# taz.de -- Sponsoren-Rochade bei Werder Bremen: Häuser statt Hühner | |
> Das Bauunternehmen Matthäi wird neuer Hauptsponsor von Werder Bremen. Elf | |
> Jahre lang war das der umstrittene Geflügelkonzern Wiesenhof. | |
Bild: Am Samstag trugen die Bremer – hier Niklas Stark (l.) – noch den alte… | |
BREMEN taz | Derzeit ziert noch der Aufdruck „Green Legend“ das Trikot von | |
[1][Werder Bremen]. Green Legend ist die vegane Marke der PHW-Gruppe, die | |
vor allem bekannt ist für Geflügelfleischprodukte, vermarktet unter dem | |
Namen „Wiesenhof“. Die PHW-Gruppe mit Hauptsitz im niedersächsischen | |
Rechterfeld ist seit elf Jahren Werder Hauptsponsor. Mit seinen | |
[2][„alternativen Proteinquellen“] passt sich der Wiesenhof-Konzern zwar an | |
die sich wandelnden Konsumbedürfnissen an, [3][so wie etwa auch | |
Wurst-Konkurrent Rügenwalder]; bei den Bremer Fans sonderlich beliebt war | |
der Sponsor aber nie: [4][zu viele Skandale] rund um Tierschutz und | |
Arbeitsbedingungen. | |
## Keine Folge von Kritik | |
Mit Beginn der laufenden Saison hat der Aufdruck „Green Legend“ das | |
Wiesenhof-Logo abgelöst – auf den Trikots der beiden Bundesligateams sowie | |
denen der Männer-U23 und -Nachwuchsteams. Dass den Fleischproduzenten als | |
Haupt- und Trikotsponsor ab der Saison 2023/24 der Verdener | |
Baudienstleister Matthäi ersetzt, liegt jedoch nicht an öffentlicher Kritik | |
an Wiesenhof: Man habe diese wahrgenommen, sagt Werder-Sprecher Christoph | |
Pieper, „auf der anderen Seite hat sich bei Wiesenhof in den letzten Jahren | |
Vieles im Bereich Nachhaltigkeit weiterentwickelt“. Als Beispiele nennt er | |
neben der Entwicklung der veganen Marke auch die Klimaschutzziele des | |
Unternehmens. | |
Die langjährige Partnerschaft zu beenden, hat vielmehr die PHW-Gruppe | |
selbst entschieden: Die „Kommunikationsziele“ seien erreicht, wird der | |
Vorstandsvorsitzende Peter Wesjohann zitiert. Auf Nachfrage erläutert | |
PHW-Sprecher Ingo Stryck: „Grundsätzlich hat uns die Zusammenarbeit dabei | |
geholfen, unser Verständnis von einer zukunftsfähigen Geflügelfleisch- und | |
Lebensmittelherstellung in Deutschland zu kommunizieren.“ Darüber hinaus | |
habe man die mediale Reichweite der Bundesliga genutzt, „um vor allem auch | |
außerhalb der Grillsaison mit unseren Marken präsent zu sein“. | |
In Stellungnahmen feiern Werder und PHW die gute Zusammenarbeit – die | |
mitnichten vorbei sei: Wiesenhof bleibt sogenannter Top-Partner von Werder, | |
also in der – gemessen am Volumen – zweitwichtigsten Gruppe von Sponsoren. | |
Dazu zählen derzeit sechs Unternehmen, zum Beispiel die Biermarke Haake | |
Beck, der Stromversorger EWE – und Matthäi. | |
## „Gemeinsamer Wertekompass“ | |
Das Bauunternehmen, das an über 70 Standorten mehr als 3.000 Menschen | |
beschäftigt, tauscht also quasi mit Wiesenhof die Plätze. Seit 2019 | |
arbeitet Matthäi mit Werder zusammen, unter anderem in sozialen Projekten. | |
Man teile einen Wertekompass, sagt Vereinssprecher Pieper. Das Unternehmen | |
setze sich mit seiner Stiftung „für Wissen und Bildung“ ein und versuche, | |
„unsere freiheitliche demokratische Grundordnung zu stärken“. | |
Doch kurz nach Verkündung der ausgebauten Partnerschaft wurde öffentlich | |
die Vergangenheit des Unternehmens thematisiert. Denn Matthäi hat „das | |
nationalsozialistische Regime unterstützt und davon wirtschaftlich | |
profitiert“, so steht es [5][auf der eigenen Website]. Im Gründungsjahr | |
1933 hatte das Bauunternehmen den Auftrag erhalten, [6][den sogenannten | |
Sachsenhain] in Verden zu errichten: eine „von der faschistischen Ideologie | |
des Dritten Reiches geprägte Gedenkstätte“. Zudem baute Matthäi drei | |
Fachwerkhäuser auf dem Truppenübungsplatz Bergen. | |
Im Text ist von der „Gerhard und Karin Matthäi Stiftung“ die Rede, die sich | |
für Bildung und Ausbildung engagiere. Auch im Team wird demnach „große | |
Vielfalt“ vertreten: „Totalitarismus, Rassismus, Hass und Ausgrenzung | |
treten wir offen entgegen.“ Der historischen Verantwortung scheint sich | |
Matthäi bewusst, entsprechend war die Vergangenheit der Firma für Werder | |
kein Grund, nicht zusammenzuarbeiten. „Das ist nicht unproblematisch“, sagt | |
Pieper, „aber viel wichtiger ist, wie sie jetzt damit umgehen. Matthäi | |
zeigt einen reflektierten, selbstkritischen Umgang.“ | |
Über das Volumen des Sponsorings schweigen Verein und Unternehmen. Das | |
Radio-Bremen-Magazin „[7][buten un binnen]“ berichtet von sieben Millionen | |
Euro pro Jahr. Der Vertrag soll zunächst für drei Jahre laufen. | |
20 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Werder-Bremen/!t5009054 | |
[2] https://www.phw-gruppe.de/geschaeftsfelder/alternative-proteinquellen/ | |
[3] /Wachstum-bei-Ruegenwalder-und-Wiesenhof/!5710551 | |
[4] /Prozess-gegen-Wiesenhof-Schlachterei/!5444786 | |
[5] https://www.matthaei.de/Verantwortung.html | |
[6] /!386188/ | |
[7] https://www.butenunbinnen.de/sport/werder-bremen-matthaei-trikotsponsor-ges… | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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