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# taz.de -- Hilfetelefon für Journalist*innen: Tabubruch in den Redaktionen
> Auch Journalist*innen erleben Traumata und Stress, wenn sie etwa über
> Krieg und Katastrophen berichten. Ab 2023 soll es ein Hilfetelefon geben.
Bild: Potenziell belastender Job: Ein Journalist im Ukraine-Krieg
Journalist*innen und Medienschaffende kennen es: Stress, Deadline und
Arbeit sind von der Freizeit schwer zu trennen. Wenn man über den
berufsbedingten Stress hinaus aber psychosoziale Belastungen verspürt, dann
bleiben Journalist*innen in Deutschland damit oft allein. Das möchten
das Dart Centre for Journalism & Trauma Europe und Netzwerk Recherche nun
ändern [1][und eine Helpline einrichten].
„Durch die Arbeit beim Dart Center sehen wir, dass dieses Angebot dringend
benötigt wird“, sagt Jeanny Gering, Projektbetreuerin des
Helpline-Projekts. Der Verein vernetzt weltweit und setzt sich für ein
besseres Verständnis von Traumata ein, die [2][durch die Berichterstattung
über belastende Themen] wie Krieg und Katastrophen bei Journalist*innen
entstehen können. Gleichzeitig will das Dart Center eine sensible
Berichterstattung über Traumata fördern.
Die Helpline soll eine telefonisch erreichbare Beratungsstelle sein und
genau diese Themen vereinen. Festangestellte und freiberufliche
Journalist*innen, die arbeitsbedingten Stress erfahren, können bei der
Helpline anrufen. Beispielsweise wegen des Drucks in Redaktionen,
schwierigen Arbeitsbedingungen oder Schlafproblemen durch grausame Bilder
am Newsdesk.
Die Person am anderen Ende ist auch journalistisch tätig und speziell für
die Beratung ausgebildet. Sie hört zu und gibt Ratschläge zur
Problembewältigung. 15 Journalist*innen sollen zunächst für die
Helpline für das Pilotjahr 2023 vom Dart Center ausgebildet und auf
Honorarbasis bezahlt werden.
„Unser Angebot ist eine Hilfe zur Selbsthilfe. Kollegialer Austausch ist
wichtig. Das ist mehr als ein Ratsch beim Kaffee, man bekommt die
Erfahrung, das Handwerkszeug und die Möglichkeiten aufgezeigt, wenn man
anruft“, betont Gering, „Im besten Fall müssen die Hilfesuchenden dann gar
nicht mehr zur Therapie. Aber wir arbeiten mit Psycholog*innen
zusammen, die das Projekt eng begleiten werden. Falls jemand über die
Helpline hinaus Hilfe braucht, können wir auf Hilfsangebote verweisen.“
## Auch in Redaktionen Geld knapp
Laut einer Studie der Otto-Brenner-Stiftung ist die Medienbranche wie kein
anderer Bereich von Transformation betroffen. Das werde, so die
Autor*innen der Studie, [3][als zusätzlicher Stress wahrgenommen].
Zukunftssorgen und Gedanken über einen Berufsausstieg nehmen zu. Die
Otto-Brenner-Stiftung und Gewerkschaften im Mediensektor [4][fordern
deshalb ein psychologisches Gesundheitsmanagement], um die Gesundheit der
Journalist*innen nachhaltig zu schützen.
Jeanny Gering meint, nach Kriegsbeginn in der Ukraine meldeten sich
verstärkt Menschen beim Dart Center. Auch die Isolation im Homeoffice
verstärke die Probleme. Eine Helpline kann eine anonyme Anlaufstelle sein,
um mit Menschen zu sprechen, die diesen Arbeitsalltag kennen. „Es ist ein
Tabubruch, denn genau das ist die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz häufig
leider noch“, sagt Gering.
Die Finanzierung des Projekts ist allerdings schwer. „Wir erhalten viel
positiven Rücklauf von den Stiftungen und Redaktionen“, meint die
Projektbetreuerin. „Die Süddeutsche Zeitung ist das erste Medienhaus, das
den Ausbau der Helpline finanziell unterstützt. Von anderen bekommen wir
manchmal die Rückmeldung, dass es auch in den Redaktionen mit dem Geld
knapp ist. Aber gerade solche Krisen kommen ja bei den
Arbeitnehmer*innen an und belasten sie.“ Wie das Angebot angenommen
wird, muss sich zeigen. Auf dem Jahreskongress von Netzwerk Recherche habe
es aber schon viel Zuspruch erfahren.
21 Dec 2022
## LINKS
[1] https://netzwerkrecherche.org/blog/helpline-sueddeutsche-zeitung-unterstuet…
[2] /Risiken-im-Journalismus/!148431/
[3] /Studie-zu-Transformation-in-den-Medien/!5869465
[4] https://www.otto-brenner-stiftung.de/sie-moechten/presseinfos-abrufen/detai…
## AUTOREN
Ann-Kathrin Leclère
## TAGS
Journalismus
Trauma
Krise
Medien
Beratung
Hassrede
Triggerwarnung
Kolumne Das bisschen Haushalt
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Schwerpunkt Syrien
Journalismus
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