# taz.de -- Wohnungspolitik in Berlin: Wohnungslose allein gelassen | |
> Deutsche Wohnen stellt nicht genügend Wohnungen für Wohnungslose zur | |
> Verfügung. Das zeigt eine Anfrage der Linksfraktion in Berlin. | |
Bild: Zu wenig Wohnraum für zu viele Wohnungslose | |
BERLIN taz | Die private Wohnbaugesellschaft Deutsche Wohnen, inzwischen | |
Teil des Konzerns Vonovia, kümmert sich zu wenig um wohnungslose Menschen | |
in Berlin. Die Deutsche Wohnen ist verpflichtet, jährlich 230 Wohnungen für | |
Menschen in besonderer Notlage frei zu halten. Das Unternehmen hält das | |
aber seit Jahren nicht ein, wie aus einer bisher unveröffentlichten Antwort | |
der Senatsverwaltung für Soziales hervorgeht. Die Antwort liegt der taz | |
vor. | |
Niklas Schenker, Sprecher der Linksfraktion für Mieten und Wohnen, fragte | |
den Senat, wie viele Wohnungen die Deutsche Wohnen für das sogenannte | |
Geschützte Marktsegment (GSM) zur Verfügung gestellt hat. Das GSM wird in | |
einem Kooperationsvertrag zwischen dem Land Berlin und Wohnbauunternehmen | |
festgeschrieben und sieht bestimmtes Kontingent an Wohnungen für | |
Wohnungslose vor. Hintergrund für die Vereinbarung war die langwierige | |
Übernahme der landeseigenen GSW 2013. | |
Doch der Zehn-Jahres-Durchschnitt zeigt: Deutsche Wohnen stellte nur ein | |
Viertel der Wohnungen zur Verfügung, für die das Unternehmen verpflichtet | |
war. 2022 waren es 57. Insgesamt gehörten der Deutsche Wohnen mehr als | |
114.000 Wohnungen in Berlin, bevor sie 2021 von Vonovia übernommen wurde. | |
[1][Das geschützte Marktsegment ist eine freiwillige Vereinbarung ohne | |
Konsequenzen für die privaten Unternehmen]. | |
## „Diese Unternehmen sind allein ihrem Profit verpflichtet“ | |
“Weder Vonovia noch die Deutsche Wohnen leisten einen Beitrag für die | |
soziale Wohnraumversorgung in der Stadt“, sagte Schenker der taz am | |
Freitag. Selbst kleinste Verpflichtungen, um Menschen in einer | |
Wohnungsnotlage zu helfen, seien unerfüllt geblieben. Sein Fazit: „Diese | |
Unternehmen sind allein ihrem Profit verpflichtet.“ | |
Die landeseigenen Wohnungsunternehmen wie Gewobag, Howoge machen es | |
deutlich besser, findet Schenker. Sie hätten es geschafft, fast doppelt so | |
viele Menschen unterzubringen wie die Deutsche Wohnen in den letzten zehn | |
Jahren zusammen. Allein 2021 stellten die landeseigenen 1.012 Wohnungen für | |
das geschützte Marktsegment in Berlin zur Verfügung. | |
Trotzdem sieht Schenker auch hier Nachholbedarf, weil auch sie nur 90 | |
Prozent ihrer Verpflichtung in dieser Hinsicht einhalten. Mit der jetzigen | |
Vereinbarung sei es schwierig, die Deutsche Wohnen beziehungsweise Vonovia | |
zu zwingen, mehr Wohnungen bereitzustellen. | |
## Private Unternehmen enteignen | |
Schenker drängt daher darauf, den erfolgreichen Enteignen-Volksentscheid – | |
der auch die Vonovia betreffen würde – schnell umzusetzen. Das habe den | |
positiven Effekt, dass mehr Wohnungen an Menschen mit besonderen | |
Wohnbedarfen vergeben werden könnten, die sonst auf der Straße landen, so | |
Schenker. | |
[2][Die Linke hat zudem im laufenden Wahlkampf ein “Sicher-Wohnen-Gesetz“ | |
vorgeschlagen], welches Vermieter*innen zu sozialen Mindeststandards | |
verpflichten soll. Dazu gehört die Vermietung an Personen mit | |
Wohnungsberechtigungsschein und bei Wohnungsnotfällen. | |
3 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Senatsprogramm-Geschuetzes-Marktsegment/!5867918 | |
[2] /Sicher-Wohnen-Gesetz/!5890604 | |
## AUTOREN | |
Ann-Kathrin Leclère | |
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