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# taz.de -- Sparmaßnahmen im Zuge der Energiekrise: Heizt du schon?
> Jüngst bestimmte Corona die öffentliche Debatte. Nun ist es die Angst vor
> Kälte. Die Mittelschicht identifiziert sich mit den Nöten der Armen.
Bild: Noch brennt ein Licht
Mit Neoprenanzug im Schwimmbad. Das klingt schräg, weil das Wellenbad am
Berliner Spreewaldplatz nicht die französische Atlantikküste ist und man im
Hallenbad nicht surft, sondern Brust schwimmt. Aber die Schwimmbecken in
[1][Berlin werden mittlerweile heruntergekühlt] und das Tragen von Neopren
ist deshalb gestattet.
Gespart wird [2][seit Anfang September auf Basis der Energiesparverordnung
auch] bei Außenbeleuchtungen, in öffentlichen Gebäuden oder Bürogebäuden,
wo weniger geheizt wird. Universitäten kühlen ebenso runter, und manche
erwägen laut [3][Spiegel] („Droht ein Energie-Shutdown an den
Hochschulen?“), die Weihnachtsferien zu verlängern.
Zwar versicherten [4][Berliner Hochschulen], dass sie auch im Winter am
Präsenzbetrieb festhalten wollten. Weil ein einziger Autokrat offenbar
ähnlich große Macht hat wie eine tödliche Pandemie, lassen sich neue
Lockdowns aber nicht ausschließen: Was passiert, wenn runterkühlen nicht
mehr reicht? Der Smalltalk der Armen wird so zum Smalltalk der
Mittelschicht, „Heizt du schon?“ wird zum neuen „Bist du schon geimpft?�…
Der September fühlt sich an wie ein Februar mit 90 Tagen. Arme Menschen
werden ärmer und neue arme Menschen kommen dazu: mehr als 2 Millionen
nutzen mittlerweile das Angebot der Tafel, heißt es [5][in einer Meldung],
die am gleichen Tag herumgereicht wird wie „[6][DAX-Manager mit fast 25
Prozent Lohnplus“]. Zu dieser dunklen Gleichzeitigkeit mischt sich die
Angst vor echter Dunkelheit: Seit Tagen erscheinen Artikel und Interviews
zum Thema Blackout, einem längeren, großflächigen Stromausfall, der bei
einer Überlastung des Stromnetzes eintreten könnte.
Auch wenn [7][Städte wie Berlin] oder [8][Potsdam Vorbereitungen] treffen,
gilt das Szenario als unwahrscheinlich. Weil Rechtsextreme aber niemals
genug Weltuntergangsstimmung bekommen können, schüren sie über ihre Kanäle
längst Panik. Feuchte Prepperträume mischen sich unter vernünftige
Erwägungen.
Noch vor wenigen Monaten bestimmte ein Virus ([9][immer noch anwesend]) die
öffentliche Debatte, heute ist es die Angst vor Kälte und Dunkelheit. Aber
hey, in allem Schlechten steckt bekanntlich auch etwas Gutes: Endlich kann
sich die Mittelschicht mit den armen Schluckern identifizieren, die schon
vor dem 24. Februar viele Winter das Frieren gefürchtet haben.
Um es dialektisch zu sagen: Während [10][die Reichsten Ausschau nach
anderen Planeten halten], rückt der Rest auf der Erde zusammen – nicht nur
physisch, weil es dann wärmer ist, sondern auch im übertragenen Sinne.
Ein Anzeichen dafür findet man im Business Insider: Das Wirtschaftsmagazin,
das gern Hinweise zu ETFs, Aktien und anderen Möglichkeiten der passiven
Geldvermehrung liefert, veröffentlichte jetzt [11][die zehn besten
Spartipps] der 80-jährigen schwäbischen Oma Gerti („Sparen ist schon fast
ihr Hobby!“). Tipp 3 lautet: „Frühstückskaffee für nachmittags aufheben�…
30 Sep 2022
## LINKS
[1] /Neue-Schwimmbadregel-in-Berlin/!5876164
[2] /Rigide-Energiesparmassnahmen/!5873573
[3] https://www.spiegel.de/panorama/bildung/energie-krise-droht-ein-shutdown-an…
[4] https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2022/09/hochschulen-universitaeten-ener…
[5] https://www.spiegel.de/wirtschaft/deutschland-mehr-als-eine-million-mensche…
[6] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/dax-vorstaende-gehaelter-b…
[7] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/09/strom-blackout-notfallplaene-…
[8] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/09/potsdam-brandenburg-stromausf…
[9] /Coronazahlen-steigen-wieder/!5880372
[10] /Kapitalismus-und-Raumfahrt/!5854163
[11] https://www.businessinsider.de/wirtschaft/eine-schwaebische-oma-hat-uns-ih…
## AUTOREN
Volkan Ağar
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