# taz.de -- Auf dem Weg zur Wärmewende: Tauchsieder für Hamburg | |
> In Wedel wird eine Anlage gebaut, die überschüssigen Windstrom in | |
> Fernwärme verwandeln kann. So kann erneuerbare Energie besser genutzt | |
> werden. | |
Bild: Statt des Kohlekraftwerks soll hier bald ein Wärmespeicher stehen: Wedel… | |
HAMBURG taz | Hamburgs Wärmewende kommt voran. Am Dienstag ist auf dem | |
Gelände des Heizkraftwerks Wedel das Richtfest für eine | |
Power-to-Heat-Anlage gefeiert worden. Sie soll überschüssigen Windstrom | |
abschöpfen, speichern und in das Fernwärmenetz einspeisen. | |
„Der Norden produziert Windenergie im Überfluss – statt sie abzuregeln, | |
nutzen wir den Überschuss zum Heizen“, sagt Umweltstaatsrat Michael | |
Pollmann (Grüne). Mit dem Ausbau der Windenergie dürfte der Bedarf an | |
solchen Speichern in nächster Zeit noch steigen. | |
Die Anlage nach dem Prinzip des Tauchsieders wird eine der größten Europas | |
sein. Sie soll helfen, die Hamburger Klimaschutzziele zu erreichen: die | |
Treibhausgasemissionen der Stadt sollen bis 2030 um 55 Prozent verringert | |
werden, 2050 muss die Stadt klimaneutral sein. [1][Einer Volksinitiative | |
ist das noch zu wenig]: Sie fordert 90 Prozent bis 2030 und | |
Klimaneutralität bis 2035. | |
Die Power-to-Heat-Anlage wird von dem Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz für | |
31,5 Millionen Euro errichtet und gemeinsam mit dem städtischen Versorger | |
Hamburger Energiewerke genutzt. Sie soll in der Heizperiode 2022/23 in | |
Betrieb gehen. Ab 2023 können nach Angaben der Betreiber pro Jahr bis zu | |
100.000 Tonnen CO2 gespart werden. Hamburg hat 2020 13,5 Millionen CO2 | |
verursacht. | |
## Hilfe angesichts steigender Energiekosten | |
Mit Hilfe der Power-to-Heat-Anlage kann der Kohleverbrauch des | |
Heizkraftwerks Wedel um 50.000 Tonnen pro Jahr verringert werden. „Wir | |
leisten auch einen Beitrag dazu, Energie so effizient wie möglich zu | |
nutzen“, sagt Frank Golletz, der technische Geschäftsführer von 50Hertz. | |
Das sei vor dem Hintergrund stark steigender Energiekosten und drohender | |
Versorgungsengpässe umso wichtiger. | |
Aus Wedel kommt der größere Teil von Hamburgs Fernwärme. Das Heizkraftwerk | |
hat dafür im vergangenen Jahr knapp 440.000 Tonnen Steinkohle verbrannt. | |
Damit ist das alte und wenig effiziente Kraftwerk ein Dorn im Auge der | |
rot-grünen Hamburger Energiepolitik – zusammen mit dem [2][Kohlekraftwerk | |
Tiefstack, das 2030 vom Netz gehen soll], und nur unwesentlich weniger | |
Kohle verbrennt. Das [3][große Kohlekraftwerk Moorburg ist bereits | |
abgeschaltet worden] – nach nur fünf Jahren Betriebszeit. | |
Ersetzt werden sollen die Kohlekraftwerke durch ein ganzes Bündel von | |
Projekten. Dazu gehören ein effizientes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk, | |
große Flusswärmepumpen, Müllheizkraftwerke, industrielle Abwärme und | |
Tiefengeothermie. | |
## Wärme aus den Tiefen von Wilhelmsburg | |
Eine [4][Erkundungsbohrung im Stadtteil Wilhelmsburg haben die Energiewerke | |
gerade „erfolgreich“ abgeschlossen]. Die Planer hoffen, in bis zu 3,5 | |
Kilometern Tiefe 130 Grad warmes Wasser zu fördern. Damit sollen zehn bis | |
14 Megawatt Wärmeleistung bereitgestellt und bis zu 5.000 Wohnungen | |
versorgt werden können. Das Ergebnis soll am Donnerstag vorgestellt werden. | |
Neben Wedel sind in dem Konzept weitere Power-to-Heat- Anlagen vorgesehen, | |
denn als Puffer eignen sie sich besonders, Anbieter und Verbraucher von | |
Fernwärme zusammen zu bringen. Auch der frühere Betreiber des | |
Fernwärmenetzes, Vattenfall, hatte für Wedel einen Riesen-Tauchsieder | |
vorgeschlagen. | |
In Berlin betreibt der schwedische Konzern die nach eigenen größte Anlage | |
Europas mit drei Kesseln, in denen je 22.000 Liter auf bis zu 130 Grad | |
geheizt werden können. Sie soll 120 Megawatt leisten und bis zu 37.000 | |
Haushalte versorgen. Zum Vergleich: Die Wedeler Anlage arbeitet mit zwei | |
23.000-Liter-Kesseln. Mit einer Leistung von insgesamt 80 Megawatt soll sie | |
rund 27.000 Wohnungen versorgen. | |
19 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Volksinitiative-fordert-mehr-Klimaschutz/!5789858 | |
[2] /Hamburger-Energieversorgung-ohne-Kohle/!5861846 | |
[3] /Fanal-der-Energiepolitik-in-Hamburg/!5735950 | |
[4] /Erdwaerme-Bohrungen-in-Hamburg/!5750480 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Energiewende | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Kohleausstieg | |
Fernwärme | |
Hamburg | |
wochentaz | |
Erneuerbare Energien | |
Hamburg | |
Steinkohle | |
Hamburg | |
Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wärmewende in Hamburg: Auf dem Holzweg | |
Hamburg will bis 2030 den Kohleblock eines Heizkraftwerks auf Holz | |
umrüsten. Umweltschützer befürchten, dass das auch aus Urwäldern kommen | |
könnte. | |
Wärmeenergie aus Flusswasser: Mannheims Riesenpumpe | |
Im Herbst geht Deutschlands größte Flusswärmepumpe in Betrieb. Die | |
Nischentechnologie könnte ein wichtiger Bestandteil der Energiewende | |
werden. | |
Wärme- statt Erdgasförderung: Gasbohren hatte doch einen Sinn | |
Aus einen ehemaligen Erdgasbohrloch will die niedersächsische Gemeinde | |
Munster künftig Erdwärme fördern. Das könnte ein Modell fürs ganze Land | |
sein. | |
Prozess vor Hamburger Arbeitsgericht: Vattenfall will nicht blechen | |
Erfolgreich klagte ein Hamburger Betriebsrat gegen seine Gehaltskürzung. | |
Der schwedische Energiekonzern hat aber nun Berufung eingelegt. | |
Energieversorgung ohne russische Kohle: Hamburg braucht andere Blutkohle | |
Die Hamburgische Bürgerschaft debattiert über die Folgen für die lokale | |
Energieversorgung. Die Steinkohle kommt nun auch aus Kolumbien. | |
Klimaschutz in Hamburg: Senat schwächelt beim Kohleausstieg | |
Der rekommunalisierte Versorger Wärme Hamburg verfehlt sein | |
CO2-Reduktionsziel. Damit werde das Klimaschutzgesetz verletzt, sagen | |
Umweltverbände. | |
Energiewende in Hamburg: Quälgeister bleiben außen vor | |
Rot-Grün ersetzt den Beirat zur Rekommunalisierung der Energienetze durch | |
einen Energiewendebeirat. Das könnte dem Begleitgremium einige Zähne | |
ziehen. |