| # taz.de -- Seenotrettung im Mittelmeer: Geflüchtete als Spielball | |
| > Italiens Kampf gegen die zivile Seenotrettung geht in eine neue Runde. | |
| > Vier EU-Mitgliedsstaaten fordern nun einen strengeren Umgang mit | |
| > NGO-Schiffen. | |
| Bild: Im Hafen von Catania machen Migranten an Bord auf sich aufmerksam | |
| BERLIN taz | Die vier EU-Mitgliedsstaaten Italien, Malta, Griechenland und | |
| Zypern wandten sich am Wochenende in einem gemeinsamen Statement an die EU | |
| und beklagten den aktuellen Umgang mit der zivilen Seenotrettung. Der | |
| „Modus Operandi“ entspräche nicht dem Geist des internationalen | |
| Rechtsrahmens für Such-und Rettungsaktionen, so heißt es in dem Schreiben. | |
| Im Zuge dessen kündigte die neu gewählte Ministerpräsidentin [1][Georgia | |
| Meloni] weitere Maßnahmen gegen NGO-Schiffe an. Wie diese jedoch genau | |
| aussehen sollen, führte sie nicht weiter aus. | |
| „Jeder Staat muss seine Gerichtsbarkeit und Kontrolle über die unter seiner | |
| Flagge fahrenden Schiffe tatsächlich ausüben“, fordern die vier Länder in | |
| ihrem Statement an die EU. Dabei werfen die Staaten der zivilen | |
| Seenotrettung vor, ihre Einsätze nicht in Abstimmung mit den zuständigen | |
| Behörden durchzuführen. Die EU-Kommission und der Ratsvorsitz sollen | |
| „notwendige Schritte“ unternehmen, damit eine Diskussion über die Zukunft | |
| solcher Einsätze geführt wird. | |
| In den vergangenen drei Wochen warteten über tausend Menschen auf | |
| unterschiedlichen NGO-Schiffen auf die Zuweisung eines sicheren Hafens vor | |
| Italien. Als die italienische Regierung dem Schiff „Ocean Viking“ der | |
| Organisation SOS Mediterranee, mit 234 Menschen an Bord, Anfang letzter | |
| Woche die Zuweisung erneut verweigerte, [2][legte das Schiff schlussendlich | |
| in der französischen Hafenstadt Toulon an.] | |
| Die Stimmung zwischen Italien und Frankreich ist seither angespannt. Paris | |
| reagierte daraufhin mit Taten. Neben verstärkten Grenzkontrollen an der | |
| französisch-italienischen Grenze, kündigte Frankreich zudem an, sich aus | |
| dem freiwilligen Verteilungsabkommen zurückzuziehen – somit wird Frankreich | |
| im Laufe des nächsten Jahres vorerst nicht 3.500 Menschen aus Italien | |
| aufnehmen. | |
| ## Geflüchtete wieder Spielball der EU-Staaten | |
| Gegenüber der französischen Zeitung „Le Parisien“ äußerte sich die | |
| französische Außenministerin Catherine Collona mit scharfer Kritik: | |
| „Italien respektiert weder das internationale Recht noch das | |
| Schifffahrtsrecht“. Sie betonte dabei, dass die Aufnahme der „Ocean Viking�… | |
| nur eine Ausnahme war und nicht das Bild vermitteln soll, dass Frankreich | |
| zukünftig NGO-Schiffe empfangen wird, wenn Italien die Zuweisung | |
| verweigert. | |
| Zivile Seenotrettungsorganisationen sind seit Jahren im Einsatz auf dem | |
| Mittelmeer, darunter auch deutsche Schiffe. Erst vergangene Woche rettete | |
| das Schiff Nadir von dem Hamburger Verein Resqship über 350 Menschen in | |
| Seenot, innerhalb von 48 Stunden.Um die Menschen sicher an Land zu bringen, | |
| benötigen die Schiffe die Zuweisung eines sicheren Hafens von den | |
| zuständigen Behörden. In den letzten Jahren konnten die Schiffe nach | |
| tagelangem Warten in Italien anlegen. Mit dem italienischen | |
| Regierungswechsel ist die zivile Seenotrettung Zielscheibe der | |
| faschistischen Regierung geworden. | |
| [3][Gleichzeitig sagte die deutsche Regierung letzten Freitag der zivilen | |
| Seenotrettung erstmals finanzielle Unterstützung zu], in Höhe von acht | |
| Millionen Euro pro Jahr. Die Fronten innerhalb der EU verhärten sich beim | |
| Thema Migration von Tag zu Tag, Geflüchtete sind erneut Spielball der | |
| EU-Staaten. Für die Seenotrettung ist durch die neue italienische Führung | |
| eine ungewisse Zeit angebrochen. Die letzten Wochen sind vermutlich nur ein | |
| Vorgeschmack dessen, was die NGOs und die Geflüchteten im kommenden Jahr | |
| erwarten wird. | |
| 14 Nov 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Paula Gaess | |
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