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# taz.de -- Nachtzüge nach Italien: Tetris auf Gleisen
> Auf der Reise von München nach Rom kuppelt die Bahn viel, um Loks zu
> sparen. Das geht zulasten des Schlafs und der Anschlusszüge.
Bild: Ein Nightjet-Zug der ÖBB auf dem Weg durch Österreich
München/Mailand taz | Zwischen Deutschland und Italien liegt Österreich.
Ziemlich praktisch für die Italienreise per [1][Zug]: Denn die
Österreichischen Bundesbahnen, kurz ÖBB, haben den [2][Nightjet]. Die
angefahrenen Bahnhöfe befinden sich auch außerhalb der Landesgrenzen und so
können Passagiere in München ein- und 13 Stunden später in Rom wieder
aussteigen. Dabei sind sie leider nicht ganz ausgeschlafen.
Denn mitten in der Nacht, mitten auf der Strecke wird mit Zügen Tetris
gespielt: In Villach wird der Zug von München geteilt. Eine Hälfte fährt
nach Rom, die andere nach Mailand. In der siebtgrößten Stadt Österreichs
kommt außerdem der Zug aus Wien an, bei dem auch eine Hälfte nach Rom und
die andere nach Mailand fährt. Die jeweiligen Zugteile mit dem gleichen
Ziel werden zusammengefügt und fahren gemeinsam weiter. So braucht es für
vier Zugfahrten nur zwei Loks. So werden zwei Loks und zwei
Lokführer:innen eingespart, aber leider zum Nachteil der schlafenden
Reisenden. Denn die werden wortwörtlich aus dem Schlaf gerüttelt.
Aber der ist eh nicht unbedingt der beste. Denn je nachdem, wo man schläft,
teilt man sich das Abteil mit bis zu fünf anderen Passagieren. Zum Beispiel
im preiswertesten Abteil, im Sitzwagen, ist es bei ausgebuchten Fahrten
nicht möglich, wie sonst zwei gegenüberliegende Sitze zusammen zu einem
Bett zu schieben und eine selbstgebaute Liege zum Schlafen zu haben. Zwar
können so zwei Menschen einigermaßen gut nebeneinander liegen, wenn man die
Hüften richtig ausrichtet, jedoch ist das dann doch eher eine
Schlafposition, die man seltener mit Fremden einnehmen will.
Der Preis ist dafür unschlagbar: Bei ein paar Wochen Vorausplanung kosten
die 13 Stunden Fahrt 49,90 Euro in der sogenannten „Sparschiene“, spontan
kosten die Sitzwagentickets um die 89 Euro. Wer sich unbedingt hinlegen
will, kann in den Liegewagen umsteigen. Hier kostet die Hinfahrt etwa 119
Euro, manchmal auch 20 Euro weniger.
## Nougatwaffeln knabbern mit Blick auf die Alpen
Dann ist da noch die Gepäckfrage. Wenn alle sechs Liegen, jeweils drei
untereinander, belegt sind, ist kaum Platz für dicke Koffer und Taschen. In
dem Abteil befindet sich hinter den Kopfenden der obersten Liegen eine
Ablage. In diese passen drei Koffer. Auf dem Boden ist allerdings nur wenig
Platz für Gepäck, denn unter die Liegen passen nur schmale Taschen.
Ausbeulende Stoffkoffer müssen im Gang zwischen den Liegen stehen bleiben.
Jedoch kann die Gepäcksituation sofort als Gesprächsaufhänger genutzt
werden und die sechs Gäste können bis zur Nachtruhe gemeinsam auf den
untersten Liegen sitzen, lachen und grübeln. Etwas komfortabler, dafür
nicht ganz so gesellig ist der Schlafwagen. Hier können bis zu drei
Personen in einem Abteil schlafen, aber auch Einzelplätze sind buchbar. Das
Ticket von München nach Rom kostet hier etwa 159 Euro, wenn noch Plätze
verfügbar sind. Denn die wenigen vorhanden sind schnell ausgebucht.
Wenn die Nacht überstanden ist, kommen die Züge in Italien meistens
pünktlich um 8.10 Uhr in Mailand oder 9.10 Uhr in Rom an. Auf der Rückfahrt
nach Deutschland geht das Tetrisspiel in Villach dagegen oft nicht auf.
„Wir waren pünktlich in Villach, aber der Zugteil aus Rom nicht“, erklärt
ein Schaffner den Passagier:innen. Es ist 8.30 Uhr und München sollte in 50
Minuten erreicht werden, jedoch ist der Zug noch nicht in Bayern.
Der Anschlusszug um 9.55 Uhr nach Berlin wird nicht erreicht. Der Schaffner
verteilt österreichische Nougatwaffeln. Der ICE um 10.55 Uhr wird auch
verpasst werden. Die unausgeschlafenen Gäste dürfen noch eine Handvoll
Waffeln nehmen und knabbern grummelnd mit dem Blick auf die Alpen.
26 Aug 2022
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## AUTOREN
Anne Frieda Müller
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