# taz.de -- FDP gegen schnellere Einbürgerung: Die Panik der Liberalen | |
> Die FDP ist offenbar bereit, ihre eigenen Grundsätze und die der | |
> Koalition über den Haufen zu werfen. So will sie ihre Umfragewerte | |
> aufpolieren. | |
Bild: Gleichzeitig in der Regierung und in der Opposition? Finanzminister Lindn… | |
Die FDP hat, seit sie in Berlin regiert, vier Landtagswahlen verloren und | |
ist aus zwei Landesregierungen geflogen. Aus dieser misslichen Situation | |
wollen die Liberalen nun Konsequenzen ziehen. Beim Bürgergeld schlugen sie | |
sich im letzten Moment auf die Seite der Union. Den rot-grünen Plan, ein | |
halbes Jahr lang Arbeitslosen zu vertrauen und nicht mit Sanktionen zu | |
kommen, versenkte sie im Zusammenspiel mit CDU und CSU. | |
Diese Absetzbewegung aus der Regierung konnte man mit etwas Wohlwollen für | |
einen Versuch halten, mal auf der Seite der Sieger zu landen. Das ist ein | |
Irrtum – es war der Versuchsballon, wie weit die FDP die Rolle als | |
Opposition in der Regierung treiben kann. Das Ergebnis lautet für die | |
Liberalen: sehr weit. | |
Beim [1][Staatsangehörigkeitsrecht] führt die FDP nun ein ähnliches Spiel | |
auf wie beim Bürgergeld. SPD und Grüne wollen die [2][Einbürgerung | |
erleichtern] und die doppelte Staatsangehörigkeit einführen. Das sind | |
vernünftige Ideen. Zwei Drittel der Menschen, die sich einbürgern lassen | |
wollen, bekommen ohnehin die doppelte Staatsbürgerschaft. Und die Zahl der | |
MigrantInnen, die einen deutschen Pass bekommen, [3][stagniert seit Langem | |
bei 100.000]. Das ist zu wenig, wenn man mehr Integration will. Deshalb ist | |
es rational, die Hürden zu senken. Das steht so auch im Koalitionsvertrag, | |
unterschrieben von Christian Lindner. | |
Dass die Union im AfD-Stil gegen die „Verramschung“ (Alexander Dobrindt) | |
des deutschen Passes poltert, war zu befürchten. Bemerkenswert ist, dass | |
auch die Liberalen die „Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft“ an die | |
Wand malen. | |
Damit fegt die FDP nicht nur den Koalitionsvertrag vom Tisch, sondern auch | |
ihr eigenes Wahlprogramm von 2021. [4][Da forderte sie,] dass die doppelte | |
Staatsangehörigkeit grundsätzlich möglich sein soll und dass MigrantInnen | |
schon nach vier (und nicht erst nach acht) Jahren einen Pass bekommen | |
können. Alles egal. Wenn es gegen Arbeitslose und MigrantInnen geht, | |
scheint die FDP in ihrer Panik zu jeder Art von Gedächtnisverlust bereit. | |
28 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Einbuergerung-nach-fuenf-Jahren/!5898418 | |
[2] /Einbuergerung-nach-fuenf-Jahren/!5895078 | |
[3] https://mediendienst-integration.de/migration/staatsbuergerschaft.html | |
[4] https://www.fdp.de/forderung/fuer-ein-liberales-staatsangehoerigkeitsrecht | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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