| # taz.de -- Sondierung Rot-Grün-Rot in Berlin: „Ein Weiter-so will keiner vo… | |
| > Tobias Schulze von der Linkspartei hält eine fortgesetzte Koalition gar | |
| > nicht für unmoralisch. Ein Enteignungsgesetz ist für ihn unausweichlich. | |
| Bild: Sieht bei der CDU eher die Protestwähler: Tobias Schulze von den Linken | |
| taz: Herr Schulze, am Montag loten Sie mit SPD und Grünen [1][schon zum | |
| dritten Mal aus], ob die bisherige Koalition fortbestehen kann. Wie kommt | |
| es, dass drei Wahlverlierer meinen, weiter einen Regierungsauftrag zu | |
| haben? | |
| Tobias Schulze: Wir haben eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, eine größere | |
| als alle anderen möglichen Zweierkoalitionen. Und darum schauen wir | |
| natürlich, was an Zusammenarbeit möglich ist. Wir haben 2021 ja einen | |
| Koalitionsvertrag für die ganze Wahlperiode bis 2026 verhandelt, und trotz | |
| Wiederholungswahl beginnt ja jetzt keine neue fünfjährige Wahlperiode. | |
| Das ist zwar rechtlich und technisch so, aber die Mehrheit der Wähler vom | |
| 12. Februar dürfte davon ausgegangen sein, dass nun etwas Neues beginnt. | |
| Das ist ja auch mit Rot-Grün-Rot so, ein Weiter-so will keiner von uns. | |
| Aber es wäre trotzdem eine Koalition der Wahlverlierer, am stärksten bei | |
| der SPD, am wenigsten bei den Grünen. | |
| Da muss man schon genauer hinschauen: Insgesamt hat Rot-Grün-Rot gegenüber | |
| der Wahl 2021 um fünf Prozentpunkte schlechter abgeschnitten. Das sind zwar | |
| Verluste, aber kein Erdrutsch. | |
| Aber gibt es nicht auch so etwas wie eine moralische Komponente? Dass es | |
| nicht nachvollziehbar wäre, wenn die CDU als eigentlich klare Wahlsiegerin | |
| – zehn Prozentpunkte mehr als 2021 – in der Opposition bliebe? | |
| Wir haben uns die Ergebnisse genau angeschaut: Die Hälfte der CDU-Wähler | |
| hat in Befragungen angegeben, dass sie aus Protest gegen die bisherige | |
| Regierung für die CDU gestimmt haben und nicht etwa, weil sie so begeistert | |
| von der Partei und ihrem Spitzenkandidaten Kai Wegner sind. Das war eine | |
| Protestwahl. Was gut ist für die Stadt und was nicht, macht sich nicht an | |
| fünf Prozentpunkten weniger oder zehn mehr fest, sondern daran, wer die | |
| besten Konzepte für die Stadt hat. | |
| Ganz logisch ist das nicht – es gab ja Alternativen zur CDU. Die | |
| Unzufriedenen hätten etwa AfD, Tierschutzpartei oder Klimaliste wählen | |
| können. Haben sie aber meist nicht – irgendwas muss also attraktiv an der | |
| CDU gewesen sein. | |
| Ja, unzufrieden sind die Menschen in Berlin vor allem, weil es zu wenig | |
| bezahlbare Wohnungen gibt, Amtstermine zu lange dauern, ihnen die Stadt zu | |
| dreckig und zu aggressiv vorkommt und es an Schulplätzen fehlt. Ob diese | |
| Dinge mit der CDU schnell und wirksam angegangen werden, da habe ich meine | |
| Zweifel. | |
| Bei Ihrer Partei, bei den Grünen, bei der SPD reden alle davon, dass man | |
| Lehren aus dem Wahlergebnis ziehen muss, dass sich Dinge verändern müssen – | |
| bloß ist der Eindruck, dass nicht alle dasselbe darunter verstehen. | |
| Wir haben ja kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Wir | |
| müssen vor allem für bezahlbare Mieten sorgen. Die CDU hingegen hat | |
| versucht, alles wegzuklagen, was wir in diese Richtung unternommen haben. | |
| Kai Wegner hat sich aber doch im Herbst in der CDU für mehr Mieterschutz | |
| starkgemacht. | |
| Ja, da haben sie im Wahlkampf eine Kehrtwendung gemacht – mal sehen, was | |
| davon nach den Sondierungen tatsächlich übrig bleibt. | |
| Alles rot-grün-rote Sondieren dürfte viel Aufwand für wenig Ertrag sein: | |
| Selbst wenn es zu einer Fortsetzung der Koalition kommt – die platzt doch | |
| spätestens, wenn es im Sommer beim Thema Enteignung Ente oder Trente heißt. | |
| Warum? Egal welche Koalition regiert: Der Volksentscheid muss umgesetzt | |
| werden. | |
| An der Spitze der bisherigen rot-grün-roten Koalition steht aber mit | |
| Franziska Giffey eine Frau, die sagt, dass sie das mit ihrem Gewissen nicht | |
| vereinbaren kann. Dann müsste schon jemand anders an der Spitze der | |
| Koalition stehen. | |
| Wir müssen noch überlegen, welche Wege möglich sind. Für die Berliner Linke | |
| ist klar, dass wir ein Gesetz auf den Weg bringen müssen. Man kann nicht | |
| fast 60 Prozent ignorieren, die beim Volksentscheid für die Enteignung | |
| gestimmt haben. Zumal auf Landesebene andere Instrumente zur | |
| Mietenregulierung fehlen. | |
| 26 Feb 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rot-Gruen-Rot-sondiert-weiter/!5918059 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Berlin | |
| Kai Wegner | |
| Deutsche Wohnen & Co enteignen | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Berlin | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| SPD-Landesvorstand berät über Koalition: Giffey muss noch mal wählen | |
| Die Sondierungen zwischen CDU, SPD, Grünen und Linken sind abgeschlossen. | |
| Nun hängt es vor allem an der SPD, wer Koalitionsverhandlungen aufnimmt. | |
| Regierungsbildung in Berlin: Sondierungen auf der Zielgeraden | |
| SPD, Grüne und Linke haben wohl eine Möglichkeit gefunden, mit dem | |
| Enteignen-Volksentscheid umzugehen. Ist das eine Vorentscheidung? | |
| Endergebnis der Abgeordnetenhaus-Wahl: Jetzt ist es amtlich | |
| Die teils extrem knappen Mehrheitsverhältnisse bleiben im amtlichen | |
| Endergebnis wie gehabt. Eine Neuauszählung in Lichtenberg wurde abgelehnt. | |
| Endergebnis der Berlin-Wahl: SPD mit 53 Stimmen vor den Grünen | |
| Laut offiziellem Endergebnis der Berliner Wiederholungswahl kann sich die | |
| SPD knapp auf Platz zwei retten. Offen bleibt, wer künftig regiert. | |
| Regierungsbildung in Berlin: Ohne Enteignung keine Linke | |
| Die linken Kreisverbände machen Druck: Eine Neuauflage von Rot-Grün-Rot | |
| könne es nur geben, wenn ein Enteignungsgesetz verbindlich kommt. | |
| Nach den Wahlen in Berlin: Schwarzer Rand um die Stadt | |
| Innen Grün, außen Schwarz und Rot verschwindet fast ganz – so sieht Berlins | |
| politische Landkarte nach der Wahl aus. Ist die Stadt wirklich gespalten? | |
| Zweite schwarz-grüne Sondierungsrunde: Keine Liebe, keine Kabale | |
| Gerade weil CDU und Grüne keine großen Gefühle verbinden, könnte | |
| Schwarz-Grün besser klappen als eine mit Enttäuschungen behaftete linke | |
| Liebesehe. | |
| Abgeordnetenhauswahl vom Sonntag: Vertrauen ist gut, Kontrolle besser | |
| Wie im Lenin-Zitat: Bis zur Feststellung des amtlichen Endergebnisses am | |
| 27. Februar wird auch ohne Neuauszählung noch geprüft und nachgerechnet. | |
| SPD-Ergebnis bei der Berlin-Wahl: Giffeys SPD in Berlin abgestraft | |
| Die CDU hat die Berliner Wahl gewonnen und die SPD ringt um Fassung. Bleibt | |
| die Hoffnung, dass wenigstens nicht die Grünen an der SPD vorbeiziehen. |