| # taz.de -- Chinas Coronastrategie: Stillstand in Shanghai | |
| > Die chinesischen Lockdowns bremsen die Weltwirtschaft enorm. Peking wird | |
| > wohl dennoch bei der Null-Covid-Politik bleiben. | |
| Bild: Im Hafen von Shanghai stauen stauen sich mit den Schiffen auch die Contai… | |
| Peking taz | Wer die Auswirkungen des weltweit größten Lockdowns begreifen | |
| möchte, sollte sich einmal die Karte der internationalen Schifffahrt | |
| anschauen: Vor der chinesischen Ostküste hat sich dieser Tage ein Stau an | |
| Containerfrachtern angesammelt, der aus der Vogelperspektive wie eine | |
| riesige Ameisenkolonie aussieht. Über 300 Schiffe stecken in den Gewässern | |
| rund um Shanghai fest, da sie ihre Waren nicht abladen können. Wenn man die | |
| benachbarten Häfen von Tianjin bis Ningbo noch mit einberechnet, stauen | |
| sich derzeit gar über 450 Frachter. Die schiere Dimension übersteigt sogar | |
| die chinesischen Lockdown-Schockwellen vom letzten Jahr deutlich. | |
| Verwundern sollte die Ausnahmesituation jedoch nicht. Denn [1][seit Ende | |
| März steht bereits Chinas wichtigste Wirtschaftsmetropole de facto still]. | |
| Die meisten der über 25 Millionen Einwohner sind in ihre Wohnungen | |
| eingesperrt, die Geschäfte geschlossen, die Straßen gespenstisch leer. Auch | |
| die Produktion in den meisten Werken liegt brach – es sei denn, die | |
| Unternehmen können den rigiden Maßnahmen entsprechen. Diese sehen unter | |
| anderem vor, dass die Fabrikarbeiter über Wochen hinweg die | |
| Unternehmensräumlichkeit nicht mehr verlassen dürfen, auch nicht zum | |
| Schlafen. | |
| Zumindest der Hafen, das haben die Behörden stets mit großem Stolz betont, | |
| würde unter keinen Umständen stillgelegt. [2][Schließlich ist Shanghai der | |
| weltweit größte Umschlagplatz für Waren], allein im letzten Jahr wurden | |
| hier über 47 Millionen Container entladen. Auch für die europäische | |
| Wirtschaft ist er von immenser Bedeutung. Beobachter gehen aber davon aus, | |
| dass sämtliche Terminals auf maximal 25-prozentiger Auslastung laufen. | |
| Insbesondere von internationalen Unternehmen ist deutliche Kritik zu | |
| vernehmen. Schon Anfang April gaben die Hälfte aller Unternehmen in einer | |
| Umfrage der deutschen Handelskammer an, [3][dass ihre Logistikkette | |
| vollständig unterbrochen oder schwerwiegend beschädigt sei] – mittlerweile | |
| dürfte der Wert noch höher liegen. | |
| ## Keine guten Nachrichten für Europa | |
| Die Regierung hat das Problem erkannt – und am Montag unter anderem | |
| beschlossen, Logistikfirmen mehr Kredite und finanzielle Hilfen zu | |
| gewährleisten. Am Wochenende hat die Lokalregierung ebenfalls eine | |
| Richtlinie herausgegeben, die es bestimmten Schlüsselbranchen ermöglichen | |
| soll, ihre Produktion trotz des Lockdowns weiter aufrechtzuerhalten – etwa | |
| in den Bereichen Automobile, Biomedizin und Halbleiter. Besonders Letztere | |
| sind seit Monaten bereits weltweit Mangelware, was Produktionsverzögerungen | |
| in etlichen Industrien nach sich gezogen hat. Der Lockdown in Shanghai wird | |
| die Lage nur mehr weiter verschärfen, da in der Wirtschaftsmetropole bis zu | |
| einem Viertel aller Halbleiter aus China hergestellt werden. | |
| Den Kern des Problems wird die Regierung aber wohl nicht antasten: ihre | |
| No-Covid-Strategie. Zu tief ist der propagandistische Graben, den die | |
| chinesische Staatsführung in den letzten zwei Jahren gebuddelt hat. Immer | |
| wieder hieß es, dass die erfolgreiche Null-Covid-Politik der Beweis dafür | |
| sei, dass das chinesische System dem Westen überlegen ist. | |
| Für Europa, immer stärker von der chinesischen Wirtschaft abhängig, sind | |
| das keine guten Neuigkeiten: Die Lockdowns werden im Reich der Mitte auf | |
| absehbare Zeit zum neuen Normalzustand. | |
| 20 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Fabian Kretschmer | |
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