# taz.de -- Klimaneutraler Seeverkehr: Akku-Schiffe lohnen sich | |
> Für Entfernungen bis 1.000 Kilometer sind batteriebetriebene | |
> Containerschiffe konkurrenzfähig. Und es gibt noch mehr Potenzial. | |
Bild: Noch sind die meisten Frachtschiffe mit Diesel betrieben. Doch das könnt… | |
Basel taz | Schiffe sind groß und dreckig. Letzteres ließe sich bei vielen | |
Schiffen ändern. Für Strecken bis 1.000 Kilometer sind batteriebetriebene | |
Schiffe schon heute konkurrenzfähig und in der EU demnächst bis 3.000 | |
Kilometer. Damit wäre ein großer Teil des Handels in Europa abgedeckt. | |
Die Schifffahrt ist für 2,5 Prozent der globalen CO2-Emissionen | |
verantwortlich und gilt als Sektor, der nur schwer Netto-null-Emissionen | |
erreichen kann. Das liegt auch daran, dass Batterien zu wenig | |
Aufmerksamkeit geschenkt wurde: „Die direkte Elektrifizierung von | |
Seeschiffen wurde als emissionsarme Option bisher nur unzureichend | |
erforscht, obwohl sie einen erheblichen Effizienzvorteil gegenüber | |
synthetischen Kraftstoffen bietet“, schreibt eine neue Studie von Jessica | |
Kersey von der University of California und anderen. Daher haben die | |
Autoren die Folgen einer batteriebasierten Energieversorgung von acht | |
Containerschiffsgrößen angeschaut – von Schiffen für 1.000 Container bis zu | |
Schiffen für 18.000 Container. | |
Bei Schiffen ist das Volumen der Batterien der wichtigste Faktor, denn | |
dadurch geht Platz für Container verloren. Für eine Strecke von 20.000 | |
Kilometern müsste rund ein Drittel der Frachtkapazität geopfert werden. Der | |
zweite Faktor ist das Gewicht. Mit sehr großen und schweren Batterien | |
liegen Schiffe tiefer im Wasser und verbrauchen mehr Energie. Für eine | |
5.000 Kilometer lange Reise, bräuchte ein Schiff der Neo-Panamax-Klasse für | |
7.650 Container eine 20.000 Tonnen schwere Batterie und würde daher einen | |
Meter tiefer im Wasser liegen. Mit 5 Gigawattstunden Strom wäre dies dann | |
aktuell die weltgrößte Batterie. | |
Bei kürzeren Strecken und damit kleineren Batterien sieht die Situation | |
aber anders aus: Wenn man wieder ein Schiff der Neo-Panamax Klasse | |
betrachtet, zeigt sich, dass diese auf Strecken bis gut 1.000 Kilometer | |
schon heute billiger mit Batteriestrom als mit Schiffsdiesel betrieben | |
werden können, selbst wenn die Vorteile für die Umwelt unberücksichtigt | |
bleiben. | |
## Auch Ladezeit ist kein Hindernis | |
In der EU dürfte dieser Wert zudem demnächst deutlich steigen, denn die | |
Emissionen der Schifffahrt sollen in das EU-Emissionshandelssystem | |
aufgenommen werden. Dort kostet ein CO2-Zertifikat aktuell 82 Euro pro | |
Tonne. Damit werden Elektroschiffe auf Strecken bis zu rund 3.000 Kilometer | |
billiger sein. So ließe sich ein großer Teil des aktuellen Schiffsverkehrs | |
abdecken: 40 Prozent aller Container werden interregional, also innerhalb | |
Europas, oder Ostasiens verschifft. Das liegt nicht zuletzt am Gigantismus | |
in der Schifffahrt: Erst werden Container mit riesigen Schiffen über den | |
Atlantik oder Pazifik transportiert und dann auf kleinere Schiffe | |
umgeladen. | |
Auch die Ladezeit ist kein Hindernis: Kleinere Schiffe liegen im Schnitt 31 | |
Stunden vor oder in einem Hafen, um entladen und wiederbeladen zu werden. | |
Wenn man diese mit einem Ladegerät von 220 Megawatt während dieser Zeit | |
lädt, verlieren sie dadurch keine Zeit. (Zum Vergleich: Eine neue | |
Haushaltssteckdose hat eine Kapazität von 2,3 Kilowatt, also rund | |
100.000-mal weniger.) | |
## Immer mehr Reedereien experimentieren mit Elektroschiffen | |
Auch bei größeren Schiffen ist die Ladezeit kein Thema, denn diese brauchen | |
länger, um ent- und beladen zu werden. Ein Containerriese mit 18.000 | |
Containern liegt fast vier Tage im Hafen. Denkbar wäre zudem der Bau von | |
Offshore-Ladegeräten etwa vor dem Suez- und Panamakanal. Dort warten | |
Schiffe oft mehrere Tage, bis ihnen die Durchfahrt erlaubt wird. Zudem | |
ließen sich die Offshore-Ladestationen mit Offshore-Windparks kombinieren. | |
Mittlerweile experimentieren immer mehr Reedereien mit Elektroschiffen: In | |
Dänemark gibt es eine batteriebetriebene Autofähre, [1][in Norwegen] ein | |
Frachtschiff für 120 Container und in Schweden [2][die beiden größten | |
Batterieschiffe der Welt]: Dort wurden zwei Autofähren von 238 Meter Länge | |
nachträglich mit einem Elektromotor ausgestattet. | |
Und auch in der Binnenschifffahrt könnten Elektroschiffe zum Zug kommen: In | |
den Niederlanden baut ein Konsortium entlang der Flüsse ein Netz von | |
Stationen mit Wechselbatterien auf. Mit zwei davon kann man Strecken von 60 | |
bis 120 Kilometer zurücklegen. Und wenn das Schiff dann wieder in einem | |
Hafen liegt, werden die Batterien ausgetauscht – eigentlich ganz einfach. | |
24 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.nordicmarketing.de/blog/umstellung-auf-batteriebetriebene-fahre… | |
[2] https://power-to-x.de/stena-line-plant-den-einsatz-von-zwei-fossilfrei-ange… | |
## AUTOREN | |
Christoph Müller | |
## TAGS | |
Containerschifffahrt | |
Logistik | |
Batterie | |
Wassermangel | |
Verkehrswende | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
China | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sinkende Pegel am Panamakanal: Er sinkt bedrohlich | |
Eine monatelange Dürre gefährdet eine der wichtigsten Wasserstraßen für den | |
Welthandel. Der Pegelstand im Panamakanal ist stark gesunken. | |
Umweltfreundlicher Verkehr: Binnenschiffe sind nicht die Lösung | |
Gütertransport auf Flüssen und Kanälen entlastet die Straßen und ist | |
klimafreundlicher als LKW-Verkehr. Die Schiffe stoßen aber viel Schadstoff | |
aus. | |
Schifffahrt ohne Diesel: Nachhaltig in die Zukunft | |
An der Weser hat man das erste Seeschiff weltweit mit umweltfreundlichem | |
Methanol-Antrieb gebaut. Diese Woche wurde der Forschungskutter getauft. | |
Seen in der Klimakrise: Wirbel unter Wasser | |
Der Klimawandel verändert Seen und Flüsse. Lange war das bei den | |
Klimaverhandlungen kein Thema. Höchste Zeit, unter die Wasseroberfläche zu | |
schauen. | |
Schifffahrtkrise wegen Ukrainekrieg: Kriegsfolgen auf hoher See | |
Viele der 1,9 Millionen Seeleute weltweit sind Ukrainer oder Russen – der | |
Krieg stürzt sie in eine Krise. Vor allem die Frachtschifffahrt leidet. | |
Chinas Coronastrategie: Stillstand in Shanghai | |
Die chinesischen Lockdowns bremsen die Weltwirtschaft enorm. Peking wird | |
wohl dennoch bei der Null-Covid-Politik bleiben. |