# taz.de -- Neues Gesetz zum Zuzug: Einwanderung ist normal | |
> Die Ampelkoalition hat sich endlich durchgerungen, Einwanderung als | |
> notwendige Tatsache zu begreifen. Nur die Union tut sich noch immer | |
> schwer damit. | |
Bild: Menschen in Berlin | |
Deutschland bekommt ein [1][Fachkräfteeinwanderungsgesetz]. Schon wieder | |
und: endlich. Die Eckpunkte, welche das Kabinett am Mittwoch beschlossen | |
hat, waren lange überfällig. Und das, obwohl die Große Koalition – unter | |
Federführung des gleichen Arbeitsministers wohlgemerkt – vor nicht einmal | |
vier Jahren ein Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung beschlossen hat. Dieses | |
aber war durchzogen vom Wunsch, Migration eigentlich abzuwehren, und somit | |
zum Scheitern verurteilt. Die Ampel will diese Fehler nun beheben. | |
2019 hatte die Union zähneknirschend anerkannt, dass dem sich | |
verschärfenden Fachkräftemangel ohne Migration nicht beizukommen ist. | |
Deutschland als Einwanderungsland zu akzeptieren, das ging den | |
Konservativen aber offenbar zu weit. So entstand ein Gesetz, das nicht nur | |
zu kurz griff, sondern in sich auch widersprüchlich war. | |
Da ist zum einen das geradezu sture Beharren darauf, dass nur herkommen | |
darf, wessen [2][ausländischer Abschluss] als einer deutschen Qualifikation | |
„gleichwertig“ anerkannt wird – obwohl das deutsche duale Ausbildungssyst… | |
ziemlich einmalig ist. Auch gibt es im bestehenden Gesetz zwar Wege, zu | |
Ausbildungszwecken oder zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland zu kommen. | |
Diese Regelungen sehen aber derart viele Hürden vor, dass man sie getrost | |
ignorieren kann. | |
Die Ampelkoalition will nun nachbessern. Qualifikation bleibt wichtig. Aber | |
neben beglaubigten Urkunden soll künftig auch eine Rolle spielen, welche | |
Erfahrungen und Potenziale Menschen mitbringen. Und [3][wer zum Arbeiten | |
kommt], soll auch schneller in der Gesellschaft ankommen können. | |
Deutschland ist bei Weitem nicht das einzige Land in Europa oder gar | |
weltweit, das dringend Arbeitskräfte braucht. Andere Länder haben | |
verstanden, dass sie um diese Menschen werben müssen, statt sie Klinken | |
putzen zu lassen. Deutsche Migrationspolitik hingegen war jahrelang geprägt | |
von der Vorstellung, mindestens die halbe Welt warte sehnsüchtig darauf, | |
gnädig eingelassen zu werden. | |
Wie sehr die Union immer noch dieser aus der Zeit gefallenen Vorstellung | |
anhängt, zeigt ihre aktuelle Kritik an den geplanten Reformen im Bereich | |
der Arbeitsmigration, aber auch im Staatsangehörigkeitsrecht. | |
Einer Arbeitserlaubnis für Deutschland oder gar einer Einbürgerung für | |
würdig befunden zu werden scheint für die Konservativen fast | |
gleichbedeutend mit einem Bundesverdienstkreuz. Die deutsche Wirtschaft und | |
auch die Gesellschaft im Ganzen aber brauchen ein Land, das Einwanderung | |
weder als Bedrohung begreift noch als reine Notwendigkeit – sondern als | |
Normalität. | |
30 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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