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# taz.de -- Gewalt durch Beamte in Dortmund: Wieder ein Toter bei Polizeieinsatz
> Beamte wurden am Mittwochmorgen zu einem randalierenden 44-Jährigen in
> Dortmund gerufen. Kurze Zeit später war der Mann tot.
Bild: Polizeieinsatz in Dortmund wegen eines randalierenden Mannes, kurz danach…
Bochum taz | In Dortmund ist zum zweiten Mal in weniger als drei Monaten
ein Mensch bei einem Polizeieinsatz ums Leben gekommen. Am frühen
Mittwochmorgen um 04:46 Uhr habe ein Mann im Stadtteil Dorstfeld
randaliert, erklärte das Dortmunder Polizeipräsidium in [1][einer ersten
Mitteilung]. Er habe Widerstand geleistet und sei dann
„reanimationspflichtig“ geworden, so die Dortmunder Polizei. Nach einem
Notarzteinsatz sei der Mann dann um 06:18 Uhr im Krankenhaus gestorben.
Benutzt wurde bei der Aktion mit Todesfolge auch eine Taser genannte
Elektroschockpistole. „Den Einsatz eines Distanzelektroimpulsgeräts kann
ich bestätigen“, sagte Corinna Kutschke, Sprecherin der Polizei
Recklinghausen, die „aus Neutralitätsgründen“ die Ermittlungen übernommen
hat, der taz zunächst.
Der Elektroschocker sei eingesetzt worden, weil der Verstorbene, der 44
Jahre alt wurde, einen Beamten mit der Faust geschlagen und danach versucht
habe, in den Streifenwagen einzudringen, so das Polizeipräsidium
Recklinghausen später in [2][einer weiteren schriftlichen Mitteilung].
Die in Dortmund erscheinenden Ruhr Nachrichten berichteten, der 44-Jährige,
nach Polizeiangaben ein gebürtiger Dortmunder ohne festen Wohnsitz, habe
zuvor um Hilfe gerufen, aber auch um sich geschlagen und Autos beschädigt.
Ob die Nutzung des Tasers Grund für den Tod des Wohnungslosen war, stand am
Mittwochnachmittag noch nicht fest: „Das kann ich frühestens nach der
Obduktion sagen, die noch heute stattfindet“, so der Dortmunder
Staatsanwalt Henner Kruse zur taz.
## Entsetzen, Angst und Wut
Erst am 8. August hatten Beamte den 16jährigen Geflüchteten Mouhamed Lamine
Dramé [3][in der migrantisch geprägten Dortmunder Nordstadt erschossen.]
Der Betreuer einer Jugendeinrichtung hatte die Polizei alarmiert, weil der
Teenager, der zuvor wegen Suizidgedanken in psychiatrischer Behandlung war,
im Innenhof der Einrichtung offenbar ein Messer gegen sich richtete.
Die Polizei rückte mit zwölf Beamt:innen an, setzte neben Pfefferspray
auch zwei Taser ein. Am Ende des nur dreiminütigen Einsatzes soll Mouhamed
Lamine Dramé dann von einem Polizisten, der die Aktion aus dem Hintergrund
absichern sollte, mit einer Maschinenpistole mit mehreren Schüssen getötet
worden sein.
Der tödliche Einsatz sorgte über die Nordstadt hinaus für [4][Entsetzen,
Angst und Wut]: Anwohner:innen und Aktivist:innen werfen der
Polizei eine „Gewaltpraxis von Diskriminierung und Rassismus“ vor. Sie
mobilisieren nun bundesweit für den 19. November zu einer erneuten
[5][Demonstration in Dortmund].
Die tödlichen Polizeieinsätze könnten auch das seit dem Sommer regierenden
schwarz-grüne Bündnis in Nordrhein-Westfalen belasten. In ihren
Koalitionsverhandlungen hatten sich CDU und Grüne nach harten Diskussionen
darauf geeinigt, die umstrittenen Elektroschockpistolen zunächst bis 2024
testen zu lassen. Der als Hardliner geltende CDU-Innenminister Herbert Reul
hatte die Taser bereits ab Anfang 2021 – damals noch als Teil eines
schwarz-gelben Kabinetts – erproben lassen und dabei mit der
deeskalierenden Wirkung der Elektroschocker geworben.
Sollte der am Mittwoch verstorbene 44-Jährige Wohnungslose durch die
Taser-Nutzung gestorben sein, wäre dies der erste bekannt gewordene
tödliche Einsatz einer solchen Elektroschockpistole in NRW.
19 Oct 2022
## LINKS
[1] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/4971/5348137
[2] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/42900/5348714
[3] /Erschossener-16-Jaehriger-in-Dortmund/!5883376
[4] /Polizist-erschiesst-Teenager/!5872147
[5] https://justice4mouhamed.org/2022/09/29/hello-world/
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Dortmund
Taser
Herbert Reul
Polizeigewalt
Polizei Berlin
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Innensenatorin Iris Spranger
Polizeigewalt
Schwerpunkt Rassismus
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