# taz.de -- Rettung der Meyer Werft: Keine gute Nachricht | |
> Mit 400 Millionen Euro stützt der Staat die Meyer Werft in Papenburg. | |
> Damit setzen der Bund und das Land Niedersachsen gleich mehrere falsche | |
> Signale. | |
Bild: Zu tief im Land, zu tief in den Miesen: Meyer Werft an der Ems – oder d… | |
Die Meyer Werft in Papenburg ist gerettet. Eine gute Nachricht ist das | |
nicht. Die 400 Millionen Euro, die der Bund und Niedersachsen investieren, | |
nehmen sich in Zeiten von Bazooka und Doppelwumms zwar bescheiden aus. Aber | |
der Staat setzt damit gleich mehrere falsche Signale. | |
Als erstes wäre da Meyers Behauptung, das Unternehmen befinde sich in einer | |
unverschuldeten temporären Schieflage: Durch den Nachfrageeinbruch infolge | |
der Coronakrise sei das Unternehmen in jene Cash-Flow-Problematik geraten, | |
die noch in dieser Woche zur Zahlungsunfähigkeit führen würde. | |
Doch das Lied von der Liquiditätskrise ist bestenfalls die halbe Wahrheit: | |
Meyer hat Kreuzfahrtschiffe zu Preisen angeboten, für die sie nicht zu | |
bauen sind. Wenn der Staat nun frisches Geld nachschießt, ist das wie eine | |
verdeckte, nachträgliche Subvention zu Lasten von anderen Werften. | |
Das liege alles an diesem bösen Ukrainekrieg und den explodierten | |
Stahlpreisen, sagen sie in Papenburg. Schwankende Rohstoffpreise aber | |
müssten bei so langfristigen Aufträgen wie im Schiffbau eingepreist sein – | |
oder durch entsprechende Klauseln im Kaufvertrag abgesichert. Rohstoffe | |
machen außerdem gerade in so spezialisierten Branchennischen im Vergleich | |
zu den – der Inflation hinterherhinkenden – Löhnen nur einen kleinen Teil | |
der Kosten aus. | |
## Jetzt geht es doch ohne privaten Investor | |
Meyer hat schwere Managementfehler gemacht. Normalerweise stehen in | |
Familienbetrieben die Eigentümer für so etwas gerade, mit ihrem Vermögen, | |
das sich aus früheren Gewinnen speist – oder sie gehen pleite. Das | |
Bundeswirtschaftsministerium hatte extra darauf gepocht, dass neben dem | |
Staat noch ein privater Investor einsteigt – als Indikator für eine zu | |
erwartende Rentabilität. Als Notlösung hätte man auch den | |
geschäftsführenden Gesellschafter Bernard Meyer selbst als „Investor“ | |
akzeptiert. Nun ist die Forderung offenbar vom Tisch. | |
Wie es um Meyers finanzielle Lage steht, ist auch nicht bekannt. | |
Schließlich hat das Unternehmen eigens seinen Sitz nach Luxemburg verlegt, | |
um den deutschen Mitbestimmungsregeln zu entgehen – und den schrecklich | |
hohen deutschen Steuern. Der derart düpierte deutsche Staat muss den | |
Schiffbauer nun retten. Natürlich nicht ohne ein Sanierungsprogramm zu | |
fordern. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich auszumalen, wer dazu den | |
Löwenanteil beitragen muss: die Beschäftigten. | |
Wenn es schon betriebswirtschaftlich übel aussieht, wird es | |
volkswirtschaftlich noch viel schlimmer: Um Meyer das Bauen von immer | |
größeren Ozeanriesen tief im Binnenland zu ermöglichen, haben Land und Bund | |
[1][für Hunderte Millionen Euro die Ems ausgebaut], ein Sperrwerk | |
geschaffen, mit dem der Fluss nach jedem Stapellauf tagelang aufgestaut | |
wird. Im Ergebnis ist er ökologisch praktisch tot. Bezifferte man diesen | |
Schaden, ginge er vermutlich in die Milliarden. Die kosmetischen | |
Reparaturmaßnahmen, die der derzeitige Masterplan Ems vorsieht, werden | |
etwas günstiger. | |
Nicht zuletzt baut die Meyer Werft die Hardware für Tourismus in seiner | |
neben Kurzstreckenflügen umweltschädlichsten Form – von dem im Übrigen kaum | |
Geld in den Destinationen hängen bleibt. | |
## Tourismus in seiner umweltschädlichsten Form | |
Niedlich auch das Argument der Grünen, die Meyer-Tochter Neptun könne in | |
Rostock doch so schöne Konverter-Plattformen für Offshore-Windparks bauen. | |
Dafür hätte man nun wirklich nicht den Kreuzfahrt-Dinosaurier am Leben | |
erhalten müssen. Wäre er Konkurs gegangen, dann hätte sich sicher ein | |
Investor gefunden, der Neptun aus der Insolvenzmasse kauft – wenn die | |
Auftragslage so gut ist wie behauptet. Zur Not hätte der Staat wegen | |
erwiesener Systemrelevanz immer noch hier einspringen können, vermutlich | |
für sehr viel weniger Geld. | |
Warum also wird der ganze Konzern gerettet? Es ist ein Folgefehler: Der | |
Bund bürgt bereits für Aufträge in Höhe von 19 Milliarden Euro. Die hätte | |
er im Konkurs-Fall abschreiben müssen. | |
Transparenzhinweis: Wir hatten die Neptun-Werft fälschlicherweise in Wismar | |
verortet. Wir haben den Fehler korrigiert. | |
11 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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