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# taz.de -- Einblick in die Enteignungskommission: Trotzki contra Geisel
> Die Expertenkommission zur Enteignung hat nun eine Website. Dem
> revolutionären Charakter wird sie nicht gerecht, doch die Protokolle sind
> interessant.
Bild: Leo Trotzki im Gespräch mit Enteignungsfreunden
Berlin taz | Wenn Wohnen immer teurer wird, auch weil private Konzerne
immer mehr Profit aus Mieten schöpfen wollen, dann müssen ihre
Wohnungsbestände eben in Gemeineigentum überführt werden. Die vor Jahren in
einem kleinen Kreis geborene Idee war so kühn wie elektrisierend, ja
angesichts einer auf Eigentumstiteln aufgebauten Gesellschaft
revolutionär. Bis zum finalen Enteignungs-Volksentscheid hielt sie die
Stadt in Atem; lila-gelb waren die Farben, die eine bessere Zukunft
versprachen.
Daran, dass der Weg in dieses Paradies aus Selbstverwaltung, Bezahlbarkeit
und Sicherheit dann sehr bürokratisch grau werden würde, dachten nur die
wenigsten. Statt der revolutionären Tat stand nach der gewonnen Abstimmung
die [1][Einrichtung einer Kommission] – mit Geschäftsstelle,
Geschäftsordnung, Protokollen. Leo Trotzki hätte das wohl zum Anlass für
einen Text über die von der Bürokratie verratene Revolution genommen.
Wie sehr der Auftrag des Volkes tatsächlich verraten wird, kann die
Öffentlichkeit nun immerhin nachspüren. Seit Freitag hat die
„Expertenkommission zum Volksentscheid ‚Vergesellschaftung großer
Wohnungsunternehmen‘“ nun ihre eigene [2][Website] – drei Monate nach der
ersten Sitzung und nur zwei Monate später als im ersten Sitzungsprotokoll –
„im Laufe des Mai“ – versprochen.
Dass der Weg von der Abstimmung bis zur Umsetzung ein weiter ist, zeigt ein
weiteres Detail: Das 13-köpfige Gremium hatte in aller Bescheidenheit
seiner elf Professorentitel beschlossen, sich nur noch „Kommission“ zu
nennen, ganz ohne „Experten“. Auf der Website ist der Begriff dagegen
weiterhin präsent.
## Geisels Privatmeinung
Im schlichten, ihrem Auftrag geradezu unangemessenen Behördendesign bietet
die Seite neben Protokollen und weiteren Unterlagen, etwa den Vorträgen aus
der im Juni durchgeführten [3][Anhörung zum Wohnungsmarkt] und der lange
umstrittenen Geschäftsordnung auch die geplanten Sitzungstermine bis Ende
April 2023 – der nächste am 22./23. August.
Dass zumindest die Sozialdemokratie die bürokratische Struktur als
Revolutionsverhinderer begreift, geht aus dem ersten Protokoll hervor.
Entgegen dem Auftrag an die Kommission, Umsetzungswege zu suchen, gab
SPD-Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel den Mitgliedern seine
ablehnende Haltung mit auf den Weg: Demnach müsse der „Diskurs über die
Sinnhaftigkeit einer Vergesellschaftung geführt werden, denn das Problem
der Wohnungsknappheit sei mit einer Vergesellschaftung wohl nicht adäquat
beantwortet, auch sei das Mietniveau im europäischen Vergleich nicht
exorbitant hoch“. Vielleicht muss Trotzki doch nochmal was schreiben.
26 Jul 2022
## LINKS
[1] /Enteignungs-Kommission-in-Berlin/!5852189
[2] https://www.berlin.de/kommission-vergesellschaftung/
[3] /Enteignungskommission-hoert-Expertinnen/!5856870
## AUTOREN
Erik Peter
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Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
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Enteignungskommission
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
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