Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Sexualstrafrecht in Spanien: Nur Ja heißt künftig wirklich Ja
> Ein neues Gesetz soll Frauen in Spanien vor sexuellen Übergriffen
> schützen – und ihre Wehrhaftigkeit vor Gericht. Das Land zählt zu den
> Vorreitern.
Bild: Proteste nach der Urteilsverkündung eines Vergewaltigungsprozesses 2018 …
Madrid taz | Das spanische Gleichstellungsministerium unter Irene Montero
lässt Frauen einen umfassenderen Schutz vor sexuellen Übergriffen zu Teil
als bisher. Das neue „Gesetz der Garantie der sexuellen Freiheit“ stellt
die Zustimmung zu einer sexuellen Handlung in den Mittelpunkt. Schweigen
ist demnach keine Zustimmung, wenn es darum geht, ob eine Handlung
strafrechtlich verfolgt wird.
Das Gesetz, auch „Nur-ja-ist-ja-Gesetz“ genannt, wurde am Dienstag in der
Kabinettssitzung der Koalitionsregierung aus Sozialisten und
Linksalternativen verabschiedet. Gleichstellungsministerin und Nummer Zwei
bei Unidas Podemos, Montero, [1][arbeitete über 16 Monaten daran]. Jetzt
muss das Parlament noch zustimmen.
Mit dem Paragrafenwerk reagiert die spanische Regierung unter anderem auf
[2][ein Verbrechen von vor genau fünf Jahren]. Im Juli 2016 zerrte eine
Gruppe von fünf jungen Männern während der Feier San Fermin in Pamplona
eine junge Frau in einen Hauseingang. Sie vergewaltigten sie mehrfach und
filmten das Ganze. Da sich das Opfer nicht wehrte, sahen die Richter nur
Missbrauch und keine Vergewaltigung. Die Folge waren Massenproteste unter
den Rufen „Nur Ja ist Ja!“
Den Unterschied zwischen Missbrauch und Vergewaltigung wird es künftig
nicht mehr geben. Sexuelle Übergriffe sind fortan Vergewaltigung – egal ob
das Opfer aus Angst geschehen lässt, oder sich wehrt. Auf Vergewaltigung
und sexuelle Gewalt stehen dann bis zu 15 Jahre Haft.
„Es wird nur davon ausgegangen, dass eine Einwilligung vorliegt, wenn sie
frei durch Handlungen bekundet wurde, die in Anbetracht der Umstände des
Falles, den Willen der Person eindeutig zum Ausdruck bringen“, heißt es im
Gesetzentwurf. Das Gesetz stützt sich mit dieser Definition auf das
„Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen
Frauen und häuslicher Gewalt“ aus dem Jahr 2011.
## Kein Blickkontakt mehr vor Gericht
Außerdem verfolgt das Gesetz „jedwede Handlung sexueller Natur, die nicht
einvernehmlich stattfindet“, darunter fallen unter anderem die Zuhälterei,
die Belästigungen von Frauen auf der Straße, Genitalverstümmelung, sexuelle
Belästigung im Internet, wie etwa die Veröffentlichung von
kompromittierenden Fotos, Erpressung und nicht einvernehmliche Pornografie.
Das Strafgesetzbuch wird entsprechend angepasst werden.
Das Gesetz sieht ebenfalls prozessbegleitende Maßnahmen für die Opfer vor.
Unter anderem soll es künftig möglich sein, den Blickkontakt mit dem
mutmaßlichen Angreifer zu vermeiden oder in speziell abgetrennten Räumen
auszusagen. Außerdem sollen 24-Stunden-Krisenzentren für die Opfer sowie
Unterkünfte für ihre Kinder und Minderjährige eingerichtet werden.
Das Gleichstellungsministerium sieht im neuen spanischen Gesetz einen
„internationalen Bezugspunkt“. Das Gesetz ist bereits das zweite zum Thema
Gewalt gegen Frauen. Seit 2004 gibt es ein Gesetz gegen Gewalt durch
Partner oder Ex-Partner. Spanien war damals einer der internationalen
Vorreiter und ist es jetzt wieder.
6 Jul 2021
## LINKS
[1] /Gewalt-gegen-Frauen-in-Spanien/!5665939
[2] /Protest-gegen-sexualisierte-Gewalt/!5516043
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Gewalt gegen Frauen
Sexualstrafrecht
IG
Spanien
sexuelle Belästigung
Schwerpunkt #metoo
Istanbul-Konvention
taz.gazete
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sexualstrafrecht in Spanien: Linkskoalition völlig zerstritten
In Spanien soll das Gesetz zur sexuellen Freiheit Monate nach Inkrafttreten
schon reformiert werden. Die Podemos-Partei sieht den Feminismus verraten.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Viel zu oft Tabu
Eigentlich sind Arbeitgeber verpflichtet, gegen sexuelle Belästigung
vorzugehen. Doch am Ende verlassen meist die Opfer das Unternehmen.
Gewalt gegen Frauen in den Medien: Gefährliche Lücke
Eine empirische Studie analysiert Berichterstattung über Gewalt gegen
Frauen. Sie zeigt: Es dominieren Einzelfälle statt struktureller Probleme.
10 Jahre „Istanbul-Konvention“: Deutschland weiter mangelhaft
Seit 2011 gibt es die Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen.
Hierzulande ist sie längst nicht umgesetzt.
Gewalt gegen Frauen: Das Problem ist nicht die Straße
Helfen Straßenlaternen gegen die Angst? Lauert die Gefahr wirklich im
Dunkeln? Einige Einwürfe zu #reclaimthesestreets.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.