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# taz.de -- Hamburger Volksentscheid Energienetze: Volkseigentum ist auch kein …
> Vor zehn Jahren hat Hamburg per Volksentscheid beschlossen, die
> Energienetze zurückzukaufen. Für die Initiatoren könnte manches besser
> laufen.
Bild: Malerische CO2-Schleuder: Das Kraftwerk Tiefstack soll von Kohle auf Holz…
Hamburg taz | Heute vor zehn Jahren haben die Hamburger per Volksabstimmung
entschieden, die Versorgungsnetze für Strom, Gas und Wärme zurückzukaufen.
Damit sollte „eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch
kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien“ gewährleistet
werden.
Dass das [1][trotz des erfolgreichen Volksentscheid][2][s] kein
Selbstläufer ist, zeigte sich am Donnerstag am Beispiel des Heizkraftwerks
Tiefstack, das der rot-grüne Senat von Kohle auf Holz umstellen will. BUND,
Robin Wood, Nabu und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) demonstrierten in
Sichtweite des Hamburger Rathauses gegen dieses Vorhaben. Zehn Jahre nach
dem Erfolg von „Unser Hamburg – unser Netz“ stellt sich die Frage, wie vi…
der Volksentscheid bisher erreicht hat – nicht nur für den Klimaschutz,
sondern auch in puncto Soziale Gerechtigkeit und demokratische Kontrolle.
Inzwischen tatsächlich abgeschlossen ist die keineswegs triviale
Rücküberführung der Netze in die Öffentliche Hand: 2014 geschah das beim
Stromnetz, 2018 beim Gasnetz, 2019 beim Fernwärmenetz von Vattenfall. Der
Senat schuf dafür die Gesellschaften Stromnetz Hamburg (SNH), Gasnetz
Hamburg (GNH) und 2022 die Hamburger Energiewerke (HENW) mit den beiden
Versorgern Wärme Hamburg und Hamburg Energie. Wärme Hamburg gehört auch das
Leitungsnetz.
Zu den Prämissen der Initiative gehörte, dass die Versorgung mit Strom und
Wärme zu den Grundbedürfnissen der Bevölkerung gehöre und daher in die
öffentliche Hand. Sie dürfe nicht in die Hände profitorientierter Konzerne
gelegt werden. Dabei gibt es bei den Netzen für Strom und Gas, die allen
Anbietern offen stehen müssen, kaum Spielraum: Die Netzentgelte sind
gesetzlich reguliert und an die Investitionen gekoppelt. Ähnliches gilt für
die Fernwärme.
## Die Kundschaft muss hoffen
Spielraum gibt es beim Vertrieb, wo Hamburg Energie mit anderen Strom- und
Gasanbietern konkurriert. Wärme Hamburg dagegen ist ein Monopolist, weil er
über sein Netz selbst verfügt und der Senat Privathaushalten vorschreiben
kann, sich anzuschließen. Hier kann der Kunde nur hoffen, dass Wärme
Hamburg effizient wirtschaftet und der Senat keine größeren Überweisungen
erwartet. Als Beispiel für soziales Handeln der Unternehmen nennt der Senat
das Aussetzen von Energiesperren während der Pandemie.
Strom zum geringen und Wärme zum überwiegenden Teil produzieren die
städtischen Gesellschaften selbst – sodass der Senat hier den Hebel für den
Klimaschutz ansetzen kann und auch tut. So projektiert er etwa Speicher für
überschüssigen Windstrom, Flusswärmepumpen und [3][Geothermiebohrungen].
Umso enttäuschter sind daher etwa der BUND und Robin Wood, die zu den
Gründern von „Unser Hamburg – unser Netz“ gehören, von dem, [4][was der
grüne Umweltsenator Jens Kerstan mit dem Kraftwerk vorhat: Statt Kohle Holz
zu verbrennen,] bringe den Klimaschutz nicht voran. „Unsere wichtigsten
Kohlenstoffspeicher, die Wälder, dürfen nicht verheizt werden“, mahnte Jana
Ballenthien von Robin Wood. Frauke Kohrs vom BUND forderte, „ehrliche
Aussagen darüber, was technisch möglich ist und welche Entscheidungen auf
rein wirtschaftlichen Überlegungen basieren“.
An dieser Stelle kritisiert Gilbert Siegler vom Hamburger Energie-Tisch
(HET), dass es mit der versprochenen Transparenz und Beteiligung nicht weit
her sei. Im HET sind Leute versammelt, die es sich zur Aufgabe gemacht
haben, die Umsetzung des Volksentscheids zu begleiten. Das Begleitgremium
zu Tiefstack habe geheim getagt, sagt Siegler, „kein einziger Umweltverband
war dabei“. Umweltsenator Kerstan poche darauf, dass er der Bürgerschaft,
nicht den Verbänden verpflichtet sei. Die Energiegesellschaften als GmbHs
zu organisieren, erschwere überdies eine demokratische Kontrolle.
## Unnötiger Fernwärme-Tunnel unter der Elbe
Der [5][HET wirft dem Senat auch vor, bei der Fernwärme eine unnötig teure
Lösung gewählt zu haben,] die einen Tunnel unter der Elbe nötig macht.
Dessen Bau setze große Mengen CO2 frei und verlängere den Betrieb d[6][es
50 Jahre alten Kohlekraftwerks Wedel, das längst hätte abgeschaltet werden
sollen].
Für die Zukunft müsse der Senat von der Vorstellung abrücken, Wärme aus der
Müllverbrennung sei CO2-frei. „[7][Das hilft dem Klima überhaupt nicht“,
kritisiert der HET]. Überdies gebiete der Volksentscheid, auch die drei
Fernwärmenetze, die noch im Besitz von Eon verblieben seien, bei nächster
Gelegenheit zurückzukaufen.
Bei dem bereits geschehenen Kauf für insgesamt rund zwei Milliarden Euro
[8][hatte die Initiative versprochen], dieser werde sich selbst
finanzieren. Finanzsenator Andreas Dressel verweist auf Einnahmen in Höhe
von 647 Millionen Euro seit dem Kauf der ersten Tranche von 25,1 Prozent
2012, also vor dem Volksentscheid. Da die Stadt die Unternehmen ja erst
nach und nach vollständig übernommen hat, werden die Einnahmen im
Jahresdurchschnitt noch steigen.
In einer früheren Version dieses Artikels stand, die Umweltverbände hätten
vor dem Kohlekraftwerk Tiefstack demonstriert, sie taten das aber in
Sichtweite des Rathauses.
21 Sep 2023
## LINKS
[1] /Rueckkauf-der-Energienetze/!5058495
[2] /Rueckkauf-der-Energienetze/!5058495
[3] /Erdwaerme-Bohrungen-in-Hamburg/!5750480
[4] /Waermewende-in-Hamburg/!5927316
[5] /Energiewende-in-Hamburg/!5810058
[6] /Energiewende-im-Norden/!5253817
[7] https://www.hamburger-energietisch.de/ueber-uns/selbstverstaendnis/
[8] https://unser-netz-hamburg.de/
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Hamburg
Energiewende
Rot-Grün Hamburg
Energieversorgung
Volksentscheid
Rekommunalisierung
Schwerpunkt Klimawandel
Hamburg
Umweltbehörde Hamburg
Energiespeicher
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