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# taz.de -- Genervt von allem und jedem: Mein Corona-Ostern
> An Ostern mietete ich eine Ferienwohnung, um alleine zu sein. Aber meine
> Familie und meine Freunde machten mir einen Strich durch die Rechnung.
Bild: Einfach mal abhauen: An Ostern gar nicht so einfach
Weil die Coronaverbote nach gefühlten zehn Jahren aufgehoben worden sind,
hatte ich sofort an einem Waldsee eine Ferienwohnung gemietet. Wir wollten
das ganze Osterwochenende dort verbringen.
Denn ich habe derzeit alles satt: die langweilige Arbeit, die ständige
Kälte, die lästigen Nachbarn, die aufdringlichen Freunde und die Besuche
meiner nervigen Schwiegermutter! Meine Frau Eminanim konnte ich leider
nicht abschütteln, die muss ich schon mitnehmen.
Während wir unsere Koffer packten, klingelte es an der Tür.
„Ich habe gehört, Ihr macht Urlaub in einer großen Ferienwohnung. So ganz
alleine, stimmt das?“, fragte unsere Nachbarin Erkek Fatma.
„Ja, das stimmt“, sagte Eminanim.
„Eine große Ferienwohnung, ganz für euch beide alleine?“
„So groß ist die auch nicht“, rief ich und griff nach meiner FFP2-Maske.
„Es ist nur eine winzige, kleine Waldhütte. Es soll dort sehr windig und
kalt sein. Das gammelige Ding war halt das Billigste, was ich kriegen
konnte.“
Kaum war Erkek Fatma weg, schimpfte meine Frau mit mir.
„Osman, du hast gerade so getan, als wenn sie sich mit Kind und Kegel
aufdrängen wollte. Da fehlte nur noch der Tritt in den Hintern!“
Gleich danach klingelte das Telefon.
„Hallo Osman“, sagte unser Nachbar Ahmet.
„Hier ist der Anrufbeantworter von Osman“, antwortete ich, „wir sind für
zwei Wochen weg. Als Krisenbeobachter der UNO in Syrien. Bitte hinterlassen
Sie eine kurze Nachricht, piiiep!“
„Hallo, Osman, schön, dass ich dich noch erwische. Ich rufe an wegen dieser
Ferienwoh…“
„Ihre Sprechzeit ist leider vorbei, Tschüss!“
Meine Frau schimpfte mit mir:
„Also wirklich, Osman, alle unsere Freunde stößt du vor den Kopf, nur damit
es dir gut geht.“
Kurz danach fuhr ich fröhlich pfeifend über die Autobahn Richtung Norden.
Nach zwei Stunden waren wir schon da und ich bog in einen kleinen Waldweg
ein und suchte unser Häuschen.
„Osman, frag doch mal den hässlichen, alten Mann dort, er kennt sich
bestimmt hier aus“, sagte meine Frau.
„Guten Tag, entschuldigen Sie…“
„Da seid Ihr ja endlich, Kinder, kommt hierher, hierheeer.“
Der alte, hässliche Mann entpuppte sich als meine Schwiegermutter.
„Schönes Haus hast du für uns gemietet, Osman“, kreischte sie fröhlich.
„Ich schwör's, Osman, ich hab nichts verraten“, stotterte Eminanim
kreidebleich und flüchtete aus dem Auto. Ich fuhr den Wagen neben das Haus
und war plötzlich dem Durchdrehen nahe. Und dann kamen die zwei kleinen
Kinder von Ahmet um die Ecke gerannt:
„Hallo, Onkel Osman! Hallo, Tante Eminanim!“
„Osman, lass den Unsinn, hör auf die Kinder zu würgen, die können doch
nichts dafür“, schimpfte meine Frau.
„Hallo Nachbar“, grinste Ahmet und fügte hinzu: „Erkek Fatma mit ihren
Kindern und die Nachbarn von oben kommen auch gleich. Wir alle zusammen,
ein ganzes Osterwochenende, ist das nicht toll?“
„Leute, ich wollte hier in die Quarantäne. Ich habe Corona!“, brüllte ich
und die Meute verzog sich blitzschnell wie die Hühner.
Ein bisschen Corona sollten wir immer beibehalten. Das haben mir diese
Ostertage gezeigt.
20 Apr 2022
## AUTOREN
Osman Engin
## TAGS
Kolumne Alles getürkt
Familie
Schwerpunkt Coronavirus
Quarantäne
Satire
Einbürgerung
China
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