# taz.de -- Energiewende in Hamburg: Quälgeister bleiben außen vor | |
> Rot-Grün ersetzt den Beirat zur Rekommunalisierung der Energienetze durch | |
> einen Energiewendebeirat. Das könnte dem Begleitgremium einige Zähne | |
> ziehen. | |
Bild: Klimaaktivisten ein Dorn im Auge: Heizkraftwerk Wedel | |
HAMBURG taz | Der bisherige Beirat zur Rekommunalisierung der Energienetze | |
soll durch ein neues Gremium für die Energiewende ersetzt werden. Das | |
wollte die rot-grüne Koalition in der Bürgerschaftssitzung am gestrigen | |
Mittwoch beschließen. Ein Nebeneffekt der Neugründung könnte darin | |
bestehen, dass die unbequemsten Akteure kaltgestellt werden. | |
Der Energienetzbeirat war gegründet worden, um die per Volksentscheid | |
beschlossene Rekommunalisierung der Netze für Strom, Gas und Fernwärme zu | |
begleiten. Dieser Beirat fungierte dabei als demokratischer Aufpasser und | |
die Initiatoren des Volksentscheids waren stark darin vertreten. | |
Aus Sicht von SPD und Grünen ist das nicht mehr nötig. „Der Rückkauf der | |
Netze ist erledigt und damit auch die Aufgabe des bisherigen Gremiums“, | |
sagt der Grünen-Abgeordnete Johannes Müller. „Wir glauben, dass wir den | |
Blick dringend auf die Energiewende weiten müssen“, ergänzt sein | |
SPD-Kollege Alexander Mohrenberg. Sie sei der zentrale Hebel, um die | |
Klimaziele zu erreichen, Arbeitsplätze zu schaffen und den | |
Wirtschaftsstandort zukunftsfest zu machen. | |
„Mit einem ‚Beirat Energiewende‘ bekommen wir unterschiedliche Perspektiv… | |
für einen konstruktiven Dialog an einen Tisch“, sagt der Grüne Müller. Das | |
Gremium wird moderat von 20 auf 24 Köpfe aufgestockt. Die Handelskammer | |
muss auf einen Sitz verzichten. Dafür bekommt der Industrieverband einen | |
Sitz, ebenso wie Mieter- und Vermieter sowie die Umweltbehörde und das | |
Bezirksamt Bergedorf. | |
Klima- und Umweltschützer behalten vier Sitze: zwei für Umweltverbände, je | |
einen für die Initiative „Tschüss Kohle“ und Fridays for Future. Was | |
hinter dem Rubrum „Umweltverbände“ zum Vorschein kommen wird, entscheidet | |
Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Im alten Gremium waren der | |
Umweltverband BUND, der die Volksinitiative „Unser Hamburg – unser Netz“ | |
mitgegründet hatte, und der „Hamburger Energietisch“ (HET), ein | |
Zusammenschluss von Rekommunalisierungs- und Energiewende-Aktivisten, mit | |
je zwei Sitzen vertreten. | |
Gerade die Leute vom HET beschränkten sich nicht auf die Teilnahme an den | |
Sitzungen, sondern betrieben auch eine rege Öffentlichkeitsarbeit, um | |
publik zu machen, was aus ihrer Sicht schieflief. So opponierte der HET | |
gegen eine für Kerstans Energiekonzept zentrale [1][Fernwärmeleitung unter | |
der Elbe]. Die Aktivisten befürchteten, dass dadurch das inzwischen | |
abgeschaltete Kohlekraftwerk Moorburg im Spiel bleiben könnte. Zuletzt | |
trugen sie dazu bei, die Idee [2][Biomasse aus Namibia] zu importieren, auf | |
Eis zu legen. Die Umweltbehörde verfolgt damit das Ziel, CO2-neutral | |
Fernwärme zu erzeugen. | |
## Verdrängte Kritiker | |
Ob da der Gedanke nahe liegt, dass der mit viel Detailkenntnis agierende | |
HET aus dem Gremium gedrängt werden soll? „Das würde ich nicht so sehen“, | |
sagt der Grünen-Abgeordnete Müller. Sein Kollege Mohrenberg vom | |
Koalitionspartner SPD versichert, dass er die Umweltverbände dabei haben | |
wolle, sagt aber: „Es kann nicht darum gehen, das gleiche Gremium als | |
Besitzstand einzelner Akteure fortzuführen.“ | |
Der Umweltverband BUND findet es richtig, dass weitere Gruppierungen in den | |
Beirat aufgenommen werden. Dies dürfe aber nicht auf Kosten der bisherigen | |
Beteiligten geschehen. Der BUND bemängelt auch, dass diese bei der | |
Neukonzeption nicht eingebunden worden seien. „Es ist nicht mit uns | |
gesprochen worden, sondern von oben herab“, kritisiert Frauke Kohrs vom | |
BUND. | |
Um den Beirat nicht zu schwächen, müsse Paragraph sieben der alten | |
Geschäftsordnung erhalten bleiben: Demnach müssen es die | |
Energienetzgesellschaften begründen, wenn sie von den Empfehlungen des | |
Beirates abweichen. | |
16 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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