# taz.de -- Hitzehilfe für Obdachlose in Berlin: Nicht mehr als der berühmte … | |
> Menschen ohne Wohnung sind der Hitze ausgeliefert. Wir alle können mit | |
> Aufmerksamkeit Not lindern – aber wirklich helfen werden nur mehr | |
> Wohnungen. | |
Bild: Obdachlose leiden nicht nur unter Kälte, sondern auch unter Hitze: Die A… | |
Die Klimakrise mit ihren vermehrten Hitzewellen zeigt auf brutale Art, wie | |
bedrohlich die Sommersonne sein kann – besonders für diejenigen, die nicht | |
jederzeit Schutz in einer eigenen Wohnung suchen können. Deshalb ist es | |
gut, dass der Berliner Senat diese Woche [1][eine Unterkunft als | |
„Hitzehilfe“ eröffnet hat]. | |
Rund 45 obdachlose Menschen können in Schöneberg tagsüber die Normalität | |
erleben, die für alle mit eigener Wohnung selbstverständlich ist: Duschen, | |
Wäsche waschen, kühlende Getränke trinken oder sich für ein paar Stunden in | |
einem Bett ausstrecken und ausruhen. | |
Die Politik will mit der Unterkunft die Härten von Obdachlosigkeit im | |
Sommer lindern – und dabei auch Erfahrungen sammeln zu der Frage, was | |
Obdachlose im Sommer brauchen. Dass die Politik dies nun angeht, ist | |
überfällig. Denn Hitzewellen sind nicht erst seit diesem Sommer ein | |
Problem. Und dass der Senat in einem Modellprojekt nun mehr über die | |
Bedarfe herausfinden will, ist zwar löblich, wirkt aber fast etwas simpel. | |
Denn Erfahrungen hat die Stadt ja [2][bereits mit den 24/7-Unterkünften] | |
gesammelt, und das Wissen darum, was bei Obdachlosigkeit kurzfristig hilft, | |
ist längst da. Das zeigt auch der Erfolg der Hitzehilfe, die vom ersten Tag | |
an sehr gut besucht war. Mit der einen Unterkunft erreicht das Land | |
allerdings nur einen Bruchteil jener Menschen, die in Berlin auf der Straße | |
leben. | |
Weiter reicht das Geld wohl auch gar nicht: Im Haushalt sei kein Posten für | |
Hitzehilfe vorgesehen; die Unterkunft könne sie nur über Mittel für den | |
Masterplan gegen Obdachlosigkeit finanzieren, erklärte Berlins | |
Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) zur Eröffnung der Unterkunft. Es sei | |
auch nicht möglich, die Kältehilfe mit all ihren gewachsenen und | |
ehrenamtlichen Strukturen eins zu eins auf die Sommermonate zu übertragen. | |
Das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass die Maßnahmen der Hitzehilfe | |
so wie auch die Kältehilfe nur Symptome lindern und wenig an den Strukturen | |
rütteln. Zwar erleichtern Angebote wie die Hitzehilfe Kontakte zu | |
obdachlosen Menschen und helfen dabei, die Schwelle in andere Hilfesysteme | |
zu überwinden. Doch die Maßnahme, die wirklich strukturell etwas an | |
Obdachlosigkeit ändert, ist Housing First: der [3][bedingungslose Zugang zu | |
einer eigenen Wohnung]. | |
## Auch Kipping muss Wohnungen erkämpfen | |
Hier muss Kipping noch mehr Druck machen – um den Vermietern Wohnungen | |
abzutrotzen und um die bereits erstrittenen Wohnungen in der | |
Habersaathstraße zu verteidigen. Die Hitzehilfe wäre ein guter Anlass | |
gewesen, dies noch mal zu betonen. Denn mit der Unterkunft will die | |
Sozialsenatorin auch die Stadtgesellschaft dafür sensibilisieren, dass | |
nicht nur Kälte gefährlich sein kann. Alle seien gefragt, auf Mitmenschen | |
zu achten und sie gegebenenfalls anzusprechen, sagt Kipping. | |
Auch das ist richtig und wichtig. Wer denkt, dass jemand Hilfe braucht, | |
kann Wasser anbieten oder die Hotline der Hitzehilfe unter 0157 8059 7870 | |
benachrichtigen. Doch auch das fällt in den Bereich der Linderung. | |
Langfristig werden nur Wohnungen helfen. Darauf sollte Kipping die | |
Stadtgesellschaft ebenfalls vorbereiten. Denn eine Wasserflasche ist | |
schnell gereicht – aber Wohnungen gerechter zu verteilen, verlangt noch mal | |
eine ganz andere Art von Solidarität. | |
23 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
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