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# taz.de -- „Riget: Exodus“ auf Filmfestival Venedig: Großer Bruder im Sum…
> Lidokino 4: Ein bisschen Wahnsinn schadet nie, wie Lars von Trier in
> Venedig bestätigt. Der Regisseur setzt seine legendäre Krankenhaus-Serie
> fort.
Bild: Schlafwandlerische Tendenzen: Karen (Bodil Jørgensen) in „Riget: Exodu…
An Serien gibt es auf der Welt derzeit eigentlich keinen Mangel. Der
dänische Regisseur Lars von Trier hat sich in den Neunzigern mit „Riget“,
auf Deutsch „Hospital der Angst“, mit gleich zwei Staffeln seiner von David
Lynchs „Twin Peaks“ inspirierten Krankenhaus-Serie hervorgetan.
Übernatürliche Dinge gingen darin im Kopenhagener Rigshospitalet vor, und
ein schwedischer Arzt pflegt Animositäten auf alles Dänische.
Nach 25 Jahren Pause hat Lars von Trier die Geschichte noch einmal
fortgesetzt. In „Riget: Exodus“ spielen einige der Schauspieler aus der
Vergangenheit mit, auch Udo Kier, der von Anfang an dabei war, hat wieder
einen Auftritt, andere Darsteller fehlen hingegen, da sie inzwischen
gestorben sind. Lars von Trier hat die Geschichte so gelöst, dass er sich
einiges an selbstbezüglichen Spielereien gestattet, um an die Vergangenheit
mit zum Teil neuen Figuren anzuknüpfen.
Zu Beginn sieht man etwa eine alte Frau, Karen (Bodil Jørgensen), die auf
DVD die alte Serie zu Ende sieht und sich über den Schluss aufregt. Dann
geht sie schlafen, nicht ohne sich selbst am Bett anzuknoten, um ihre
schlafwandlerischen Tendenzen zu unterdrücken. Bald erhebt sie sich jedoch,
um mit veränderter Stimme zu sprechen und sich nach einer Fahrt mit einem
Taxi, das vor ihrer Haustür gewartet hatte, vor dem Rigshospitalet
wiederzufinden.
## Ein bizarrer Schrecken
Sie muss herausfinden, welches Schicksal die Figuren Sigrid Drusse und
„Brüderchen“ erlitten haben. So viel sei verraten: Das Brüderchen hatte,
wie aus den gelegentlich zitierten Szenen früherer Folgen zu erkennen ist,
schon früher zu wachsen begonnen, und auch in der wohl abschließenden
Staffel wird er mehr.
Der Schrecken, der Karen in der Klinik erwartet, ist dabei zuverlässig mit
Lars von Triers verschrobenem Humor durchwachsen. So gibt es wieder einen
aus Schweden zur Belegschaft hinzugekommenen Arzt, der sich ausgiebig über
die Eigenheiten der von ihm wenig geschätzten Dänen auslässt. Und sogar der
eigentliche Schrecken ist eher bizarr als angsteinflößend.
Die Moderne, für die das Krankenhaus steht, ist auf schwankendem
historischen Grund gebaut, so eine der Lehren, die „Riget: Exodus“ für
einen bereithält. Im Übrigen lässt von Trier keine Gelegenheit aus, gegen
die Schweden auszuteilen, die er als anfällig für rechte Neigungen
zeichnet. Dazu gibt es beim medizinischen Personal Schrullen in allen
erdenklichen Formen wie den Chefarzt, der sich immer neue Finten einfallen
lässt, um einer Patientin aus dem Weg zu gehen.
Was das alles soll? Bei Lars von Trier gibt es mitunter ja viel zu rätseln.
Auch einiges an Ärger kann er einem bereiten. Sein letzter [1][Spielfilm
„The House That Jack Built“ (2017)] war in seinem Versuch, Splatter und
Installationskunst und überhaupt Kunsttheorie zu kombinieren, ein zähes
Unterfangen. Auch sein von Geistern heimgesuchtes Krankenhaus erinnert oft
an ein skulpturales Gebilde, in dem sich auch lebende Organismen
breitgemacht haben.
Bei „Riget: Exodus“ folgt man seinen Figuren dennoch ohne größere
Widerstände, allen voran seiner Heldin Karen, ungeachtet der fünf Stunden
Länge. Ein unerwarteter früher Höhepunkt, im besten Sinn unterhaltsam.
4 Sep 2022
## LINKS
[1] /Von-Triers-The-House-That-Jack-Built/!5551420
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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Venedig
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Schwerpunkt Filmfestspiele Venedig
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