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# taz.de -- SPD-Landesvorstand berät über Koalition: Giffey muss noch mal wä…
> Die Sondierungen zwischen CDU, SPD, Grünen und Linken sind abgeschlossen.
> Nun hängt es vor allem an der SPD, wer Koalitionsverhandlungen aufnimmt.
Bild: Genug geredet: Regierungschefin Franziska Giffey, zugleich SPD-Vorsitzend…
Berlin taz | Es ist selten, dass nach einer Wahl so viele Optionen für eine
Regierungsbildung bestehen. [1][Fast zwei Wochen lang haben daher CDU, SPD,
Grüne und Linke sondiert], ob sie in unterschiedlichen Konstellationen
miteinander die nächsten dreieinhalb Jahre bis zur nächsten Wahl
zusammenarbeiten könnten. Möglich wären – rein rechnerisch – sowohl ein
Zweierbündnis aus CDU und SPD beziehungsweise CDU und Grünen als auch die
Fortsetzung von Rot-Grün-Rot.
Nun sind die Sondierungen abgeschlossen. Doch wie geht es weiter? Wer ist
am Zug? Wer wagt sich zuerst aus der Deckung?
Zentral ist einmal mehr die Rolle der SPD. Am Mittwoch tagt der
Landesvorstand, das wichtigste Gremium der Berliner Sozialdemokraten. Es
wird sich mit der [2][Koalitionsempfehlung beschäftigen,] die das
Sondierungsteam erarbeitet hat, das die Parteichefs Franziska Giffey und
Raed Saleh angeführt haben. Und man muss kein sonderlicher Prophet sein, um
vorherzusehen: Egal wie sich die SPD entscheidet: Ob für die Weiterführung
von Rot-Grün-Rot – der derzeit wahrscheinlichsten Option –, für die
Juniorpartnerschaft mit der CDU oder gar für den Gang in die Opposition –
die Partei wird viel Gegenwind bekommen.
## Rot-Grün-Rot
Es sind zwei Sätze aus dem Mund von Franziska Giffey, die am Montagabend
nach der Runde mit Grünen und Linken aufhorchen ließen. „Es ist ein Weg
erarbeitet worden, der aus unserer Sicht ein gangbarer Weg sein kann“,
sagte die Regierende Bürgermeisterin. Und fügte hinzu: „Wir haben die
Aufgabe, dem Volksentscheid gerecht zu werden.“
Auch wenn Giffey „nur“ über den Umgang mit dem erfolgreichen Entscheid zur
Enteignung großer Wohnungsunternehmen sprach – die beiden Sätze könnten den
Weg bahnen für die Verlängerung von Rot-Grün-Rot. Denn die mögliche
Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids gilt dabei als größtes
Hindernis: Während die Linke sich vehement für ein entsprechendes Gesetz
einsetzt, hatte Giffey dieses im Wahlkampf sogar [3][aus „Gewissensgründen“
abgelehnt].
Details, wie dieser Weg aussehen könnte, wurden auch am Dienstag nicht
mitgeteilt. Immerhin wird der taz aus Kreisen der Grünen bestätigt, dass
man Giffeys Einschätzung teile. Und Katina Schubert, Vorsitzende der
Linkspartei, wählte ähnliche Worte am Montagabend in Bezug auf den
Volksentscheid: „Es könnte einen Pfad geben.“ Man habe über die Thematik
„nicht so lange geredet wie erwartet“.
Viele Beobachter*innen werteten dies sowie weitere vorsichtig
optimistische Aussagen aller drei Sondierungsteams als Zeichen, dass es
trotz aller Verwerfungen im Wahlkampf weitergehen könnte mit dieser
Koalition. Dafür sprechen zuallererst viele machtpolitische Aspekte. Nur
mit Rot-Grün-Rot könnte Giffey das Rote Rathaus für sich und die SPD
verteidigen; die Grünen haben ihr den Führungsanspruch trotz des denkbar
knappen Vorsprungs von 53 Stimmen nie streitig gemacht.
Und trotz aller Kritik von konservativer Seite, die der CDU als
unbestritten großem Wahlsieger den Zugriff auf die Regierungsbildung
zusprechen: Die bisherige Koalition hat weiterhin eine komfortable Mehrheit
im Parlament, die zudem deutlich größer ist als bei jedem Zweierbündnis. Es
existiert keine Vorgabe in der repräsentativen Demokratie, [4][wonach die
stärkste Partei auf jeden Fall regieren muss]. Zudem gibt es an der
Parteibasis der SPD deutliche Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit der
CDU; man ist sich atmosphärisch näher mit Linken und Grünen, heißt es immer
wieder.
Sollte es tatsächlich zu einer Verlängerung von Rot-Grün-Rot kommen, hieße
das aber auch: Die Zusammenarbeit der drei Parteien muss zielgerichteter
und weniger von Konkurrenz geprägt erfolgen als bisher, wenn man die bei
der Wahl geäußerte Kritik an der Regierung ernst nimmt.
## Schwarz-Rot
Im Bereich des Möglichen ist allerdings durchaus auch eine schwarz-rote
Koalition – vor allem, wenn es mit der angeblichen Einigung beim strittigen
Thema Enteignung dann doch nicht so weit her ist. Inhaltlich gibt es
nämlich keine Punkte, an denen rot-schwarze Koalitionsverhandlungen
zwangsläufig scheitern müssten.
Beide Parteien setzen [5][stark auf Polizeipräsenz und innere Sicherheit];
beide kämen auch beim zentralen Thema Wohnungsbau schnell zusammen. Das
liegt vor allem daran, dass für CDU und SPD der Begriff „Investor“ genauso
wenig negativ belegt ist wie „Vermieter“ – was bei den Grünen und vor al…
der Linkspartei oft anders klingt. Auch in der Verkehrspolitik gibt es eine
große Nähe: Beide lehnen eine offensive Anti-Auto-Politik ab. Beim
Weiterbau der A100 gehen die Meinungen zwar auseinander, aber dieses Thema
steht in der noch bis 2026 laufenden Wahlperiode ohnehin nicht an.
Die große Unstimmigkeit: Vor allem Noch-Regierungschefin Franziska Giffey
würde für eine gute Zusammenarbeit mit der CDU stehen; der stark links
ausgerichtete SPD-Landesverband eher weniger. Doch ausgerechnet für Giffey
wäre in einer schwarz-roten Koalition nach gängigen Maßstäben kein Platz:
Weil die CDU der größere Partner wäre, müsste Giffey das Rote Rathaus
verlassen. Dass sie als Ex-Chefin einfaches Senatsmitglied würde, wenn auch
als „Supersenatorin“, wie zuletzt gelegentlich zu hören war, wäre ein Nov…
nicht nur für Berlin.
Um einen Fall zu finden, in dem ein vormaliger Ministerpräsident im
Kabinett blieb, muss man schon weit in der bundesdeutschen
Parlamentsgeschichte zurückgehen. Dort findet man dann den von 1956 bis
1957 [6][saarländischen Ministerpräsidenten Hubert Ney], der nach seiner
Ablösung durch einen Parteifreund noch bis 1959 Justizminister in dessen
Kabinett war. In der jüngeren Vergangenheit aber ist auf Landesebene kein
Fall bekannt, in dem eine vormalige Nummer 1 in der zweiten Reihe der
Regierung weitermachte.
## Opposition
Für manche in der SPD gleicht die Wahl zwischen Rot-Grün-Rot und
Schwarz-Rot der zwischen Pest und Cholera – weshalb sie nahelegen, keine
der beiden Optionen zu wählen und stattdessen in die Opposition zu gehen.
Die nannte [7][Ex-SPD-Größe Franz Müntefering] zwar mal „Mist“, und
angeblich drängt auch die aktuelle SPD-Bundesspitze den Berliner
Landesverband, das bloß nicht zu tun.
Doch von einem Neuaufbau außerhalb von Regierungsverantwortung könnte die
SPD durchaus profitieren und sich in den nun folgenden gar nicht so langen
dreieinhalb Jahren bis zur nächsten Wahl neu organisieren.
Sie müsste dann bloß darauf hoffen, dass eine schwarz-grüne Landesregierung
– bei einem SPD-Rückzug die einzig verbleibende Koalitionsoption – an doch
nicht überwindbaren ideologischen Differenzen gleich wieder krachend
scheitert. Dann könnte die SPD sich 2026 als Alternative mit einem frischen
Gesicht anbieten – und [8][eventuell mit Kevin Kühnert], aktuell ihr
Generalsekretär auf Bundesebene, als neuem Spitzenkandidat Anlauf zurück
ins Rote Rathaus nehmen.
1 Mar 2023
## LINKS
[1] /Sondierungen-in-Berlin/!5916841
[2] /Regierungsbildung-in-Berlin/!5919156
[3] /Debatte-um-Giffey-und-DW-Enteignen/!5906340
[4] /Sondierung-Rot-Gruen-Rot-in-Berlin/!5918165
[5] /Sondierungsgespraeche-nach-Berlin-Wahl/!5917792
[6] https://www.kas.de/de/web/geschichte-der-cdu/personen/biogramm-detail/-/con…
[7] /Abschied-von-verdienten-Politikern/!5064390
[8] /Regierungsbildung-in-Berlin/!5916667
## AUTOREN
Bert Schulz
Stefan Alberti
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