# taz.de -- Schwangerschaftsabbrüche in Spanien: Vox macht auf Orbán | |
> Die rechtsextreme Vox will in Castilla y León das Recht auf Abtreibung | |
> einschränken. Schwangere sollen vor dem Abbruch den Embryo-Herzschlag | |
> hören. | |
Bild: Anti-Abtreibungsaktivist:innen beten vor einer Klinik in Madrid, April 20… | |
MADRID taz | Spaniens Linksregierung ist empört. Die rechtsextreme Vox will | |
die autonome Region Castilla y León, wo sie Juniorpartner der konservativen | |
Partido Popular (PP) ist, zum Versuchslabor für ihre Antiabtreibungspolitik | |
machen. Ab dieser Woche soll dort in Kliniken Schwangeren die Herztöne des | |
Embryos sowie ein sogenannter 4-D-Ultraschall, also bewegte 3-D-Bilder, | |
vorgeführt werden. Erst dann sollen sie sich für einen | |
Schwangerschaftsabbruch entscheiden können. Außerdem sollen die Betroffenen | |
vom Allgemeinarzt zum Dienst für mentale Gesundheit überstellt werden. | |
Das will der sozialistische Ministerpräsident Pedro Sánchez auf keinen Fall | |
zulassen. Für ihn verstößt der Plan, der wohl im September in Ungarn | |
[1][von Viktor Orbán eingeführte Maßnahmen] zum Vorbild hat, „gegen die | |
geltenden Vorschriften zum freiwilligen Schwangerschaftsabbruch“. Madrid | |
forderte die Regierung in Castilla y León auf, von den Plänen sofort | |
Abstand zu nehmen. | |
Wenn nicht, droht die Regierung Sánchez mit dem Gang vors Gericht. „Die | |
spanische Regierung wird alle Mechanismen nutzen (…), um die Freiheit der | |
Frau und ihr Recht auf freiwilligen Schwangerschaftsabbruch gemäß den in | |
den geltenden Vorschriften festgelegten Bedingungen zu verteidigen“, heißt | |
es in einer Erklärung von Sonntagabend. Dies könnte in der Aberkennung der | |
Regionalhoheit über die Gesundheitsversorgung für Castilla y León enden. | |
[2][In Spanien ist laut Gesetz] aus dem Jahr 2010 der freiwillige | |
Schwangerschaftsabbruch während der ersten 14 Schwangerschaftswochen | |
möglich. | |
## Druck auf PP vor Superwahljahr | |
Die Regierung in Valladolid will – zumindest offiziell – nicht klein | |
beigeben und besteht auf ihre Hoheit in der Gesundheitspolitik. Allerdings | |
kommt es hinter den Kulissen zu ersten Unstimmigkeiten. Während der | |
Vizeregierungschef Juan García Gallardo (Vox) auf die sofortige Umsetzung | |
des Planes besteht, erklärte der Chef der Regionalregierung Alfonso | |
Fernández Mañueco (PP) sowie das von seiner PP geführte regionale | |
Gesundheitsministerium, dass die Umsetzung Kompetenz des jeweiligen Arztes | |
sei: Wer will, kann, muss aber nicht, die neuen Methoden anwenden. | |
Spanien steht vor einem Superwahljahr 2023 mit Kommunalwahlen in ganz | |
Spanien sowie Regionalwahlen in einem Dutzend Autonomien im Mai und | |
Parlamentswahlen im Herbst oder Winter. Der Vorstoß von Vox bereitet der | |
Führung der PP in Madrid Sorge. Parteichef Alberto Nuñez Feijóo versucht | |
sich moderat zu geben, um Stimmen aus der politischen Mitte zu gewinnen, | |
auch wenn klar ist, dass er ohne ein Bündnis mit Vox in Madrid keinerlei | |
Chancen hat. „Wir werden nicht alles schlucken“, lässt Feijóo seinen | |
Kampagnensprecher im Fernsehen schimpfen. | |
Das Thema Abtreibung wird in den kommenden Monaten auch das | |
Verfassungsgericht beschäftigen. Dort ist seit mehr als zehn Jahren eine | |
Klage gegen die gültige Fristenregelung der PP anhängig. Nachdem mit | |
Verzögerung das Gericht erneuert wurde, gehört die [3][Mehrheit der | |
RichterInnen dem fortschrittlichen Lager] an. Das lässt auf eine | |
Bestätigung der Fristenregelung hoffen. | |
16 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schwangerschaftsabbrueche-in-Ungarn/!5878203 | |
[2] /Gesetzesreform-in-Spanien/!5855485 | |
[3] /Justiz-in-Spanien/!5905590 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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