| # taz.de -- Debatte über Einbürgerung im Bundestag: „Kein Verramschen, kein… | |
| > Die Ampel verteidigt im Bundestag ihre Pläne für eine leichtere | |
| > Einbürgerung. Union ruft Kritiker:innen aus den eigenen Reihen zur | |
| > Mäßigung auf. | |
| Bild: Plädiert für „mehr Rücksicht“: der hessische Ministerpräsident Bo… | |
| Berlin taz | Die Ampel-Koalition hat ihre Pläne, [1][Einbürgerungen zu | |
| erleichtern], verteidigt. „Einbürgern, das ist kein Gnadenakt, kein | |
| Verramschen, kein Pullfaktor“, sagte Integrationsstaatsministerin [2][Reem | |
| Alabali-Radovan (SPD)] am Donnerstag während einer Aktuellen Stunde im | |
| Bundestag. „Einbürgern, das ist das gute Recht von Menschen, die sich hier | |
| einbringen.“ Wer viele Jahre in Deutschland lebe, solle „neben allen | |
| Pflichten auch alle Rechte“ haben. „Die Demokratie lebt von der | |
| Möglichkeit, mitzubestimmen, zu wählen und gewählt zu werden.“ Es sei nicht | |
| gut, wenn Einwohnerschaft und Wahlvolk immer weiter auseinanderfallen.“ | |
| Angemeldet hatte die Aktuelle Stunde die Union, die die Pläne der | |
| Bundesregierung in den vergangenen Tagen scharf kritisiert hat. Und dabei | |
| mitunter tief in die populistische Mottenkiste griff. So hatte | |
| CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt geäußert, durch die Reform werde | |
| die deutsche Staatsbürgerschaft „verramscht“. Innenpolitiker Alexander | |
| Throm (CDU) hatte erklärt, die Ampel behandle die Staatsbürgerschaft als | |
| „Billigware wie beim Black Friday“. | |
| Am Donnerstag nun erklärte die Innenpolitikerin Andrea Lindholz (CSU), die | |
| Union freue sich grundsätzlich, wenn gut integrierte Migrant*innen | |
| Deutsche werden wollten. Verkürzte Fristen oder die doppelte | |
| Staatsbürgerschaft als Regelfall aber lehne sie ab. Dies werde den | |
| „gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht stärken sondern schwächen“, sagte | |
| Lindholz, und verwies auf mögliche Loyalitätskonflikte. | |
| „Ist es nicht besser, wenn Staatsbürger aus autokratisch regierten Staaten | |
| ihre Staatsbürgerschaft aufgeben und sich damit auch ganz klar für unser | |
| demokratisches System entscheiden müssen?“ Kein Problem hat Lindholz aber | |
| mit der schon jetzt bestehenden Ausnahme für EU-Bürger*innen. Denn: mit | |
| diesen teile Deutschland immerhin „eine gemeinsame Werte- und | |
| Rechtsordnung“. | |
| ## Rhein: Man müsse sorgsamer formulieren | |
| In der Zwischenzeit rufen allerdings erste Unionspolitiker die eigenen | |
| Leute zur Mäßigung auf. So warnte der hessische Ministerpräsident Boris | |
| Rhein (CDU), man müsse „mit Rücksicht auf Menschen, die sich hier | |
| integriert haben, die Wurzeln geschlagen haben, die dieses Land bereichert | |
| haben, sorgsamer formulieren“. Er verstehe, „wenn sich jemand, der sich | |
| voll integriert und die Staatsbürgerschaft erlangt hat, durch den Begriff | |
| ‚verramscht‘ beleidigt und verunglimpft fühlt“, sagte Rhein den Zeitungen | |
| der Mediengruppe Bayern. | |
| Im Koalitionsvertrag der Ampel heißt es: „Wir schaffen ein modernes | |
| Staatsangehörigkeitsrecht. Dafür werden wir die Mehrfachstaatsangehörigkeit | |
| ermöglichen und den Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit | |
| vereinfachen.“ Konkret sollen Einbürgerungen künftig schon nach fünf statt | |
| nach acht Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen sogar | |
| nach drei Jahren. | |
| Mit Blick auf die Generation der ehemaligen Gastarbeiter*innen soll es | |
| zudem Erleichterungen für Menschen ab 67 Jahren geben: Für sie entfällt der | |
| Einbürgerungstest, außerdem soll es für den Sprachnachweis reichen, wenn | |
| sie sich mündlich im Alltag verständigen können. Obwohl das Vorhaben bis | |
| ins Detail im Koalitionsvertrag geregelt ist, [3][kracht es auch innerhalb | |
| der Koalition] – mal wieder. Am Donnerstag erklärte Konstantin Kuhle (FDP), | |
| innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, es wäre „verfehlt, das Thema | |
| Einwanderung bereits jetzt mit dem Thema Einbürgerung zu vermengen“. | |
| ## FDP macht weiter Stress | |
| Am Mittwoch hatte das Kabinett die Eckpunkte eines neuen | |
| [4][Fachkräfteeinwanderungsprojekts] beschlossen – ein Vorhaben, das für | |
| die Liberalen zentral ist. Wenn man aber in der Gesellschaft die Akzeptanz | |
| für Migration dauerhaft erhalten wolle, dann müsse diese „geordnet und | |
| regelbasiert“ erfolgen. | |
| Kuhle spielte damit auf Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag an, die aus | |
| FDP-Feder mitverantwortet und bisher noch nicht umgesetzt sind. Dazu zählt | |
| die „Rückführungsoffensive“ für abgelehnte Asylsuchende oder der | |
| Migrationsbeauftragte, der aus Sicht der Liberalen vor allem für eben diese | |
| Rückführungen zuständig sein soll. „Hier muss mehr passieren“, sagte der | |
| Kuhle in Richtung der Bundesregierung. | |
| Inhaltlich hat [5][die FDP an der geplanten Reform des | |
| Staatsangehörigkeitsrechts] nur Kleinigkeiten auszusetzen. Das ist auch | |
| nicht verwunderlich, immerhin hatte die Partei die Pläne sogar im eigenen | |
| Wahlprogramm. Und so stellte Kuhle am Schluss klar, dass die Liberalen auf | |
| jeden Fall für die Reform stehen: Er finde es „würdelos“, dass Menschen, | |
| die in dritter Generation in Deutschland lebten und Steuern zahlten noch | |
| immer keine deutschen Staatsbürger seien. „Das werden wir ändern.“ | |
| Berichtigung: Das Zitat „Billigware wie beim Black Friday“ wurde in einer | |
| ersten Fassung irrtümlich dem CDU-Innenpolitiker Stefan Heck zugeordnet. | |
| Tatsächlich stammt es von seinem Kollegen Alexander Throm. Wir haben den | |
| Fehler inzwischen korrigiert. | |
| 1 Dec 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Neues-Gesetz-zum-Zuzug/!5895462 | |
| [2] /Integrationsbeauftragte-ueber-Einbuergerung/!5895499 | |
| [3] /Reform-des-Staatsangehoerigkeitsgesetzes/!5895269 | |
| [4] /Migration-nach-Deutschland/!5895548 | |
| [5] /FDP-gegen-schnellere-Einbuergerung/!5895198 | |
| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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