# taz.de -- Polizist erschießt Teenager: Tödliche Staatsgewalt | |
> Vor 11 Tagen tötete ein Polizist in Dortmund den 16-jährigen Mouhamed | |
> Lamine Dramé. Wer war der Junge aus dem Senegal? Und wie kam es zu seinem | |
> Tod? | |
Bild: Trauer in Dortmund Nordstadt: Kerzen und Blumen für den erschossenen 16j… | |
DORTMUND taz | Wäre die Dortmunder Nordstadt ein Lied, dann wäre das Heulen | |
der Polizeisirene ihre Melodie. Alle paar Minuten rast in dem Stadtteil ein | |
Streifenwagen um die Ecke. Vorbei an Kiosken, Imbissen und vollgesprayten | |
Gründerzeitfassaden. Ein kurzer Blick weg vom Handy, ein langsames | |
Kopfdrehen – mehr Aufmerksamkeit schenken die Bewohner:innen den | |
Beamt:innen gewöhnlich nicht. | |
Das Lied ist abgedroschen, die Anwohner:innen kennen es zu gut: Im | |
Vorjahr wurden in der Nordstadt mehr als 14.000 Straftaten von der Polizei | |
registriert. Dortmund ist, das sagt zumindest die Kriminalstatistik, die | |
gefährlichste Stadt im Ruhrgebiet. | |
Seit 2016 gibt es eine eigene „Ermittlungskommission Nordstadt“. In dem | |
Stadtteil werden harte Drogen verkauft, es gibt oft Stress: Unter | |
Konsument:innen, unter Dealer:innen. Kameras überwachen deshalb ganze | |
Straßenzüge in dem Viertel, 24 Stunden am Tag. Die ständige Polizeipräsenz | |
ist, ob von den knapp 60.000 Bewohner:innen erwünscht oder nicht, | |
ziemlich normal in der Nordstadt. | |
Auch der Polizeieinsatz, über den seit vorvergangenem Montag bundesweit | |
diskutiert wird, findet zuerst keine besondere Beachtung. Ohne Sirenen, so | |
berichten es mehrere Anwohner:innen vier Tage später der taz, rücken am | |
8. August zwölf Polizist:innen um kurz vor halb fünf in die | |
Missundestraße aus. Erst das Rattern einer Maschinenpistole schreckt die | |
Nachbarschaft auf: Das ist kein normaler Einsatz. | |
An dem heißen Sommernachmittag werden insgesamt sechs Schüsse im Innenhof | |
einer Wohngruppe für Jugendliche abgefeuert. Fünf davon treffen ihr Ziel: | |
[1][Den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé]. | |
Die Polizei schreibt am selben Abend, der Geflüchtete habe die eingesetzten | |
Beamt:innen mit einem Messer angegriffen, woraufhin ein Polizist das | |
Feuer eröffnete. Die Projektile treffen den jungen Senegalesen in den | |
Bauch, den Arm, in die Schulter, am Hals und im Gesicht. Die | |
Reanimationsversuche im Krankenhaus bleiben ohne Erfolg. | |
Es ist die Art, wie Mouhamed getötet wird, weshalb die Empörung über seinen | |
Tod weit über die Stadtgrenzen von Dortmund hinaus schwappt. So brutal sich | |
die Beschreibung des Polizeieinsatzes liest, so drängender stellen sich | |
viele Menschen hinterher die Frage: Wieso endete der Einsatz so | |
schonungslos tödlich für den Teenager? | |
Die Suche nach einer Antwort beginnt an dem Ort, an dem die Schüsse fielen. | |
Vier Tage nach dem Tod von Mouhamed flattert erneut Absperrband in der | |
Missunder Straße. Zwei Polizeiwagen versperren ankommenden Autos die | |
Zufahrt. Mit einer Drohne und Kameras vermisst die Kriminalpolizei | |
Recklinghausen den Tatort. | |
## Ein schüchternen Teenager | |
Auf dem Gehweg vor dem Hof, in dem Mouhamed starb, erinnern Blumen und | |
Trauerkerzen an den Getöteten. Immer wieder halten Passant:innen an, | |
darunter viele Kinder aus dem Viertel. Sie tuscheln und zeigen mit dem | |
Finger in den Hof. | |
Nur ein paar Meter vom Tatort entfernt lehnt Zoran Licic an einer Hauswand. | |
Der 58-Jährige, ein kleiner Mann im Unterhemd, vergilbte Tattoos an seinen | |
dürren Armen, wohnt seit mehr als 20 Jahren in der Nordstadt. Seine | |
Erdgeschosswohnung grenzt direkt an den Hof der katholischen | |
Jugendeinrichtung. Im Sommer steht er oft vor der Tür und lässt seinen | |
Blick über die Straße schweifen. | |
So auch an jenem Montag, erzählt Licic. Er habe aus wenigen Metern Abstand | |
von der Seite dabei zugesehen, wie ein Polizist mit Maschinenpistole durch | |
die Eisenstangen des Zaunes in Richtung Innenhof schoss. Was davor im Hof | |
passiert ist, konnte er von seinem Standpunkt aus nicht sehen. Genauso | |
wenig den getroffenen Mouhamed. | |
Trotzdem wirkt Licic mitgenommen, seine Augen werden wässrig. Er zittert: | |
„Das Ganze ist einfach nur traurig.“ Ein paar Mal sei er Mouhamed vorher | |
auf der Straße begegnet. Er sei sehr ruhig gewesen, ein schüchterner | |
Teenager: „Der hätte keiner Fliege was getan. Der war doch erst 16, fast | |
noch ein Kind.“ | |
Licic ist einer der wenigen aus dem Viertel, der an diesem Freitag kein | |
Problem damit hat, seinen Namen in der Zeitung zu lesen. Die Anwesenheit | |
der Polizei verängstige die Leute, sagt er. Die meisten Anwohner:innen | |
treten mit versteinerten Gesichtern vor die Tür. Man tauscht sich | |
untereinander kurz aus und fragt rum: Wer weiß schon mehr? | |
Die am häufigsten gestellten Fragen auf der Straße sind die gleichen, die | |
aktuell die Staatsanwaltschaft in Dortmund beschäftigen: Wer war Mouhamed? | |
Und was ist kurz vor den tödlichen Schüssen passiert? | |
Zu beiden Fragen kursierten in den vergangenen Wochen immer wieder | |
Gerüchte. Und auf beide Fragen gibt es teils noch immer keine vollständigen | |
Antworten. Bedingt Aufklärung über Mouhameds Flucht nach Deutschland | |
liefern die Akten des Jugendamtes im Rhein-Pfalz-Kreis, wo er nach seiner | |
Ankunft im April erstmals registriert wurde. | |
Demnach soll er sich bereits Ende 2019 aus dem Senegal auf den Weg nach | |
Europa gemacht haben. Gemeinsam mit seinem Stiefbruder sei der Jugendliche | |
nach Zwischenstopps in Mali und Mauretanien Ende 2021 mit einem Boot von | |
Marokko nach Spanien übergesetzt. Sein Stiefbruder sei auf der Fahrt im | |
Mittelmeer ertrunken. | |
## Erstmal kein Platz für Mouhamed | |
Angekommen in Spanien wohnte er offenbar in einer Unterkunft für | |
Asylsuchende in Sevilla. Weil es ihm dort nicht gefallen habe, soll er sich | |
entschlossen haben, mit dem Zug über Paris nach Deutschland zu fahren. Die | |
deutsch-französische Grenze habe er zu Fuß überquert und sich in den | |
nächstbesten Zug gesetzt, bevor er sich in Worms bei der Polizei meldete. | |
Von dort wurde er am 30. April nach Zornheim gebracht, ein kleines Dorf | |
südlich von Mainz. Dort gab Mouhamed an, seine beiden Eltern seien im | |
Senegal gestorben. | |
Diese Information wurde zunächst von der Stadt Dortmund verbreitet. Weil es | |
in den umliegenden Einrichtungen keinen Platz für ihn gab, wurde Mouhamed | |
schließlich am 1. August in die katholische Jugendeinrichtung St. Elisabeth | |
in der Dortmunder Nordstadt gebracht. | |
Die Informationen über Mouhameds Flucht aus der Akte des Jugendamts beruhen | |
auf seinen eigenen Aussagen. Sie lassen sich nur schwer überprüfen. Eine | |
Woche nach seinem Tod wurde bekannt: Er hat noch nahe Angehörige im | |
Senegal. Auf der Suche nach Familienmitgliedern haben mehrere | |
senegalesische Nachrichtenseiten Bilder von Mouhamed verbreitet. | |
Daraufhin meldeten sich sein Vater und sein Bruder. Sie stehen derzeit in | |
Kontakt mit der senegalesischen Botschaft in Berlin und haben den Wunsch | |
geäußert, Mouhamed in seinem Heimatdorf im Westen des Landes zu beerdigen. | |
Im Innenhof einer Moschee in der Dortmunder Nordstadt nehmen am | |
Freitagnachmittag nach dem tödlichen Polizeieinsatz mehrere Hundert | |
Menschen an einer Trauerfeier für den 16-Jährigen teil. Es verabschieden | |
sich vor allem Menschen aus der afrikanischen und muslimischen Community. | |
Unter den Zuhörer:innen sind kaum Menschen aus der weißen | |
Stadtgesellschaft. Eine der wenigen Ausnahmen ist Thomas Westphal (SPD), | |
Oberbürgermeister von Dortmund. | |
In seiner Trauerrede fällt wiederholt das Wort Vertrauen, das nicht | |
verloren gehen dürfe. Er spricht vom Vertrauen in die Polizei, in die | |
Justiz, in den Zusammenhalt aller Dortmunder:innen. Während der Rede gibt | |
es immer wieder Zwischenrufe. Einige Teilnehmende sind verärgert, dass | |
Westphal ausgerechnet im Moment des Innehaltens vom Vertrauen in die | |
Behörde spricht, durch deren Waffe Mouhamed getötet wurde. | |
Über dem Hof der Moschee liegt an diesem Vormittag eine drückende Schwere. | |
In den Blicken einiger Anwesender paart sich die Trauer mit Wut. Direkt im | |
Anschluss ist eine Demonstration von der Moschee zum Rathaus geplant, die | |
eine lückenlose Aufklärung des tödlichen Polizeieinsatzes fordert. | |
Bei der Trauerfeier und anschließenden Demo ist auch Mariama Sow dabei. Die | |
30-jährige Sozialarbeiterin aus Guinea, herzliches Lachen, runde | |
Brillengläser, hat die muslimische Gedenkfeier mitorganisiert. Sie sagt: | |
„Das mit dem Vertrauen in die Polizei ist als Ausländer in Dortmund | |
kompliziert.“ | |
## Auffällig gewalttätig | |
Sow ist Mitglied im Integrationsrat der Stadt. Sie kennt die zahlreichen | |
Geschichten von negativen Erfahrungen, die in Dortmund lebende People of | |
Colour mit der Polizei machen. Sie selbst werde nach 12 Jahren in Dortmund | |
regelmäßig auf der Straße nach ihrem Ausweis gefragt. | |
In letzter Zeit sei das Verhältnis zur Polizei besonders angespannt | |
gewesen. In den vergangenen zwei Monaten fielen Polizist:innen der | |
Wache Nord zweimal mit gewalttätigen Einsätzen auf. Ende Mai wurden drei | |
Teenagerinnen, die auf einem E-Scooter unterwegs waren, unsanft vom Roller | |
geholt und von den Beamt:innen angeschrien. | |
Auf Tiktok machte [2][ein Video des Vorfalls] die Runde. Vier Tage später | |
wurde ein flüchtender Kleindealer in der Nordstadt von einem Polizeiauto | |
angefahren. Bereits 2019 wurde eine schwangere Frau von einem Polizisten | |
mehrere Minuten auf den Boden gedrückt. Ihr Kiefer brach nach mehreren | |
Schlägen ins Gesicht. | |
In allen Fällen stand der Vorwurf im Raum, die Polizist:innen hätten | |
dabei rassistische Kommentare geäußert. Im vorigen Jahr wurde gegen mehrere | |
Polizist:innen in Nordrhein-Westfalen wegen rechtsextremer Chats | |
ermittelt. Darunter waren 14 Fälle aus Dortmund. | |
„Der Tod von Mouhamed hat die negative Stimmung gegenüber der Polizei nur | |
verschlimmert“, sagt Sozialarbeiterin Sow. Seit Jahren beobachte sie, wie | |
fremd sich viele Beamt:innen und Menschen aus dem Viertel sind. In der | |
Nordstadt haben 55 Prozent der Bewohner:innen keinen deutschen Pass, | |
leben aber oft seit vielen Jahren in der Stadt. | |
Polizeieinsätze sind zwar Alltag. „Trotzdem kennen wir uns nicht. Das macht | |
es schwierig, gut miteinander umzugehen“, beschreibt Sow ihr Verhältnis mit | |
der Polizei. Sie fordert Workshops in Zusammenarbeit mit der Behörde, in | |
denen Beamt:innen und Mitglieder der unterschiedlichen Communities | |
miteinander ins Gespräch kommen. Um nicht erst dann aufeinandertreffen, | |
wenn es Probleme gibt, sagt Sow. | |
Auf der Trauerfeier für Mouhamed fällt ein groß gewachsener blonder Mann | |
auf. Die Vertreter:innen der muslimischen und afrikanischen Communities | |
begrüßen ihn herzlich. Er schüttelt viele Hände. Jörg Stüdemann, | |
dunkelblauer Anzug, tiefe Stimme, ist der erste Ansprechpartner von der | |
Stadt, wenn Dialog notwendig ist. | |
Eigentlich wollte der ehemalige Stadtdirektor, Kämmerer und Kulturdezernent | |
in diesem Jahr in den Ruhestand gehen. Auf Bitten des Oberbürgermeisters | |
macht der 65-Jährige doch bis 2025 weiter: als Krisenmanager. | |
## Er habe nachts viel geweint | |
Stüdemann arbeitet seit 22 Jahren im Rathaus. Er kennt die sozialen | |
Konflikte in der Nordstadt und die strukturellen Probleme von jungen | |
Geflüchteten hier. In Dortmund gebe es insgesamt 3.000 „entkoppelte“ | |
Jugendliche, wie er sie nennt. Das seien Geflüchtete im Alter bis 27, die | |
aus Sozialleistungen herausfallen, ihre Duldung verloren haben oder selbst | |
aus dem Asylverfahren aussteigen. Für sie gebe es kaum passende | |
Anlaufstellen. | |
Viele von ihnen seien traumatisiert durch Erfahrungen in ihren | |
Heimatländern oder auf der Flucht: „Das ist eine heterogene Gruppe von | |
Menschen aus unterschiedlichen Regionen der Welt, die eins eint: Sie sind | |
am unteren Ende der sozialen Klaviatur“, sagt Stüdemann. Um sie besser | |
aufzufangen, müsse man mehr Menschen verschiedener Herkunft in die | |
zuständigen Jugendämter und sozialen Einrichtungen bringen. | |
Auch der 16-Jährige war offenbar psychisch labil und hatte Suizidgedanken. | |
Aus seiner Akte im Jugendamt geht hervor, er habe an seinem ersten Wohnort | |
in Zornheim Schlafprobleme gehabt und nachts oft geweint. Zu Ausflügen und | |
Freizeitangeboten musste er motiviert werden. | |
Eine Ausnahme war Fußball. Er soll leidenschaftlich gerne gespielt haben, | |
weshalb auch geplant war, ihn an einen Fußballverein zu vermitteln. Seiner | |
psychischen Probleme soll sich der Jugendliche wohl durchaus bewusst | |
gewesen sein. Er war wohl gewillt, therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. | |
Dazu passen die Informationen aus der Dortmunder Staatsanwaltschaft, die | |
derzeit gegen den Beamten, der auf Mouhamed schoss, wegen des Verdachts auf | |
Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt. Demnach war Mouhamed zwei Tage | |
vor seinem Tod in einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in | |
Dortmund. Am Tag vor seinem Tod wurde er nach ärztlicher Untersuchung auf | |
eigenen Wunsch wieder entlassen. | |
Die Frage nach dem psychischen Zustand von Mouhamed ist deshalb zentral, | |
weil sie mit dem Ablauf des tödlichen Polizeieinsatzes zusammenhängt. Die | |
Polizei sei kurz vor dem Einsatz von einem Mitarbeiter der | |
Jugendeinrichtung darüber informiert worden, dass Mouhamed in suizidaler | |
Absicht mit einem Messer im Innenhof der Einrichtung saß. | |
Außerdem soll den Beamt:innen vorher mitgeteilt worden sein, dass | |
Mouhamed kaum Deutsch, sondern nur Französisch und die senegalische | |
Landessprache Wolof spreche. | |
Nach der Darstellung von Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul | |
(CDU) haben zuerst Beamt:innen in Zivil versucht, Mouhamed | |
„runterzureden“. Weil das nicht funktionierte, habe man versucht, ihn mit | |
Reizgas „abzulenken“. Auch der Einsatz eines Elektroschockers habe die | |
Situation nicht beruhigen können. | |
## Die Bodycams waren aus | |
Im Gegenteil: Mouhamed soll mit Messer in der Hand auf die Beamt:innen | |
zu gerannt sein, dann schoss ein Polizist. Das widerspricht den | |
Schilderungen mehrerer Anwohner:innen, die gegenüber der taz sagten, sie | |
hätten erst Schüsse und danach das laute Surren eines Tasers gehört. | |
Der Innenhof der Einrichtung, in dem sich die Szene abspielte, ist auf | |
einer Seite von einem etwa 1,60 Meter hohen Eisenzaun abgeschirmt. Der | |
Eingang auf der anderen Gebäudeseite ist mit einem ähnlich hohen Eisentor | |
verschließbar. | |
Weitere Fragen zu dem Einsatz wirft ein Bericht vom Kölner Stadt-Anzeiger | |
auf. Demnach waren die Bodycams der zwölf eingesetzten Beamt:innen | |
allesamt ausgeschaltet. Auf taz-Nachfrage teilte das Innenministerium in | |
Nordrhein-Westfalen mit, das Filmen eines Einsatzes bei bestehender | |
Suizidgefahr sei möglicherweise gar nicht erlaubt. | |
Begründet wird das mit dem Polizeigesetz. Laut diesem sind | |
„Lebenssachverhalte höchstpersönlicher Art“ geschützt. In den sozialen | |
Netzwerken macht sich nicht nur Verwunderung über die ausgeschalteten | |
Bodycams breit, sondern auch über die Waffe, mit der Mouhamed getötet | |
wurde. In Nordrhein-Westfalen führen Streifenwagen seit 2018 standardmäßig | |
zwei Maschinenpistolen mit. | |
Die Rufe nach Aufklärung der Todesumstände von Mouhamed haben mittlerweile | |
den Landtag erreicht. Die SPD-Fraktion forderte Innenminister Reul | |
vergangene Woche auf, einen Bericht über den Polizeieinsatz vorzulegen. In | |
dem Dokument, das der taz vorliegt, ist weder von Bodycams noch von der | |
Gefahr, die von Mouhamed kurz vor seinem Tod ausging, die Rede. | |
Eine von Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen gestartete | |
Petition mit über 30.000 Unterschriften verlangt eine unabhängige | |
Untersuchungskommission zur Aufarbeitung des Einsatzes. | |
Der Tod von Mouhamed war der vierte Fall innerhalb einer Woche in | |
Deutschland, bei dem ein Mensch während eines Polizeieinsatzes ums Leben | |
kam. Dass bei heiklen Polizeieinsätzen [3][psychisch kranke Menschen zu | |
Tode] kommen, ist keine Ausnahme. Aktuelle Zahlen, wie hoch ihr Anteil | |
darunter ist, gibt es nicht. | |
Dennoch hat der Tod von Mouhamed die Debatte darüber, wie die Polizei mit | |
psychisch Kranken umgehen soll, wieder angestoßen. „Wer psychisch labil und | |
in einer derartig stressigen Situation ist, der empfindet den Einsatz von | |
Reizgas und Elektroschockern als Angriff“, sagt der Kriminologe Thomas | |
Feltes. | |
## Mouhamed liebte Fußball | |
In solchen Situationen müssten die Beamt:innen auf Distanz gehen und | |
erst das Gespräch suchen. Feltes bemängelt, die entsprechende Schulung von | |
Polizeibeamt:innen sei nicht ausreichend: „Die polizeiliche | |
Ausbildung muss Fort- und Weiterbildungen anbieten, die auf solche | |
Situationen vorbereiten.“ | |
Für Mouhamed Lamin Dramé hätte der Neuanfang in Dortmund vielleicht | |
trotzdem gelingen können. Er wollte unbedingt hierbleiben. Nachdem klar | |
war, dass im Rhein-Pfalz-Kreis keine Einrichtung Platz für ihn hat, äußerte | |
er diesen Wunsch. Ausschlaggebend dafür soll vor allem sein: Der | |
fußballbegeisterte Jugendliche war wohl schon vor seiner Ankunft in | |
Deutschland ein riesiger Fan von Borussia Dortmund. | |
Zwei Frauen, die am Freitagvormittag vor der Trauerfeier den Tatort | |
besuchen, hätten davon über einen privaten Kontakt zum Jugendamt erfahren. | |
Neben die roten Grabkerzen am Zaun des Innenhofs, wo Mouhamed starb, legen | |
sie eine schwarz-gelbe Sonnenblume ab – die Farben seines Lieblingsvereins. | |
19 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Jugendlicher-stirbt-in-Dortmund/!5870440 | |
[2] https://www.tiktok.com/@der_neukoellner/video/7100140979595939077?_r=1&… | |
[3] /Psychologe-ueber-toedliche-Polizeischuesse/!5408530 | |
## AUTOREN | |
Aaron Wörz | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Polizeigewalt | |
Geflüchtete | |
Schwerpunkt Flucht | |
GNS | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Black Lives Matter | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Polizeigewalt | |
Polizeigewalt | |
Polizeigewalt | |
Schwerpunkt Flucht | |
Polizei | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Prozess zu tödlichen Polizeischüssen: Fünf Beamte vor Gericht | |
Der 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé wurde 2022 von der Polizei in Dortmund | |
erschossen. Der Fall wirft grundsätzliche Fragen zur Polizeiarbeit auf. | |
Tödlicher Polizeieinsatz in Dortmund: Anklage gegen fünf Polizisten | |
Polizisten haben im August den 16-jährigen Mouhamed Dramé im Einsatz | |
erschossen– offenbar rechtswidrig. Nun klagt die Staatsanwaltschaft. | |
Tödliche Polizeigewalt: Ab auf die Straße! | |
Der Protest gegen tödliche Polizeigewalt ist in Deutschland kleiner | |
geworden. Fälle, für die Aufklärung gefordert werden könnte, gebe es genug. | |
Erschossener 16-Jähriger in Dortmund: Hausdurchsuchungen bei Polizisten | |
In die Ermittlungen zum erschossenen 16-Jährigen kommt Bewegung. Die | |
Staatsanwaltschaft beschlagnahmt Handys von beteiligten Polizisten. | |
Nach dem Tod eines Flüchtlings: Radikale Rechtsmittel | |
2018 starb in Fulda ein afghanischer Flüchtling – durch Polizeischüsse. Der | |
juristische Streit um einen polizeikritischen Artikel geht nun weiter. | |
Tödliche Polizeischüsse in Dortmund: „Milde Mittel nicht ausgeschöpft“ | |
Nachdem gegen weitere Polizisten wegen der Schüsse in Dortmund ermittelt | |
wird, fordert die SPD eine Sondersitzung. Der Schütze ist suspendiert. | |
Dortmunder Beamte erschießen 16-Jährigen: Vier weitere Polizisten beschuldigt | |
Nach dem Tod von Mouhamed D. in Dortmund wird nun gegen vier weitere Beamte | |
ermittelt. Innenminister Reul sieht eine „neue Lage“. | |
Eskalierter Polizeieinsatz in Berlin: Mit gezückter Schusswaffe | |
Die Polizei wollte in Kreuzberg einem wohl verwirrten Mann einen | |
Krankenwagen rufen, dann eskalierte es. Am Ende zog ein Beamter gar seine | |
Pistole. | |
Kritik an Richterentscheid in Hessen: Homofeindlichkeit? Kein Asylgrund | |
Ein Frankfurter Richter weist die Klage eines schwulen Algeriers auf Asyl | |
ab. Der Mann solle zurückkehren und ein „unauffälliges“ Leben führen. | |
Von Polizei erschossener Jugendlicher: Unabhängige Untersuchung gefordert | |
Über 60 Forschende verlangen die unabhängige Aufarbeitung des Todes von | |
Mouhamed D. Ein Polizist erschoss den Jugendlichen in Dortmund. | |
Gedenken an erschossenen Jugendlichen: Einer, der alles verloren hat | |
In Dortmund nehmen hunderte Menschen Abschied von Mouhamed D. Am Montag war | |
der 16-Jährige von einem Polizisten getötet worden. | |
Von Polizei erschossener Jugendlicher: Wieso starb Mouhamed D.? | |
NRW-Innenminister Reul verteidigt die Polizei nach den tödlichen Schüssen | |
in Dortmund. Gleichzeitig beginnt die schwierige Suche nach den | |
Angehörigen. |