicht aufgeben kann, | |
nämlich die Verteidigung der verfassungsmäßigen Ordnung“, weist Calvo dies | |
zurück. | |
Torra bewertete das Treffen als positiv. Sánchez habe erkannt, dass es sich | |
bei der Katalonienfrage um ein politisches Problem handle, das mit Politik | |
und nicht mit der Justiz gelöst werden müsse, fügte Torra hinzu. „Wir haben | |
eine bilaterale Beziehung begonnen, die weitergehen wird“, sagte er und | |
beteuerte gleichzeitig, am Ziel der Unabhängigkeit festhalten zu wollen. | |
Das letzte Treffen dieser Art fand vor eineinhalb Jahren zwischen dem | |
damaligen konservativen, spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und | |
dem Vorgänger Torras, Carles Puigdemont statt – ohne, dass sich die beiden | |
verständigen konnten. | |
Die Beziehungen zwischen Madrid und Barcelona sind seit Herbst 2012 so gut | |
wie inexistent. Der damalige katalanische Regierungschef Arturo Mas fuhr | |
damals nach Madrid, um ein neues Finanzsystem auszuhandeln. Er wollte, dass | |
Katalonien dem Baskenland gleichgestellt wird. Die Basken treiben die | |
Steuern selbst ein und führen dann einen Teil nach Madrid ab. Katalonien | |
hingegen bekommt von den staatlichen Steuereinnahmen einen Teil zugewiesen. | |
Dabei fließt wesentlich weniger zurück, als in der Region an Steuern | |
eingenommen wird. Rajoy schickte Mas ohne Zugeständnisse nach Hause. | |
## Kritik von der Opposition | |
Mas begann daraufhin die ständig wachsende Unabhängigkeitsbewegung zu | |
unterstützen. 2014 führte seine Regierung eine erste Bürgerbefragung über | |
die Loslösung von Spanien durch. Dieser Prozess endete unter Mas' | |
Nachfolger Puigdemont mit dem einseitig durchgeführten Referendum am | |
vergangenen 1. Oktober und der Unabhängigkeitserklärung vom 27. Oktober. | |
Rajoy stellte daraufhin mit Hilfe von Sánchez sozialistischer PSOE | |
Katalonien unter Zwangsverwaltung. Sieben Exminister und | |
Parlamentspolitiker sowie zwei Aktivisten sitzen wegen „Rebellion“ und | |
„Veruntreuung öffentlicher Gelder“ in Untersuchungshaft. Sechs weitere | |
Politiker befinden sich im Exil. | |
Zwar hat die Regierung Sánchez vor einer Woche die ersten Inhaftierten von | |
Madrider Gefängnissen in katalanische Haftanstalten verlegen lassen, doch | |
das ist Torra nicht genug. Er fordert die Freilassung und die Einstellung | |
der Verfahren. | |
Die Opposition im spanischen Parlament griff Sánchez vor dem Treffen scharf | |
an. Sie wirft Sánchez vor, Zugeständnisse zu machen, um so für die | |
Unterstützung der katalanischen Abgeordneten beim Misstrauensvotum am 1. | |
Juni zu bezahlen, die den Sozialisten an die Macht brachte. | |
9 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
## TAGS | |
Spanien | |
Pedro Sánchez | |
Katalonien | |
Katalonien | |
Spanien | |
Katalonien | |
Carles Puigdemont | |
Katalonien | |
Schwerpunkt Flucht | |
Spanien | |
Spanien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
„Säuberungsbrigade“ in Katalonien: Die Bändchenabschneider | |
In Katalonien hinterlassen Unabhängigkeitsaktivisten gelbe Schleifen. | |
Unterwegs mit deren Gegnern, die sich provoziert fühlen und sie entfernen. | |
Bewegung im Katalonienkonflikt: Spaniens Premier will neues Votum | |
Pedro Sánchez strebt ein Referendum in der Region an – aber keins über die | |
Frage nach Unabhängigkeit. Mit dem Plan steht er ziemlich alleine da. | |
Kataloniens Ex-Regionalpräsident: Puigdemont macht wieder Politik | |
Kataloniens Exregionalpräsident reist am Samstag aus Deutschland ab. Nach | |
Spanien kann er nicht. Von Belgien aus will er Politik machen. | |
Entscheidung der spanischen Justiz: Keine Auslieferung Puigdemonts | |
Die spanische Justiz verzichtet auf eine Auslieferung des in Deutschland | |
festgenommenen katalanischen Separatisten-Führers Carles Puigdemont. | |
Kommentar Auslieferung Puigdemont: Doch keine Rebellion | |
Die deutsche Justiz will Kataloniens Ex-Regierungschef nur wegen | |
Veruntreuung ausliefern. Spanische Kollegen fordern eine härtere Strafe. | |
Flüchtlingsschiff „Aquarius“ an Land: Angekommen in Spaniens Politik | |
Die Irrfahrt der „Aquarius“ hat ein Ende. Die Geflüchteten bekommen ein | |
vierwöchiges Bleiberecht in Spanien. Die Opposition macht bereits Stimmung. | |
Bürgerbewegung in Spanien: Basken wollen Selbstbestimmung | |
Im Baskenland nehmen 100.000 Menschen an einer Menschenkette für mehr | |
Autonomie teil. Die regierende PSOE will eine Verfassungsreform. | |
Kommentar Spanisches Kabinett: Adios, Machos! | |
Angewandter Feminismus in Spanien: Das Kabinett des neuen | |
Ministerpräsidenten Sánchez hat den höchsten Frauenanteil weltweit. |