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# taz.de -- Niedersachsens CDU-Chef nach der Wahl: „Unsere Flughöhe war zu h…
> In Niedersachsen sind CDU und AfD allein in der Opposition. Die CDU werde
> dennoch nicht am rechten Rand fischen, sagt Fraktionschef Sebastian
> Lechner.
Bild: Will die CDU wieder als Anwältin des ländlichen Raums etablieren: Sebas…
taz: Herr Lechner, Ihre CDU hat bei der niedersächsischen Landtagswahl eine
[1][bittere Niederlage] kassiert. Was war der Kardinalfehler?
Sebastian Lechner: Zunächst einmal sind wir noch dabei, das wirklich in der
Tiefe zu analysieren. Das braucht Zeit und das möchten wir gern intern tun,
nicht öffentlich. Was aber auf der Hand liegt: Wir haben uns im Wahlkampf
sehr viel mit der Kritik an der Ampel beschäftigt. Wir hätten stattdessen
mehr konstruktive, eigene Antworten geben müssen, glaube ich. Da müssen wir
jetzt in der Opposition eine bessere Mischung hinbekommen. Natürlich werden
wir auch weiterhin den Finger in die Wunde legen und klar und deutlich
benennen, was nicht funktioniert – das ist schließlich unsere Aufgabe.
Gleichzeitig müssen wir aber auch Antworten und Lösungen bieten. Dieser
konstruktiv-bürgerliche Stil grenzt uns auch ab gegenüber der zweiten
Partei, die in der Opposition sitzt.
Auffällig war ja, dass Sie in Ihren ländlichen Hochburgen verloren haben
und dass es da [2][Wählerwanderungen in fast gleichem Ausmaß sowohl zur
AfD] als auch zu den Grünen gegeben hat. Welchen Reim machen Sie sich
darauf?
Wir haben auch viele an die Nichtwähler verloren. Die Motive dafür müssen
wir jetzt untersuchen. Im Hinblick auf AfD und Grüne ist für uns natürlich
spannend, dass wir – und das ist für eine Volkspartei ja erst mal ein gutes
Zeichen – offenbar früher Leute vereint haben, die diametral
entgegengesetzte Auffassungen vertreten. Denn zwischen diesen beiden
Wählerschaften gibt es ja in allen Umfragen inhaltlich kaum
Überschneidungen. Wir müssen uns also fragen, was der große gemeinsame
Nenner sein kann, mit dem es uns wieder gelingt, ein ganz großes Spektrum
an Menschen hinter uns zu vereinen.
Und was kann der sein?
Ich glaube, ein Punkt ist, dass wir uns wieder als Anwalt des ländlichen
Raumes aufstellen müssen. Und vor allem genauer hinhören und näher an den
Leuten sein – unsere Flughöhe war in den letzten Jahren einfach zu hoch.
Was bedeutet das für die Abgrenzung gegenüber der AfD?
Ich habe immer gesagt, dass ich diese Partei in weiten Teilen für
rechtsradikal und potenziell rechtsextrem halte. Wir haben da keine
Schnittmengen und wir werden mit denen nicht zusammenarbeiten. Wenn man
hört, mit welcher Menschenfeindlichkeit sich da geäußert wird, fällt uns
das nicht schwer.
Können Sie ausschließen, dass es je eine Konstellation gibt – einen
Untersuchungsausschuss, eine Klage vor dem Staatsgerichtshof, eine
inhaltliche Frage, wo sie gemeinsam abstimmen werden?
Absolut. Ich kann mir keine Situation denken, in der wir auf Stimmen der
AfD angewiesen wären. Was Sie genannt haben, sind ja Minderheitenrechte,
für die unsere Stimmen als CDU-Fraktion absolut ausreichen. Wir können
natürlich nicht verhindern, dass sie unseren Anträgen zustimmen. Aber wir
werden das andersherum nicht tun.
Gibt es nicht doch Schnittmengen? Ihre Wahlplakate zum Thema
Clan-Kriminalität sahen sich ziemlich ähnlich.
Das ist doch keine Schnittmenge! Wir adressieren ein Problemfeld, ein
kriminelles Phänomen, das viele Menschen trifft und bewegt – gerade auch im
ländlichen Raum. Dem müssen wir begegnen, konsequent, ohne zu verharmlosen.
Das benennt ja übrigens auch der SPD-Innenminister so. Aber die AfD hat da
ja ganz andere Vorstellungen, da geht es dann immer gleich um
Bezichtigungen und Diskriminierungen.
Und bei der Einwanderung? Als es jetzt auf Bundesebene um eine Verkürzung
der Einbürgerungsfrist ging, kam aus der CDU prompt der Einwand, dann
müsste man erst einmal über Abschiebungen reden. Und: Man dürfe die
Staatsbürgerschaft nicht verramschen.
Ich verstehe, dass manchem das sehr reflexhaft erscheint. Ich betrachte das
differenzierter. Um auch da die Unterschiede klar zu benennen: Im Gegensatz
zur AfD wollen wir gezielte und gesteuerte Einwanderung, wir werden den
Fachkräftemangel anders nicht bewältigen. Und wir stehen auch zu den
humanitären Verpflichtungen dieses Landes.
Aber …?
Aber natürlich darf man auch nicht verschweigen, dass wir in puncto
Rückführungen ein Problem mit der Rechtsdurchsetzung haben. Aber anders:
Natürlich ist es für viele und auch für mich unverständlich, dass jemand,
der als Flüchtling einreist, hier arbeitet, unsere Sprache beherrscht, aber
dessen Asylverfahren negativ verläuft, das Land verlassen muss, obwohl wir
Fachkräftemangel haben. Daher haben wir schon 2020 die Instrumente der
Beschäftigungs- und Ausbildungsduldung eingeführt. Sollte es weiteren
Handlungsbedarf geben, unterstütze ich das.
Wo liegt dann das Problem?
Einen grundsätzlichen Dissens gibt es in einem wichtigen Punkt: Angebote
können wir nur dann machen, wenn die Person nicht über die eigene Identität
getäuscht und so das Asylverfahren verzögert hat. Und das ist beim von der
Ampel beschlossenen Chancenaufenthaltsrecht nicht der Fall. Und bei der
Staatsbürgerschaft haben wir auch eine klare Position: Die Verleihung steht
am Ende und nicht am Anfang eines gelungenen Integrationsprozesses.
Verstehen Sie, dass es Leute gibt, die es ankotzt, dass Sie bei diesem
Thema sofort wieder bei Abschiebungen und tatsächlichem oder vermuteten
Missbrauch sind, statt bei denen, die hier seit Jahren leben und arbeiten?
Aber mit denen hat doch niemand ein Problem, auch in der Bundespartei
nicht. Die Frage ist nur, unter welchen Bedingungen man Einbürgerungen
zulässt oder nicht. Und man darf die Augen doch auch nicht vor den
Problemen verschließen, wie es die andere Seite gerne tut. Ich würde mir da
ein bisschen weniger Reflexhaftigkeit von beiden Seiten wünschen.
Es gibt Stimmen, die mahnen, man sollte sich weniger an der AfD abarbeiten
und sie lieber im demokratischen Wettbewerb um die besten Ideen stellen.
Was meinen Sie?
Mir ist noch nicht aufgefallen, dass die AfD sich irgendwo durch gute Ideen
hervorgetan hätte. Aber wir werden uns sicher jetzt nicht nonstop an ihr
abarbeiten. Unsere Aufgabe als Opposition ist es, der Regierung auf die
Finger zu schauen. Und im Übrigen setzen wir eigene Schwerpunkte: Dazu
gehört etwa die Frage, wie man neuen Wohlstand erarbeitet. Ich habe in
meiner Erwiderung auf die Regierungsrede des Ministerpräsidenten gesagt: Es
reicht nicht, Windkraftland Nummer 1 zu werden, wir müssen Wasserstoffland
Nummer 1 werden. Das ist eine Riesenchance für unser Land, aber da gibt es
noch einen ganzen Berg an Aufgaben, die zu lösen sind. Das sind die
spannenden Themen.
26 Dec 2022
## LINKS
[1] /CDU-nach-der-Wahl-in-Niedersachsen/!5883683
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## AUTOREN
Nadine Conti
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