# taz.de -- Gedenken an erschossenen Jugendlichen: Einer, der alles verloren hat | |
> In Dortmund nehmen hunderte Menschen Abschied von Mouhamed D. Am Montag | |
> war der 16-Jährige von einem Polizisten getötet worden. | |
Bild: Trauer um Mouhamed D. vor einer Moschee in Dortmund am 12. August | |
DORTMUND taz | Rund 400 Menschen haben am Freitagnachmittag an einer | |
Trauerfeier für den 16-jährigen Mouhamed D. in einer Dortmunder Moschee | |
teilgenommen. [1][Der Jugendliche war am Montag von einem Polizisten | |
erschossen worden.] Unter den Anwesenden der Gedenkfeier war auch der | |
Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD). | |
Nach dem Trauergebet äußerte Westphal im Hof der Moschee „tiefe Trauer“ u… | |
Verständnis „für alle, die nach dem Polizeieinsatz aufgewühlt sind.“ | |
Gleichzeitig appellierte er, das [2][Vertrauen in die Polizei] nicht zu | |
verlieren. „Wir wissen noch nicht, was genau passiert ist“, sagte Westphal. | |
Vertreter:innen muslimischer und afrikanischer Vereine aus Dortmund | |
[3][forderten eine schnelle Aufarbeitung des Einsatzes], zu dem noch immer | |
viele Fragen ungeklärt sind. | |
„Wir bitten den Staat darum, alles daranzusetzen, dass die Wahrheit ans | |
Licht kommt“, sagte Abduramane Djaló, Imam der afrikanischen Kulturgemeinde | |
in Dortmund. Gleichzeitig bemühten sich die Sprecher:innen verschiedener | |
religiöser Gemeinden, die seit dem Polizeieinsatz bedrückte und dennoch | |
aufgeladene Stimmung in der Dortmunder Nordstadt nicht weiter aufzuheizen. | |
Ahmad Aweimer, Sprecher des Rates der muslimischen Gemeinden in Dortmund, | |
sagte, es sei „Teil unserer Aufgabe, zu deeskalieren.“ In der aktuellen | |
Situation verbiete er sich jeglicher Schuldzuweisungen: „Die Justiz muss | |
jetzt ermitteln.“ | |
Mouhamed D. war nach Angaben der Stadt Dortmund im April allein nach | |
Deutschland gekommen und sechs Tage vor seinem Tod von Mainz nach Dortmund | |
gezogen. Er stammt aus dem Senegal und hatte sich von Mali aus auf den Weg | |
nach Deutschland gemacht. Auf der Flucht ertrank sein jüngerer Bruder im | |
Mittelmeer. Seine Eltern sind bereits vor einigen Jahren gestorben. | |
Mouhamed D. kämpfte seit seiner Ankunft mit psychischen Problemen und | |
äußerte wohl mehrfach Suizidgedanken. | |
## Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an | |
Ein Betreuer seiner Wohngruppe in der Dortmunder Nordstadt hatte am Montag | |
die Polizei verständigt, weil Mouhamed D. in dem eingezäunten Hof der | |
Einrichtung mit einem Messer hantierte. Schon während des Notrufs soll der | |
Betreuer eine Suizidgefahr geäußert haben, da der 16-Jährige noch am | |
Wochenende zuvor auf eigenen Wunsch in einer psychiatrischen Klinik war. | |
Daraufhin rückte die Polizei mit elf Beamt:innen und einem Krankenwagen | |
aus. | |
Mit dem Einsatz von Reizgas und Tasern versuchten sie, Mouhamed D. zu | |
beruhigen. [4][Nach Darstellung von Polizei und NRW-Innenminister Herbert | |
Reul (CDU)] griff der Jugendliche die Polizist:innen mit dem Messer an, | |
woraufhin ein Beamter den 16-Jährigen mit fünf Schüssen in den Oberkörper | |
aus einer Maschinenpistole tötete. Zum genauen Ablauf und der Frage, welche | |
Gefahr von Mouhamed D. kurz vor seinem Tod für die Beamt:innen ausging, | |
ermittelt die Staatsanwaltschaft. | |
Mit Drohnen und Kameras vermaßen Beamt:innen der Kriminalpolizei am | |
Freitagvormittag für mehrere Stunden den Tatort und rekonstruierten den | |
Verlauf des Einsatzes. Erste Ermittlungsergebnisse will die | |
Staatsanwaltschaft in „drei bis vier Wochen“ verkünden. Nachdem am Dienstag | |
und Mittwoch bereits Demonstrationen vor der Polizeiwache Nord in Dortmund | |
stattgefunden hatten, versammelten sich im Anschluss an die Trauerfeier am | |
Freitagnachmittag mehrere hundert Menschen auf dem Friedensplatz vor dem | |
Dortmunder Rathaus. | |
## Initiativen fordern schnelle Aufklärung | |
Mit „Justice for Mouhamed“-Sprechchören und Redebeiträgen forderten sie | |
eine schnelle Aufarbeitung des tödlichen Einsatzes und warfen der Polizei | |
vor, dass der Tod des Jugendlichen hätte vermieden werden können. Am Montag | |
soll Mouhamed D. beerdigt werden. Am selben Tag soll erstmals außerhalb von | |
Dortmund eine Demonstration anlässlich des Falls stattfinden: In Leipzig | |
hat die Initiative „CopWatch“ für Montag zu einer Kundgebung gegen | |
Polizeigewalt aufgerufen. | |
12 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Aaron Wörz | |
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