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# taz.de -- Ostthüringer Zeitung nur noch digital: Sparen für die Chefetagen
> Die Funke-Gruppe will ihren LeserInnen in Ostthüringen das E-Paper
> aufzwingen. Das mag vor allem das Management – Geld kann es gut
> gebrauchen.
Bild: Die Zukunft der Zeitung beginnt hier: Greiz, Thüringen, ca. 1935
Die Zukunft der Zeitung beginnt am 30. März bei der Freiwilligen Feuerwehr
im thüringischen Hohndorf. Dort wird „geschultes Verlagspersonal“ der
[1][Ostthüringer Zeitung (OTZ)] rund 300 betroffenen Versuchskaninchen mit
OTZ-Abo „Fragen zum E-Paper beantworten und die digitale OTZ an
verschiedenen Endgeräten nahebringen“.
So schreibt’s die Essener Funke-Gruppe, denn das zu ihr gehörende Blatt
verabschiedet sich in Teilen Thüringens von der gedruckten Zeitung. Als
Gerücht war das schon 2019 aufgeploppt, wurde damals von Funke aber als
Gedankenspiel abgetan. Nun heißt es im Kreis Greiz ab Mai für manche
Gemeinden „OTZ online only“. So soll Greiz „zu einer Modellregion für die
Digitalisierung des ländlichen Raums“ werden. Und zeigen, dass auch eine
Regionalzeitung digital überleben kann.
Es ist nicht das erste Mal, dass Weltbewegendes in Greiz passiert. Die
Region war schließlich bis 1918 ein eigener Klein(st)staat. Damals
florierte die gedruckte Presse, und wie viele Regionalzeitungen heute hatte
das dort beheimatete Fürstentum [2][Reuß ältere Linie] (Reuß ä. L.) damals
den Ruf, erzkonservativ zu sein. Bis 1879 gab es im ganzen Staat keine
weiterführende Schule. Im 19. Jahrhundert versuchten die Fürsten gleich
mehrfach, das um ein Vielfaches größere Preußen zu verarschen, und mussten
das beinahe mit der eigenen Existenz bezahlen.
So eng wurde es für die 1990 noch WAZ heißenden Funke-Truppen nicht. Die
hatten im Rattenrennen um die ehemalige DDR-Presse auch nur das Kartellamt
verarscht. Das wollte ihnen nicht den Kauf der Ostthüringer Nachrichten
(OTN) genehmigen, weil sich die Essener schon zu viele Blätter unter den
Nagel gerissen hatten. Daher machte der Westverlag kurzerhand gleich
nebenan eine Neugründung namens OTZ auf. Bei der arbeiteten dann plötzlich
die gleichen Leute. Das neue Blatt ähnelte auch der alten OTN aufs Haar.
Und die war weg vom Fenster. Reuß ä. L. wurde übrigens anno 1902 auch
dichtgemacht und Reuß jüngere Linie übernahm, bis 1918 alle Fürsten
abdanken durften.
## 6,2 Millionen Euro für oben
Nun trifft es die vermutlich zumeist älteren Abonnent*innen im Raum
Greiz, sozusagen OTZ ä. L. Es geht natürlich wie immer ums liebe Geld.
Zeitungen zu drucken wird immer teurer. Die Belieferung von immer weniger
Abonnent*innen kostet auch immer mehr.
Und Kohle wird in Essen gebraucht. Wie der Branchendienst Newsroom meldet,
hat Funke für die Geschäftsführung und frühere Manager des Konzerns allein
2021 rund 6,2 Millionen Euro ausgegeben – fast 5 Millionen mehr als vor der
Pandemie. „Ach schiete“, meint die Mitbewohnerin. „Dabei liegt doch die
Zukunft in der Förderung von Lokaljournalismus und Stärkung der
Leserbindung und gerade nicht in deren Einsparung, um so die Chefetagen zu
bereichern.“
17 Mar 2023
## LINKS
[1] /Pressefreiheit-in-Thueringen/!5875946
[2] /Ein-Ortsbesuch-in-Thueringen/!5898638
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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