# taz.de -- Klima-Protestcamp in Hamburg: Essen, Trinken, Zelten verboten | |
> Die Hamburger Polizei hat ein Protestcamp von Klimaaktivist*innen | |
> faktisch untersagt. Dabei sind diese von der Versammlungsfreiheit | |
> geschützt. | |
Bild: Die Hamburger Polizei verbietet ein Protestcamp? Das kennt man schon vom … | |
HAMBURG taz | Ein für kommende Woche geplantes Protestcamp von | |
Klimaaktivist*innen ist von der Hamburger Polizei faktisch untersagt. | |
Das [1][„System Change Camp“] soll vom 9. bis 15. August stattfinden, um | |
gegen die Klimakrise und das aus Sicht der Aktivist*innen dafür | |
verantwortliche kapitalistische Wirtschaftssystem zu protestieren. Doch | |
sperrt sich die der Polizei angegliederte Versammlungsbehörde gegen das | |
Vorhaben, das Camp im Hamburger Stadtpark stattfinden zu lassen. Nun | |
versuchen die Aktivist*innen in einem Eilverfahren vor dem | |
Verwaltungsgericht, gegen die Entscheidung vorzugehen. „Das Camp ist nach | |
wie vor geplant“, sagt Charly Dietz, Sprecherin des Camp-Bündnisses. | |
Organisiert wird das Camp von mehr als 30 Bündnispartner*innen, unter | |
anderem die Klima- und Umweltgruppen „Ende Gelände“, „Extinction Rebelli… | |
und die Jugendorganisation des BUND. Neben klimapolitischen Gruppen rufen | |
mittel- und südamerikanische Aktivist*innen sowie antimilitaristische | |
Gruppen zur Teilnahme auf. Auch die linksradikalen Bündnisse „Ums Ganze!“ | |
und die „Interventionistische Linke“ sind dabei. „Auf dem ‚System Change | |
Camp‘ wollen wir unterschiedliche Perspektiven und Kämpfe zusammenführen, | |
um voneinander und miteinander zu lernen. Nur so schaffen wir ein Klima der | |
Gerechtigkeit und Solidarität.“, sagt Dietz. | |
Neben Workshops im Camp sind verschiedene Aktionen in Hamburg geplant. Als | |
Auftakt soll am kommenden Mittwoch eine Demonstration stattfinden. | |
Darüber hinaus soll es weitere Aktionen in und um Hamburg geben. Das | |
Bündnis ‚Ums Ganze!‘ ruft „zum kollektiven Widerstand in Form der | |
gezielten Unterbrechung von Lieferketten im Hamburger Hafen“ auf. Ziel sei | |
es auch, an mehreren Hamburger Orten ein Zeichen gegen die Ausbeutung der | |
Natur und die „neokoloniale Ausbeutung“ zu setzen, sagt Dietz. | |
Die anreisenden Aktivist*innen sollten im Camp in Zelten übernachten | |
können und mit Essen und Wasser versorgt werden. Die Versammlungsbehörde | |
hatte jedoch am vergangenen Freitag entschieden, das Camp nach Altona zu | |
verlegen. Das bedeutet eine Verkleinerung der Fläche um die Hälfte. Zudem | |
dürfen die Aktivist*innen nicht in Zelten übernachten und die | |
Organisator*innen weder Essen noch Trinkwasser bereitstellen. „Die | |
Leute müssen schlafen und essen“, sagt Dietz. „Wir können nicht erwarten, | |
dass alle sich ein Hostel buchen.“ Die Veranstalter*innen erwarten bis | |
zu 6.000 Aktivist*innen. | |
## Protestcamps fallen unter die Versammlungsfreiheit | |
„Es war nicht abzusehen, dass die Einschränkung des Camps so drastisch | |
ausfallen würde“, sagt die Sprecherin. Überraschend käme die Entscheidung | |
für die Aktivist*innen vor allem deshalb, weil das | |
Bundesverwaltungsgericht erst im Mai in einem Grundsatzurteil festgestellt | |
hatte, dass [2][Protestcamps unter die Versammlungsfreiheit fallen], sagt | |
Dietz. | |
Die Polizei gibt an, dass die Wahl des alternativen, kleineren Standorts | |
des Camps und die Einschränkungen der Infrastruktur auf Basis von | |
„Grundrechtsabwägungen mit anderen Gütern“ geschehen sei. Das Urteil des | |
Bundesverwaltungsgerichts ist laut Polizei Hamburg „jedenfalls nicht | |
vollumfänglich auf den vorliegenden Einzelfall übertragbar“. | |
Das Hamburger Verwaltungsgericht war jedoch bereits Anfang Mai zu einem | |
ähnlichen Urteil gelangt wie das Bundesverwaltungsgericht: Die polizeiliche | |
Blockade und anschließende Räumung des Protestcamps, das während des | |
[3][G20-Gipfels 2017] auf der Elbinsel Entenwerder stattfinden sollte, war | |
rechtswidrig. | |
Damals hatte sich die Polizei mit der Räumung des Camps explizit gegen | |
einen Entschluss des Hamburger Verwaltungsgerichts gestellt. Dieses hatte | |
zuvor entschieden, das Protestcamp dürfe vorläufig aufgebaut werden. | |
Camp-Anwalt Martin Klinger sprach damals von einem „Putsch der Polizei | |
gegen die Justiz“, wie die taz berichtete. „Es ist bezeichnend, dass das | |
schon wieder in Hamburg passiert und versucht wird, ein ähnliches Verbot | |
durchzudrücken“, sagt auch Camp-Sprecherin Dietz. | |
Die Hamburger Linkspartei zeigt sich über die Entscheidung der | |
Versammlungsbehörde empört. Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der | |
linken Bürgerschaftsfraktion, kritisiert die polizeiliche Ignoranz der | |
Gerichtsurteile: „Uns allen ist die rechtswidrige Verweigerung des Camps in | |
Entenwerder während des G20-Gipfels noch in schmerzlicher Erinnerung. Es | |
ist unglaublich, dass weder die Polizei noch der Innensenator Andy Grote | |
daraus etwas gelernt haben und weiterhin auf eine autoritäre Verbotspolitik | |
setzen.“ Wann mit einer Entscheidung im Eilverfahren zu rechnen ist, ist | |
unklar. | |
3 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/SystemChange_C | |
[2] /Verbot-von-G20-Protestcamp-rechtswidrig/!5847763 | |
[3] /Schwerpunkt-G20-in-Hamburg/!t5417647 | |
## AUTOREN | |
Josephine von der Haar | |
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