| # taz.de -- Geplantes „Bürgergeld“: Der Kampf gegen Armut geht weiter | |
| > Das neue „Bürgergeld“ fällt zu niedrig aus, aber es enthält auch Gutes: | |
| > Die Macht der Arbeitsagentur gegenüber den Empfänger:innen wird | |
| > gestutzt. | |
| Bild: Stell am Mittwoch den Gesetzesentwurf vor: Hubertus Heil | |
| Ja, klar, es ist natürlich zu wenig, wenn der Regelsatz im Hartz-IV-Bezug | |
| zu Beginn des kommenden Jahres mit der Umwidmung der Leistung in ein | |
| „Bürgergeld“ wahrscheinlich nur um 10 Prozent, [1][also um bis zu 50 Euro | |
| im Monat], steigen wird. 500 Euro zum Leben, wovon neben Stromkosten, | |
| Lebensmitteln, Kleidung und Drogeriewaren auch Medikamente, Handy, | |
| Internetanschluss, Fahrkarten, Waschmaschinenreparatur und vieles mehr | |
| bezahlt werden muss: das ist Armut und Dauerverzicht. Punkt. | |
| Das [2][Bürgergeld] bleibt also trotz der von SPD-Bundesarbeitsminister | |
| Hubertus Heil geplanten Erhöhung viel zu knapp. Trotzdem verdient der | |
| Gesetzentwurf, den Heil am Mittwoch vorstellte, neben Kritik auch | |
| Anerkennung. Es ist ein richtiger Gedanke, Menschen im Leistungsbezug mehr | |
| Mitspracherechte einzuräumen bei der Wahl der eigenen Weiterbildung, die | |
| mit einem Extrabonus vergütet wird. | |
| Nach all den Jahren weiß man in den Jobcentern, dass der Ansatz, | |
| Empfänger:innen von Arbeitslosengeld II in ungeliebte | |
| Trainingsmaßnahmen oder schlecht entlohnte Zeitarbeit zu zwingen, | |
| gescheitert ist, weil sich dadurch kein nachhaltiges Erwerbsleben aufbauen | |
| lässt. Es war ein Paradox, dass gerade in Zeiten der | |
| Massenarbeitslosigkeit, der fehlenden Jobs um die Jahrtausendwende, [3][von | |
| den „faulen“ Arbeitslosen die Rede war], deren Leistung man ruhig kürzen | |
| könnte. | |
| ## Notwendiger Schirm | |
| Heute werden Arbeitskräfte gesucht, die Zahl der Erwerbslosen ging in den | |
| vergangenen Jahren zurück. Der Hartz-IV-Bezug ist ein Schirm geworden, | |
| unter dem sich millionenfach Menschen versammeln, die wegen fehlender | |
| Ausbildung, körperlicher und psychischer Einschränkungen, mangelnder | |
| Sprachkenntnisse, familiärer Pflege, Kinderbetreuung und anderer Gründe | |
| nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt durch bezahlte Arbeit selbst | |
| zu verdienen. Auch für sogenannte niedrigqualifizierte Jobs etwa im | |
| Gastrobereich braucht man neben Sprachkenntnissen ein Durchhaltevermögen, | |
| das viele Akademiker:innen nicht aufbringen würden. | |
| Also Schluss mit den Vorverurteilungen. Im Gesetzentwurf ist ein | |
| „Schlichtungsmechanismus“ vorgesehen, falls sich Vermittler:innen und | |
| Klient:innen nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können. Dieser | |
| Versuch, die Abhängigkeit von einem einzelnen Sachbearbeiter im Jobcenter | |
| zu verringern, ist richtig. Was die Armut betrifft, muss auch beim | |
| Bürgergeld natürlich der Kampf weitergehen für das pauschale Bezahlen etwa | |
| von Stromkosten oder von ÖPNV-Monatskarten, also für höhere Regelsätze. | |
| Das darf weder Heil erspart bleiben noch der FDP, die schon den | |
| vorliegenden Entwurf blockiert. | |
| 20 Jul 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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