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# taz.de -- Tödliche Polizeigewalt: Ab auf die Straße!
> Der Protest gegen tödliche Polizeigewalt ist in Deutschland kleiner
> geworden. Fälle, für die Aufklärung gefordert werden könnte, gebe es
> genug.
Bild: Tatort an dem Mouhamed Dramé getötet wurde
Am 8. August 2022 wurde der 16-jährige Mouhamed Dramé [1][bei einem Einsatz
in Dortmund von der Polizei erschossen]. Jedes Detail über den Ablauf
dieses Polizeieinsatzes, das nach und nach an die Öffentlichkeit kommt, ist
erschütternd. Der Eindruck, der gerade entsteht: Ein junger Mensch richtet
ein Messer gegen sich selbst und wird dann von der Polizei vorsätzlich
erschossen.
Am Samstag fand in Dortmund eine bundesweite Demonstration gegen tödliche
Polizeigewalt statt. Zu dieser Demo erschienen rund zweitausend Menschen.
Man fragt sich, was aus den Black-Lives-Matter-Protesten im Sommer 2020
geworden ist. Warum der Mord an George Floyd in den USA bei uns so viel
mehr Reaktionen ausgelöst hat als der Tod von Mouhamed in NRW. Sicherlich
ist es einfacher, mit dem Finger auf ein anderes Land zu zeigen, als ihn in
die eigene Wunde zu legen. Ein Video, das den Hergang für alle sichtbar
macht, hat mehr Effekt als über mehrere Monate durchtröpfelnde
Informationen. Dazu kommt der Eindruck, dass es generell weniger Empathie
für Schwarze Afrikaner*innen gibt als für afroamerikanische oder
Schwarze europäische Menschen.
Es gibt auch Entwicklungen in der Bewegung, die hoffen lassen: Es geht
nicht mehr um Antirassismustraining für die Polizei oder um mehr Schulungen
im Umgang mit Menschen in psychischen Krisen. Es werden nicht nur
Kontrollinstanzen gefordert – sondern das System Polizei wird infrage
gestellt und es wird über Alternativen nachgedacht. In den USA ist das
schon länger Teil der öffentlichen Diskussion.
Dass wir in einer Gesellschaft leben, in der die Betreuer*innen einer
Jugendhilfeeinrichtung bei der Möglichkeit von Selbstgefährdung eines
suizidalen Jugendlichen in ihrer Sorge keine bessere Option sehen, als die
Polizei zu rufen, gefährdet Menschenleben und lässt mich ratlos zurück: Ich
kann mir kein Szenario vorstellen, in dem der Anblick von bewaffneter
Polizei beruhigend auf eine Person im psychischen Ausnahmezustand wirken
könnte.
## Schwung und Glanz ist vorbei
All diese Fragen also, die aktuell gestellt werden, sind vielleicht weniger
anschlussfähig und komplizierter als die empowernde Pro Blackness von 2020,
die sich so gut auf Instagram zeigen ließ. Aber: Sie sind substanzieller
und schließen mehr Menschen mit ein, die im öffentlichen Raum Repression
durch die Polizei erfahren: Sexarbeiter*innen, Obdachlose, Menschen mit
seelischen Erkrankungen und eben alle, die von Rassismus und Racial
Profiling betroffen sind.
Die Black-Lives-Matter-Bewegung mag für viele Schwung und Glanz verloren
haben, doch sie schreibt sich in den aktuellen Diskursen fort. Das ist gut
– und trotzdem wünsche ich mir, dass nicht nur zweitausend, sondern wieder
Hunderttausende auf die Straße gehen: für Aufklärung. Für Konsequenzen. Und
für die Verhinderung weiterer Toter.
Zur Unterstützung der Familie von Mouhamed Dramé werden [2][Spenden
gesammelt].
20 Nov 2022
## LINKS
[1] /Erschossener-16-Jaehriger-in-Dortmund/!5883376
[2] https://www.betterplace.me/unterstuetzung-fuer-die-familie-von-mohamed-d
## AUTOREN
Simone Dede Ayivi
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Black Lives Matter
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psychische Gesundheit
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Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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