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# taz.de -- Karlsruhe zu hessischem Polizeigesetz: Polizei-KI wird etwas einges…
> Das Bundesverfassungsgericht beanstandet das hessische Polizeigesetz,
> lässt aber eine Neuregelung zu. Bis Herbst hat die Landesregierung dafür
> Zeit.
Bild: Bei „Hessendata“ muss die Polizei Hessen nochmal nachbessern
Karlsruhe taz | Die hessische Regelung [1][zur automatisierten Auswertung
von Polizeidaten] ist verfassungswidrig. Das entschied an diesem Donnerstag
das Bundesverfassungsgericht. Die Eingriffsbefugnis erlaube der Polizei zu
viel, ohne hohe Eingriffsschwellen zu benennen. Es komme nicht darauf an,
dass davon bisher kaum Gebrauch gemacht wurde.
Seit 2017 nutzt das schwarz-grün regierte Hessen eine Software der
[2][CIA-nahen US-Firma Palantir] zur Abwehr künftiger Gefahren. Im Original
heißt die Software „Gotham“, in Hessen lautet der Name „Hessendata“. E…
Norm im hessischen Polizeigesetz erlaubt seit 2018 diese „automatisierte
Datenanalyse“. In [3][Hamburg] und NRW gibt es ähnliche Normen, die aber
nur in NRW auch genutzt werden. Bayern hat mit Palantir bereits ebenfalls
einen Vertrag geschlossen. Andere Bundesländer können und wollen sich dem
Vertrag anschließen.
Hessendata erlaubt eine schnelle Analyse von Informationen und
Zusammenhängen. Wer kennt wen? Wer war wann wo? Dabei werden keine neuen
Daten erhoben, sondern nur die Daten genutzt, die bei der hessischen
Polizei bereits vorliegen. Ermittler:innen müssen nicht mehr sieben
Datentöpfe abfragen und dann die Treffer zusammenführen, das macht nun
Hessendata.
Rund 14.000 Mal pro Jahr wird das Programm genutzt. Die von der
Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) koordinierten Kläger:innen
(darunter die taz-Journalistin [4][Katharina Schipkowski]) hielten die
polizeigesetzlichen Regelungen für unverhältnismäßig. Ihre
Verfassungsbeschwerde hatte nun Erfolg.
## Das Gericht stellt Verhältnismäßigkeit infrage
Auch wenn nur Daten analysiert werden, die bereits bei der Polizei
vorhanden sind, werteten die Richter:innen dies als Eingriff in das
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, weil die Polizei so neue
Erkenntnisse gewinnen kann. Entscheidende Frage war, ob dieser Eingriff zu
rechtfertigen ist.
Die Richter:innen halten das grundsätzlich für möglich. Schließlich
fallen bei Ermittlungen zu Terror und Organisierter Kriminalität immer mehr
Daten an, die nur noch automatisiert und nicht mehr manuell ausgewertet
werden können. Entscheidend war wie stets bei staatlichem Handeln die
Verhältnismäßigkeit.
Je problematischer ein Eingriff, desto konkreter muss die Gefahr und desto
wichtiger das bedrohte Rechtsgut sein, so der Karlsruher Maßstab. Besonders
problematisch seien Maßnahmen, die fehlerträchtig sind und die Gefahr von
Diskriminierungen mit sich bringen oder die Persönlichkeit tief
ausforschen. Problematisch sei auch, wenn softwaregestützte Verknüpfungen
überhaupt nicht nachvollzogen werden können, wie etwa bei selbstlernenden
Systemen der künstlichen Intelligenz.
## Es gehe nicht um Praxis, sondern Möglichkeit des Eingriffs
All das wird vom Bundesverfassungsgericht aber nicht verboten, sondern an
das Vorliegen einer „konkretisierten Gefahr für besonders gewichtige
Rechtsgüter“ gebunden. Dieser Anforderung wird das hessische Polizeigesetz
aber nicht gerecht. „Die Befugnisse lassen die automatisierte Verarbeitung
unbegrenzter Datenbestände mittels rechtlich unbegrenzter Methoden zu“,
kritisierten die Richter:innen und erklärten die entsprechende Norm
daher für verfassungswidrig.
Dass derzeit weder künstliche Intelligenz eingesetzt noch das gesamte
Internet ausgewertet wird, rette die Norm nicht, denn es gehe nicht um die
Praxis, sondern um die „Möglichkeit“ des Eingriffs. Hessendata kann in
begrenzten Ausnahmefällen noch bis 30. September genutzt werden. Spätestens
bis dahin muss der hessische Landtag eine Neuregelung beschließen.
16 Feb 2023
## LINKS
[1] /Datenanalyse-bei-der-Polizei/!5900762
[2] /Datenanalyse-bei-der-Polizei/!5900762
[3] /Polizei-will-Erlaubnis-fuer-Datenanalysen/!5619959
[4] /Katharina-Schipkowski/!a21864/
## AUTOREN
Christian Rath
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