# taz.de -- taz-Serie Nachtzugkritik: Eine Nacht mit Überraschungen | |
> Auf der Strecke von Berlin nach Basel gibt es unsanft wackelnde Betten | |
> sowie laute Zwischentüren, die alle Gespräche durchlassen. | |
Bild: Schlafend ans Ziel im Nachtzug | |
BERLIN taz | Die erste Überraschung kommt gut zwei Stunden vor Abfahrt des | |
Zuges. Das Buchungssystem der Deutschen Bahn zeigt an, dass der Nachtzug | |
mit zwei Stunden Verspätung in Basel ankommen soll. Baustellen, Umleitung, | |
das Übliche. Zwei Stunden, das wären 41 Minuten zu viel. Eine Stunde und 19 | |
Minuten Umsteigezeit haben wir, kommt der Nachtzug zu spät, ist der | |
Anschluss weg und auch der nächste – das Übliche eben. | |
In Berlin startet der Zug jedenfalls pünktlich. Ein Sprachenmischmasch aus | |
Deutsch-Französisch-Japanisch begleitet die Suche nach den Abteilen, und | |
als alle Menschen undGepäckstücke einigermaßen verstaut sind und der | |
Zugbegleiter seine Runde macht, hört er sich die Anschlussproblematik | |
geduldig an. Er nickt verständnisvoll, dann malt er ein Ausrufezeichen | |
hinter die Nummer unseres Abteils und verspricht, Informationen über die | |
Ankunftszeit weiterzugeben, sobald er sie hat. | |
Kurz vor Mitternacht. Ein Mann vom Personal telefoniert anscheinend mit der | |
Leitstelle, um Genaueres über die Umleitungen herauszukriegen. Doch die | |
weiß auch noch nichts. Kurz darauf hält der Zug in Leipzig. Zehn Minuten | |
Verspätung. Fängt gut an. | |
Die zweite Überraschung kommt gegen halb eins, zur Schlafenszeit. Denn die | |
Bahn hat, zumindest in dem Nachtzugtyp, mit dem wir heute unterwegs sind, | |
zwischen den Abteilen Verbindungstüren verbaut. Das ist super für alle, die | |
keine Lust haben, zu ihren Nachbarn den Umweg über den Gang zu nehmen. Und | |
super für alle, die gerne die nächtlichen Konversationen der Nachbarn – von | |
der Gute-Nacht-Geschichte fürs Kind über Privates und Intimes bis hin zu | |
der existenziellen Frage, ob Android oder iOS – mitbekommen wollen. | |
## Kurz, aber unruhig | |
Für alle anderen ist vor allem die mit den Verbindungstüren verbundene | |
Zunahme der Lautstärke im Abteil eher nachteilig. Zum Glück kann ein | |
höfliches Gespräch an der Tür (am Gang) das Problem lösen. Keine | |
Apple-Probleme mehr. | |
Die Nacht ist kurz, aber unruhig. Entweder liegt es an der Strecke oder an | |
den Zügen, aber der Ruckelfaktor ist extrem hoch. Die Berlin-Paris-Strecke | |
in den Zügen der russischen Staatsbahn etwa ist da deutlich sanfter, auch | |
die ehemalige Paris-Barcelona von SNCF und Renfe. | |
Macht aber nichts, denn um sechs Uhr morgens ist sie eh wieder vorbei: Das | |
allgemeine Wecken über den Zuglautsprecher holt auch die aus den Betten, | |
die bislang geschlafen hatten, und verursacht den obligatorischen Run auf | |
die Waschräume. Mehr als eine halbe Stunde später zieht draußen Freiburg | |
vorbei, eine gefühlte Ewigkeit also noch, bis wir aussteigen. Doch weit | |
gefehlt, Überraschung drei: Unser Zug hält um 7.25 Uhr in Basel. | |
Fünf Minuten Verspätung – für einen Nachtzug sensationell. Es war das | |
Ausrufezeichen. Ganz bestimmt. | |
4 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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