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# taz.de -- Japanische Speisen auf heißen Platten: Vorsicht, heiß und flüssi…
> Der herzhafte Teigfladen Monja ist außerhalb von Japan kaum bekannt. Ein
> Gastronom aus Tokio will das ändern – und setzt dabei auf Fischbrühe.
Bild: Die Tsukishima-Monja-Straße in Tokio
Von allen Seiten sind Rufe zu hören. „Hey, wie wär’s mit Karaoke?“ oder
„Willkommen, wollt ihr euch die Speisekarte anschauen?“ Ruhig ist es auf
Tokios Straßen ohnehin selten, doch an den Wochenenden wird es teilweise so
voll, dass man kaum vorwärts kommt. Viele Restaurants und Imbisse haben
eine Warteliste. Im Stadtteil Ueno sticht ein Laden aufgrund des
Menschenandrangs besonders heraus: Das Moheji, ein Monjayaki-Restaurant.
Monjayaki, in der Regel abgekürzt als Monja, ist ein Gericht mit Ursprung
in Tokio, das aussieht wie ein flüssiger, sehr dünner Pfannkuchen. Der Teig
besteht aus Mehl und Wasser, als Hauptzutat wird sehr viel klein gehackter
Kohl verwendet, nach Belieben vermischt mit anderen herzhaften Dingen.
Dabei sitzen die Gäste um eine heiße Tischplatte, den Teppan, herum und
können ihren Monja häufig auch selbst zubereiten: Zunächst werden die
festen Zutaten auf der Platte gebraten und zu einem O geformt. In das O
wird der flüssige Teig gegossen und anschließend auf dem gesamten Teppan
verteilt. Alles brutzelt vor sich hin, bis es halbwegs fest ist. Mit einer
kleinen Metallspachtel schaben die Gäste den Monja schließlich von außen
nach innen ab.
Im Moheji wird Monja von der Bedienung gemacht – darauf besteht Fumitoshi
Kanō, der Besitzer. Auf Vergleichsportalen im Internet wird das Moheji als
japanweit bestes Monja-Restaurant gepriesen. Bis zu zwei Stunden beträgt
die Wartezeit für Gäste bereits am frühen Samstagabend.
„Unser Geheimnis liegt im Dashi“, sagt Kanō. Er ist 37 Jahre alt und stammt
aus dem Tokioter Stadtteil Tsukiji. Aus einer Familie, die seit
Generationen ein Geschäft auf dem berühmten Tsukiji-Fischmarkt betreibt, wo
sie neben frischem Fisch eben auch die Fischbrühe Dashi verkauft. Im Jahr
2015 eröffnete Kanō sein erstes Restaurant, er ist überzeugt, einer der
Ersten zu sein, der Fischbrühe statt Wasser im Monjateig verwendet hat.
Heute machen es ihm viele Restaurants nach, und Kanō besitzt inzwischen
über 40 Läden in ganz Japan. Die meisten davon Restaurants, aber auch
Geschäfte, die Dashi zum Verkauf anbieten.
„Dashi ist auch das, was den Umamigeschmack ausmacht“, erklärt Kanō weite…
Es sei die japanische Zutat. In der Tat werden die meisten Gerichte in
Japan nicht ausschließlich aus Wasser, sondern mit Fischbrühe zubereitet –
seien es Ramensuppen, japanische Omelettes oder sei es gekochtes Gemüse.
So groß die Beliebtheit innerhalb des Landes ist, so unbekannt ist Monja
außerhalb Japans, wo viele nur Sushi [1][und Ramen] kennen. Das liegt
sicher daran, dass Monjas im wahrsten Sinne des Wortes schwer zu fassen
sind. Auch klingt etwa die beliebteste Sorte – Mentai-Mochi-Käse-Monja –
für nichtjapanische Ohren einigermaßen fremd: Mentaiko sind gewürzte Rogen
vom Pollack, Mochi sind Reiskuchen. Ansonsten wird Monja gern und viel mit
Fisch und Fleisch verspeist – mit Schweinefleisch und Kimchi etwa oder als
Seafood-Curry-Monja mit Tintenfisch und Garnelen.
Selbst Tourist:innen kommen selten dazu, Monja zu essen. Denn die
meisten Restaurants in Tokio ballen sich an einer Stelle, der Tsukishima
Monja Street, und wer nicht explizit dorthin fährt, kriegt von Monja erst
gar nichts mit. Dazu kommt die Optik des Gerichts. Viele Restaurants
stellen vor ihren Läden Lebensmittelsamples aus, also Essen aus Wachs oder
Plastik, das den vorbeigehenden Gästen veranschaulichen soll, was drinnen
auf den Tisch kommt. Was für Steaks, Sushi oder selbst Suppen gut
funktioniert, klappt beim dünn verteilten, sperrigen Teigfladen Monja eben
nicht.
Doch Fumitoshi Kanō schrecken diese Hürden nicht ab. Sein nächstes Ziel sei
es, Monja und den Geschmack des Dashi auch außerhalb Japans zu verbreiten.
Den ersten Schritt hat er schon unternommen: Am 16. September eröffnete er
in New York seinen ersten Laden namens „Dashi Okume“. Hier verkauft er
Zutaten, die für japanische Gerichte notwendig sind, neben Fischbrühe also
auch Gewürze, Soßen, Reis, dazu Alkohol zum Kochen.
„Jede Präfektur hat ihre eigene Spezialität, für die sie bekannt ist“, s…
Kanō. In Hokkaido sei es Ishikari-Nabe, also ein Eintopf, der mit Lachs und
Miso zubereitet wird. In Osaka sei es Takoyaki, also Teigkügelchen mit
einem Stück Oktopusarm. In Tokio hingegen gebe es nicht wirklich die eine
Spezialität und das möchte Kanō ändern: „Auf dem Fischmarkt von Tsukiji
gibt es die besten Fische und Meeresfrüchte, daraus werden auch die besten
Dashi gemacht“, erklärt er stolz.
Nach New York hat Kanō Europa ins Visier genommen – wo dort genau, weiß er
selbst noch nicht. Dass immer mehr Europäer:innen ihre Ernährung
vegetarisch oder vegan ausrichten, stört ihn nicht. Für New York habe er
bereits Gemüse-Dashi entworfen, die aus Sorten wie Kohl, Zwiebeln und
Karotten, aber auch Seetang, Shiitake- und Maitake-Pilzen besteht. Kanō ist
überzeugt, dass sich auch für Vegane eine Lösung finden lässt.
Überhaupt sei das Tolle an Monja, dass es außer Kohl, Wasser und Mehl keine
festgelegte Zutat gibt – in der Hinsicht ähnelt das Gericht einer Pizza.
„Ich weiß jetzt nicht, welche Zutaten in Deutschland gerne gegessen werden,
vermutlich Würstchen, oder? Das geht prima mit Monja einher. Oder
Schinken!“, zählt Kanō begeistert auf. Rein pflanzliche Monjas soll es
demnach auch geben – aus Zutaten wie Tofu, roter Bete, Natto, also
fermentierten Sojabohnen, und Tenkasu, frittiertem Tempura-Teig.
Die Gemüsebrühe, die Fumitoshi Kanō speziell für den New Yorker Markt
entworfen hat, will er demnächst auch in Japan verkaufen. Dass vegetarische
oder vegane Monjas in Japan ein Hit werden könnten, bezweifelt er
allerdings stark: „Die passen besser zu Europa“, sagt er. „In Japan bleib…
die Leute bei ihren geliebten Zutaten wie Mentaiko oder Tintenfisch.
Schließlich sind wir ein Inselstaat. Wir sind stolz auf all das, was das
Meer täglich zu bieten hat.“
23 Oct 2022
## LINKS
[1] /Ghost-Kitchen-und-Suppenliebe/!5846832
## AUTOREN
Shoko Bethke
## TAGS
Genuss
japanische Küche
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Kolumne Die Zutat
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