# taz.de -- Zweckentfremdung von Wohnraum: Wohnungen zurückgeholt | |
> 20.000 einst zweckentfremdete Wohnungen, davon 6.500 Ferienappartements | |
> sind wieder Mietwohnungen. Bei Leerstand greift das Gesetz kaum. | |
Bild: Wohnen kann man das nicht nennen | |
BERLIN taz | Gegen [1][zweckentfremdete Wohnungen], die nicht als solche | |
genutzt werden, wurden seit Inkrafttreten des Berliner | |
Zweckentfremdungsverbotsgesetzes 2014 bis Ende Juni dieses Jahres insgesamt | |
38.545 Verfahren eröffnet. Dabei konnten 20.468 Wohnungen dem regulären | |
Mietwohnungsmarkt zurückgeführt werden. | |
Das geht aus einer noch unveröffentlichten Anfrage des Linken-Abgeordneten | |
Niklas Schenker hervor, die der taz exklusiv vorliegt. Für Schenker ein | |
Zeichen, dass „das Zweckentfremdungsverbot wirkt“. Er sagt: „In Zeiten der | |
Wohnungsnot ist es alles andere als ein Kavaliersdelikt, eine Wohnung zu | |
anderen Zwecken als zum Wohnen zu nutzen.“ | |
Die meisten Wohnungen zurückgewonnen wurden demnach mit fast 4.000 in | |
Tempelhof-Schöneberg, dicht gefolgt von Friedrichshain-Kreuzberg. Dass die | |
Innenstadtbezirke die Nase vorn haben, liegt auch daran, dass dort die | |
Anzahl an Ferienwohnungen am größten ist. | |
Berlinweit konnten bislang, trotz aller Schwierigkeiten bei der | |
[2][Ermittlung illegaler Ferienappartements] und der Verweigerungshaltung | |
von Airbnb, Daten herauszurücken, 6.485 ehemalige Ferien- wieder in | |
Mietwohnungen umgewandelt werden. Angesichts eines geschätzten dauerhaften | |
Angebots von 20.000 Ferienwohnungen eine übersichtliche Zahl. | |
Legal dürfen Ferienwohnungen seit einer Gesetzesverschärfung 2018 nur | |
betreiben werden, wenn dies das Bezirksamt ausdrücklich genehmigt und eine | |
Registriernummer vergibt. 2.944-mal ist das geschehen. Die Mehrheit der | |
Ferienwohnungen wird demnach weiterhin illegal vermietet; bei einem | |
Nachweis drohen den Anbietern hohe Strafen. | |
## Nur ein Drittel der Strafen eingetrieben | |
Auch die Summe der Strafgelder, die insgesamt für die Zweckentfremdung von | |
Wohnraum verhängt wurden, hat Schenker abgefragt. So wurden in den | |
vergangenen Jahren insgesamt 7,4 Millionen Euro an Bußgeldern verhängt, | |
fast die Hälfte davon in Friedrichshain-Kreuzberg. Tatsächlich eingetrieben | |
wurden bislang allerdings nur Strafen in Höhe von 2,2 Millionen Euro. | |
Wenig durchschlagskräftig ist das Gesetz bei der Bekämpfung von | |
[3][illegalem Leerstand], der bereits ab drei Monaten beginnt. Hier gelang | |
es über den gesamten Zeitraum lediglich bei 757 Wohnungen, diesen zu | |
beenden. Ernüchternd ist auch die Bilanz beim Abriss von Wohnraum. Für etwa | |
2.200 Wohnungen wurden Abrissanträge positiv beschieden. | |
Vermieter:innen versuchen dafür mit, so Schenker, oft zweifelhaften | |
Gutachten nachzuweisen, dass eine Sanierung teurer wäre als zehn | |
Jahresmieten. Wird das akzeptiert, müssen sie nicht einmal Ersatzwohnraum | |
schaffen. | |
Schenker hofft daher auf eine weitere Schärfung des Gesetzes: „Wie im | |
Koalitionsvertrag verabredet, wollen wir das Zweckentfremdungsverbot weiter | |
anpassen und es zu einem Wohnraumschutzgesetz erweitern.“ Bezirke sollen in | |
die Lage versetzt werden, „noch konsequenter“gegen illegale Nutzungen und | |
Leerstand vorzugehen. | |
18 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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