Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Spanien ändert neues Sexualstrafrecht: Reform der Reform
> Das spanische Parlament beschließt Änderungen am „Nur Ja heißt
> Ja“-Gesetz. Es war erst seit wenigen Monaten in Kraft.
Bild: Spaniens Gleichstellungsministerin Irene Montero im Abgeordnetenhaus in M…
Madrid taz | Die Reform der Reform des spanischen Sexualstrafrechtes ist
durchs Parlament. Die sozialistische PSOE von Ministerpräsident Pedro
Sánchez erhielt am Donnerstag die nötige Mehrheit dank der Stimmen der
konservativen Partido Popular (PP). Zurück bleibt eine völlig zerstrittene
Regierungskoalition. Die Abgeordneten des kleineren Koalitionspartners
Unidas Podemos (UP) stimmten ebenso gegen die Reform der Reform, wie die
meisten derer, die das ursprüngliche Gesetz einst angenommen hatten. Die
rechtsextreme VOX blieb der Abstimmung fern.
[1][Das im Volksmund „Nur Ja heißt Ja“ genannte Gesetz] aus der Feder der
linksalternativen Gleichstellungsministerin Irene Montero war erst Ende
2022 in Kraft getreten. Anders als zuvor unterschied es nicht mehr zwischen
Missbrauch (ohne Gewalt) und Aggression, also Vergewaltigung mit
Penetration und Gewalt. Es stellte die fehlende explizite Zustimmung der
Frau zu sexuellen Handlungen über alles.
Das Gesetz hatte nicht höhere Höchststrafen, sondern zum Teil auch
niedrigere Mindeststrafen eingeführt sowie die Liste der Straftaten
ausgeweitet. Danach galten nicht nur direkte Übergriffe als sexuelle
Gewalt, sondern auch Belästigungen, Exhibitionismus, sexuelle Provokation,
sexuelle Ausbeutung, Missbrauch Minderjähriger, Genitalverstümmelung,
Zwangsehe, Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, die
Verbreitung sexueller Gewaltakte in digitalen Medien sowie sexuelle
Erpressung etwa in sozialen Netzwerken oder Chats.
Anwälte hatten in Dutzenden Fällen eine Lücke im Gesetz genutzt, um
Freiheitsstrafen zu verringern. Über 70 Straftäter kamen vorzeitig frei.
Die rechte Presse nutzte dies für eine beispiellose Kampagne gegen
Gleichstellungsministerin Montero. Mit der Reform der Reform [2][wollte
Ministerpräsident Pedro Sánchez der Kritik an der Regierung] wenige Wochen
vor den Kommunal- und Regionalwahlen nun ein Ende bereiten.
Mit der Reform der Reform wird die Frage, ob Gewalt im Spiel war, nun
wieder als entscheidendes Kriterium für die Beurteilung der Tat ins Gesetz
aufgenommen.
„Heute ist der traurigste und schwierigste Tag, den ich in diesem Parlament
als Ministerin erlebt habe“, sagte Montero. Ihr Gesetz habe Jahre der
Mobilisierung gekostet, jetzt habe „die Reaktion darauf eine Rückschritt
zur Folge“. Das Gesetz aus dem Hause Montero [3][war die Folge von massiven
Demonstrationen nach einem Urteil], das in erster Linie keine Aggression
sondern „nur“ Missbrauch in einer Massenvergewaltigung sehen wollten. Was
die Täter damals entlastete: Auf den Videos, die die fünf Männer
mitgeschnitten hatten, wehrte sich das Opfer angesichts der männlichen
Übermacht nicht.
„Es hätte eine gemeinsame Antwort gebraucht“, warb Montero ein letztes Mal
für die Einheit aller Parteien mit feministischer Einstellung. Vergebens:
Die Sozialisten hatten sich längst auf die Unterstützung für ihre im
Alleingang ausgearbeitete Reform der Reform durch die konservativen Partido
Popular (PP) festgelegt. Deren Sprecherin Cuca Gamarra feierte die
Abstimmung und verlangte von Ministerpräsident Sánchez ganz direkt die
Absetzung von Gleichstellungsministerin Irene Montero.
20 Apr 2023
## LINKS
[1] /Sexualstrafrecht-in-Spanien/!5780587
[2] /Proteste-in-Spanien/!5907596
[3] /Demos-gegen-sexuelle-Gewalt-in-Spanien/!5635670
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Sexualstrafrecht
sexuelle Selbstbestimmung
Frauenrechte
Pedro Sánchez
Schwerpunkt Europawahl
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Spanien
Schwerpunkt Abtreibung
Spanien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Irene Montero will Podemos retten: Kämpferin für Spaniens Linke
Irene Montero ist Spitzenkandidatin für die EU-Wahl. Ihr Ziel: die linke
Podemos retten. Die Chancen auf den Einzug ins Parlament stehen nicht
schlecht.
Debatte um Prostitutionsgesetz: Sexarbeit oder Menschenhandel?
Die Unionsfraktion stellt eine Anfrage zu Menschenhandel und
Zwangsprostitution. Die Grüne Denise Loop kritisiert, dass die Union nicht
differenziere.
Sexualstrafrecht in Spanien: Linkskoalition völlig zerstritten
In Spanien soll das Gesetz zur sexuellen Freiheit Monate nach Inkrafttreten
schon reformiert werden. Die Podemos-Partei sieht den Feminismus verraten.
Schwangerschaftsabbrüche in Spanien: Vox macht auf Orbán
Die rechtsextreme Vox will in Castilla y León das Recht auf Abtreibung
einschränken. Schwangere sollen vor dem Abbruch den Embryo-Herzschlag
hören.
Sexualstrafrecht in Spanien: Nur Ja heißt Ja
In Spanien verabschiedet das Parlament ein Gesetz, was den Straftatbestand
sexueller Aggression auch in Beziehungen deutlich ausweitet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.