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# taz.de -- Sexualstrafrecht in Spanien: Linkskoalition völlig zerstritten
> In Spanien soll das Gesetz zur sexuellen Freiheit Monate nach
> Inkrafttreten schon reformiert werden. Die Podemos-Partei sieht den
> Feminismus verraten.
Bild: Demonstration zum Internationalen Frauentag in Barcelona: „Die Nacht ge…
Madrid taz | Spaniens Linkskoalition steht kurz vor dem Bruch. Ausgerechnet
am Vorabend des Internationalen Frauentages stellten sie ihre
Zerstrittenheit über eines der wichtigsten Gesetze des
Gleichstellungsministeriums unter der linksalternativen Politikerin Irene
Montero auf einer Parlamentssitzung zur Schau.
Es geht um das Gesetz zur sexuellen Freiheit oder, wie es im Volksmund
heißt, „Nur Ja ist Ja“. Die Sozialistische Partei (PSOE) möchte es – nur
wenige Monate nach Inkrafttreten – reformieren, ohne Zustimmung des
Gleichstellungsministeriums. Das Parlament bewilligte die Annahme des
Reformentwurfes zur Debatte, und zwar mit Gegenstimmen der
linksalternativen Unidas Podemos (UP), mit den Stimmen der konservativen
Volkspartei (PP) und der Enthaltung der rechtsradikalen VOX. [1][Die
letzten Parteien hatten im Mai 2022 gegen das ursprüngliche Gesetz
gestimmt] und machten sich gar darüber lustig, dass dieses die
„ausdrückliche Zustimmung zu Sex“ in den Mittelpunkt stellte.
Einen „Verrat am Feminismus“ sieht die Sprecherin von UP, Ione Belarra, im
Vorgehen der PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez. Der kleinere der
beiden Koalitionspartner befürchtet, dass die Reform der Reform alles
zurücknimmt, was ihnen wichtig ist. Denn das „Nur-Ja-ist-Ja-Gesetz“ stellt
einen Paradigmenwechsel dar. Zuvor unterschied das spanische Strafrecht
Missbrauch und Aggression. Aggression lag nur dann vor, wenn Gewalt und
Penetration im Spiele war. Wehrte sich eine Frau aus Angst nicht,
entschieden die Richter oft auf Missbrauch und damit auf geringere Strafen.
Das „Nur-Ja-ist-Ja-Gesetz“ strich nicht nur diese Unterscheidung zwischen
Missbrauch und Aggression, sondern legt den Begriff der sexuellen
Aggression breiter aus. Nicht nur direkte Übergriffe gelten als sexuelle
Gewalt, sondern auch Belästigungen, Exhibitionismus, sexuelle Provokation,
sexuelle Ausbeutung, der Missbrauch Minderjähriger jeglicher Art, weibliche
Genitalverstümmelung, Zwangsehe, Menschenhandel zum Zweck der sexuellen
Ausbeutung sowie die Verbreitung sexueller Gewaltakte in digitalen Medien
oder sexuelle Erpressung etwa in Netzwerken und Chats.
„Wir haben es satt mit ihren Sonntagshetzreden, sehr geehrte Abgeordneten
von Podemos“, wetterte die sozialistische Parlamentarierin Andrea Fernández
bei ihrer Rede zur Verteidigung des Reformvorschlags. Die Regierung sei es
den Frauen schuldig, das Gesetz zu überarbeiten. Der Grund: Dutzende von
Sexualstraftätern hatten mit dem neuen Gesetz eine Überprüfung ihrer Strafe
beantragt. Dutzende erreichten eine Strafminderung, einige gar die
vorzeitige Freilassung.
Das neue Gesetz, das jetzt reformiert werden soll, weitete den Strafmaß
aus. Was Gleichstellungsministerin Montero nicht bedacht hatte: Da die
Mindeststrafe für sexuelle Übergriffe in ihrem Gesetz geringer ist als im
alten, nutzen dies manche Richter für Strafminderung, in der Regel gegen
das Kriterium der Staatsanwaltschaft. Die Reform der Reform soll dies jetzt
beenden, indem erneut zwischen Übergriffen mit und ohne Gewalt
unterschieden wird.
8 Mar 2023
## LINKS
[1] /Sexualstrafrecht-in-Spanien/!5855527
## AUTOREN
Reiner Wandler
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