| # taz.de -- Kommentar Auslieferung Puigdemont: Doch keine Rebellion | |
| > Die deutsche Justiz will Kataloniens Ex-Regierungschef nur wegen | |
| > Veruntreuung ausliefern. Spanische Kollegen fordern eine härtere Strafe. | |
| Bild: Puigdemont am Donnerstag | |
| Der Beschluss des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein, den ehemaligen | |
| katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont [1][nur wegen „Veruntreuung | |
| öffentlicher Gelder“] nach Spanien auszuliefern, ist ein schwerer Schlag. | |
| Zumindest für den spanischen Ermittlungsrichter Pablo Llarena. Denn der von | |
| ihm vertretene Hauptanklagepunkt, die Durchführung eines | |
| Unabhängigkeitsreferendums am vergangenen 1. Oktober sei „Rebellion“, wurde | |
| von den norddeutschen Richtern nicht akzeptiert. Es fehle an der dazu | |
| notwendigen Gewalt. Nicht einmal des Aufruhrs habe sich Puigdemont schuldig | |
| gemacht. In Belgien und Schottland, wo fünf katalanische Ex-Minister leben, | |
| werden die Auslieferungsanträge vermutlich ähnlich enden. | |
| Es ist keine leichte Lage für die spanische Justiz. Denn zu Hause sitzen | |
| neun Politiker und Aktivisten in Untersuchungshaft, eben wegen „Rebellion“. | |
| Der Beschluss des OLG wird dazu führen, dass sie sich für etwas | |
| verantworten müssen, das ihrem Chef nicht vorgeworfen werden kann. Eine | |
| absurde juristische Situation. | |
| Dabei ist es nicht so, dass die Argumentation des OLG in Spanien von | |
| niemandem nachvollzogen werden können. Viele namhafte Juristen sehen | |
| „Rebellion“ als nicht gegeben an, darunter selbst derjenige, der den | |
| Artikel einst in den 1990er Jahren in seiner aktuellen Version formulierte. | |
| Doch Richter Llarena hält daran fest. Er will die Verfechter der | |
| Unabhängigkeit unbedingt hinter Gitter sehen, und das nicht nur vier bis | |
| acht Jahre, wegen der unrechtmäßigen Finanzierung der Volksabstimmung – die | |
| übrigens auch noch nicht bewiesen ist. Er will sie für 30 und mehr Jahre | |
| einsperren. | |
| Die politische Rechte, die bis vor sechs Wochen regierte, unterstützt ihn | |
| dabei. Ein Sprecher der einstigen Regierungspartei, der Partido Popular | |
| (PP), forderte angesichts der Nachrichten aus Schleswig-Holstein gar den | |
| Ausstieg Spaniens aus dem Schengen-Abkommen. Schließlich gehe es um den | |
| Stolz als Nation. | |
| Man muss von politischen Gefangenen sprechen | |
| All das lässt nur ein Urteil zu. Bei den Untersuchungshäftlingen handelt es | |
| sich um politische Gefangene – und nicht um gefangene Politiker, wie die | |
| offizielle Sprachregelung lautet. Puigdemont und die anderen fünf im | |
| Ausland Lebenden nennen sich zurecht „Exilierte“. | |
| Die neue Regierung unter Pedro Sánchez hat mit der katalanischen Regierung | |
| einen Dialog aufgenommen, um die Lage zu normalisieren. Das ganze wird von | |
| kleinen symbolischen Handlungen begleitet, wie die Verlegung der neun | |
| Gefangenen in katalanische Haftanstalten. Doch das reicht angesichts | |
| dessen, wie die Justiz im restlichen Europa den Fall sieht, längst nicht | |
| mehr. | |
| Es ist an der Zeit, dass die Staatsanwaltschaft, die in Spanien weitgehend | |
| der Regierung untersteht, die Freilassung der Untersuchungsgefangenen und | |
| die Einstellung des Verfahrens wegen „Rebellion“ beantragt. Noch ist es | |
| Zeit, ein völlig überzogenes Gerichtsverfahren zu stoppen. Wird die | |
| Hauptverhandlung erst einmal eröffnet, bleibt entweder ein Freispruch oder | |
| die Flucht nach vorn in Llarenas absurder Argumentation. Der Ruf der | |
| spanischen Justiz und ihr internationales Ansehen könnte dann weiteren | |
| schweren Schaden nehmen. | |
| 13 Jul 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
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