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# taz.de -- Ramadan in Hamburg: Die Feier nebenan
> Der Ramadan hat begonnen und viele Leute kriegen das nicht mit. Dabei
> geht es darum, gemeinsam zu feiern – unabhängig von der
> Religionszugehörigkeit.
Bild: Gemeinsamkeit beim Mahl am Abend: Hamburger Muslim*innen während des Ram…
Der Fastenmonat Ramadan hat für mich am Donnerstag begonnen. Wie jedes Jahr
einen Tag früher als im Jahr davor, weil im Islam die Monate nach dem
Mondkalender gezählt werden, der zehn Tage kürzer ist als der
Sonnenkalender. Wusstet ihr das?
Als ich in Syrien lebte, habe ich den [1][Ramadan] sehr anders erlebt als
heute. Als Jugendlicher, mit Schulprüfungen und später mit kürzeren
Arbeitstagen und mehr Zeit zu Hause. Bei uns waren meistens Verwandte und
Gäste eingeladen und sobald Sonnenuntergang war, gab es viel zu Essen. Als
Großfamilie aßen wir gemeinsam sehr viel und danach ging ich mit meinem
Vater und meinen Brüdern in die Moschee, die nicht weit von unserem Haus
entfernt war. Morgens und abends beteten wir gemeinsam.
Wenn ich jetzt an meine ersten Ramadane in Hamburg zurückdenke, habe ich
gemischte Gefühle. 2016 haben wir, so gut es ging, in der Zeltunterkunft
[2][in der Schnackenburgallee Ramadan gemacht], allerdings konnten wir
nicht selbst Essen zubereiten. In den folgenden Jahren war es besser, ich
fühlte mich sicher und gut integriert in Hamburg, in mein Umfeld und in
meine Arbeit. 2018 fragte mich eine Kollegin, ob ich mit zum Mittagessen
gehe und ich sagte „Nein, ich mache Ramadan“. Da bemerkte ich, wie groß ihr
Unwissen war. Ich erklärte ihr, dass ich faste, von Sonnenaufgang bis
Sonnenuntergang. Und sie fragte: Auch nicht trinken? Nein, auch nicht
trinken. Aber das kann doch nicht gesund sein? Ich sagte, doch.
Seitdem bekomme eigentlich jeden Ramadan ähnliche Fragen gestellt,
besonders, wenn ich in dieser Zeit neue Leute kennenlerne. Manchmal
entwickelt sich daraus ein nettes Gespräch. Und manchmal lassen diese
Fragen mich überlegen, warum so viele Nicht-Muslim*innen in diesem Land
immer noch so wenig über ihre muslimischen Nachbar*innen oder
Kolleg*innen wissen, obwohl seit über 60 Jahren [3][Muslim*innen in
Deutschland] leben – und fasten. Und obwohl viele Initiativen den Ramadan
in die Gesellschaft bringen möchten, zum Beispiel der Hamburger Ramadan
Pavillon, den es seit zehn Jahren gibt.
Wenn ich an Hamburg denke, liegt es vielleicht an einem allgemein
geringeren Interesse an Religion und religiösem Leben? Vielleicht auch in
meinem eher linken Umfeld, wo schnell Begriffe wie „Opium fürs Volk“
fallen.
Ramadan bedeutet im gesellschaftlichen Kontext in mehrheitlich muslimischen
Ländern Zusammensein, Gemeinsamkeit und familiäre, feierliche Atmosphäre.
Viele Muslim*innen, die im Exil leben, leben alleine. Ihre Familien, besten
Freund*innen oder Bekannten, mit denen sie das Fasten brechen könnten,
sind über die Welt verstreut. Das macht für sie Ramadan schwierig und die
Erinnerung an die Heimat kann besonders in dieser Zeit schmerzen.
Deswegen ist meine Frage: Wie kann der Ramadan auch in den neuen
Heimatländern von Muslim*innen Teil ihrer neuen Gesellschaften sein?
Ohne dass ich dabei das Ziel habe, dass meine neue Gesellschaft in Hamburg
religiöser, oder meiner syrischen Gesellschaft ähnlicher wird. Deswegen
fokussiere ich mich auf die soziale Ebene von Ramadan. Ich genieße es sehr,
gemeinsam mit vielen, ob Muslime oder nicht, zu feiern und gemeinsam zu
Abend zu essen – Fastenbrechen, in meinem Fall.
Das ist doch ein bisschen so, wie ich in den letzten Jahren Weihnachten
oder Ostern kennengelernt habe. Auch hier feiern viele Menschen gemeinsam,
auch wenn die religiösen Bedeutungen nicht unbedingt im Vordergrund stehen.
In diesem Jahr ist besonders schön, dass viele Feste miteinander gefeiert
werden können. In diesem Sinne: Ramadan kareem, happy Nowruz, Pessach
Sameach und frohe Ostern!
29 Mar 2023
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## AUTOREN
Hussam Al Zaher
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