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# taz.de -- Rücktritt in Niedersachsen: Lange Weil. Dann Lies.
> Nach 12 Jahren gibt Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sein Amt ab.
> Nachfolger Olaf Lies bleiben noch zwei Jahre bis zu den nächsten Wahlen.
Bild: Die lange Weil-Ära ist vorbei. Grund für Neuwahlen ist das nach Meinung…
Ein Aprilscherz? So oft ist zuletzt gemunkelt worden, dass Niedersachsens
Ministerpräsident Stephan Weil alsbald zurücktreten könnte, dass die
tatsächliche Ankündigung am Dienstag erst mal ein bisschen Skepsis auslöst.
Aber wenn es ein Scherz ist, dann bringt er ihn jedenfalls gut rüber: Weil
wirkt ein wenig bedrückt, man nimmt ihm ab, dass er „Wehmut empfindet“, wie
er am Dienstag in einem Pressestatement im Kurt-Schumacher-Haus sagt.
Zwölf Jahre lang hat er Niedersachsen als Regierungschef geführt, jetzt
soll die Ära schnell enden: Schon im Mai will Weil den SPD-Parteivorsitz
und das Amt als Regierungschef abgeben. Der designierte Nachfolger steht
schon lange in den Startlöchern: Olaf Lies trat bereits 2013 als Weils
Gegenkandidat für den Posten als SPD-Spitzenkandidat an.
Weil gewann – und Lies stand seitdem mit großer Loyalität an seiner Seite.
Zweimal Wirtschafts- und einmal Umweltminister war er in den drei
Kabinetten Weil, [1][als Thronfolger im Wartestand auf den
Ministerpräsidentenposten] wird er schon lange gehandelt. Jetzt ist es also
so weit: Weil schlägt ihn seiner Partei, der SPD-Fraktion und dem grünen
Koalitionspartner als Nachfolger für beide Ämter vor.
Dass die geordnete Übergabe genau jetzt geschieht, hat mehrere Gründe: Es
sind noch zwei Jahre bis zur nächsten Niedersachsenwahl – genug Zeit für
Lies, sich auch als Landesvater einen Namen zu machen und dann mit
Amtsbonus in die Wahl zu gehen. Der Zeitpunkt passt auch zum angekündigten
Generationswechsel in der SPD nach der Wahlniederlage im Bund: Olaf Lies
ist zwar auch schon 58, Stephan Weil mit 66 aber im besten Rentenalter für
seinen Jahrgang.
## Gierige Gedanken
Die Hannoversche Allgemeine Zeitung spekuliert außerdem, ob Weil und Lies
noch schnell Fakten schaffen wollen, um anderen Begehrlichkeiten einen
Riegel vorzuschieben: Mit Boris Pistorius, Hubertus Heil und Lars Klingbeil
bewerben sich gerade mehrere hochrangige Sozialdemokraten aus Niedersachsen
um Ministerämter im Bund – wenn nicht für alle etwas abspringt, könnte der
ein oder andere von ihnen versuchen, stattdessen in Niedersachsen ans
höchste Amt zu kommen. Gut also, wenn das schon besetzt ist und erst gar
keiner auf gierige Gedanken kommt.
Der designierte Nachfolger Olaf Lies gilt vielen als talentierter, als
charismatischer, als rhetorisch versierter als sein Vorgänger. Bekannter
und beliebter ist dennoch der etwas dröge, aber zuverlässige Stephan Weil.
Die nächsten zwei Jahre in direkter Regierungsverantwortung dürften Lies
helfen, die Zahlen noch ein bisschen nach oben zu schrauben. Er beginnt
sein Statement mit einem deutlichen Bekenntnis zur rot-grünen Koalition in
Niedersachsen, auch nach 2027. Dem grünen Koalitionspartner reicht man so
gleich einmal die Hand. Denn ganz so einmütig hat die Fraktion den Wechsel
nicht begleitet.
Die Abgeordnete Evrim Camuz beklagt in einer eigenen Pressemitteilung,
Niedersachsen hätte jetzt Stabilität gebraucht – und kritisiert, dass in
der Diskussion um mögliche Nachfolger vor allem männliche Namen kursierten.
„Ein bisschen weniger Testosteron – vor allem auf der Führungsebene – w�…
sicher allen guttun.“ Niedersachsen hatte noch nie eine weibliche
Ministerpräsidentin. SPD-Innenministerin Daniela Behrens war
zwischenzeitlich gehandelt worden.
Erwartbares Oppositionsgeplänkel ist dagegen, dass die CDU schon vor Tagen
Neuwahlen gefordert hat, für den Fall eines Rücktritts. Zwar hatte Weil
noch vor der Niedersachsenwahl 2022 angekündigt, die gesamte
Legislaturperiode als Landesvater durchziehen zu wollen – sofern die
Gesundheit ihm das ermögliche.
## Langweilig? Dann Lies
Aber Weil ist nun klug genug, seinen Rücktritt erst einmal mit Alter und
Erschöpfung zu begründen – und so der CDU-Kritik gleich den Wind aus den
Segeln zu nehmen. Dass auch ein paar politische Überlegungen hinter dem
Wechsel stecken, das leugnet Weil gar nicht. Aber warum auch? Grund für
Neuwahlen ist ein Rücktritt ohnehin nicht. Gewählt wurde nun einmal nicht
Weil, sondern dessen Partei.
Was bleibt von Weil? Er war ein Krisenmanager, der das Land einigermaßen
reibungslos durch Energie- und Coronakrise geführt hat. Einer, der Konsens
sucht. Auch in der Migrationsdebatte hat er nicht jede Forderung nach
Verschärfung mitgebrüllt. Die SPD hat er mit diesem verwaltenden
Politikstil wieder zur stärksten Kraft gemacht.
Inhaltlich fallen in seine Amtszeit staatliche Investitionen – in grüne
Technologien, aber auch [2][die umstrittene Rettung der Meyer-Werft] mit
400 Millionen Euro Staatsgeld. Eine Streichung der Kitagebühren, ein
flexibleres Baurecht stehen auf der Habenseite. Herauszuheben ist auch der
niedersächsische Weg in der Umweltpolitik: Dabei haben sich Bauern- und
Umweltverbände gemeinsam auf einen Weg zu mehr Artenschutz geeinigt.
Der niedersächsische Weg wurde vor allem unter Umweltminister Olaf Lies
verhandelt. Und die Investitionen in grüne Zukunftstechnologien? Unter
Wirtschaftsminister Lies. Na, schau mal an.
1 Apr 2025
## LINKS
[1] /Nachfolge-von-Ministerpraesident-Weil/!6074917
[2] /Rettung-der-Meyer-Werft/!6036306
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
## TAGS
Niedersachsen
SPD Niedersachsen
Stephan Weil
SPD Niedersachsen
AfD Niedersachsen
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