| # taz.de -- Labor für die Energiewende: Der Norden gibt Gas | |
| > Hamburg und seine Nachbarn wollen zeigen, wie sich durch eine kluge | |
| > Koppelung von Wirtschaftssektoren Klimaschutz betreiben lässt. | |
| Bild: Aurubis-Abwärme für die Hafencity: Hier werden die Rohre abgeladen | |
| Hamburg taz | In Hamburg ist am Mittwoch der Startschuss zum Norddeutschen | |
| Reallabor für die Energiewende gefallen. In den kommenden fünf Jahren soll | |
| im industriellen Maßstab ausprobiert werden, wie sich die Erzeugung und der | |
| Verbrauch erneuerbarer Energie ausgleichen lassen. Dabei sollen die | |
| Energieerzeuger und die verschiedenen Verbrauchssektoren wie die Industrie, | |
| die Verkehrsunternehmen und die Privathaushalte miteinander verkoppelt | |
| werden. [1][Im Zentrum steht dabei der CO2-frei erzeugte Wasserstoff]. | |
| „Mit der Sektorkopplung mit Hilfe von grünem Wasserstoff betreten wir | |
| Neuland“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bei der | |
| Auftaktveranstaltung. Der Minister brachte deshalb auch einen | |
| Förderbescheid über 52 Millionen Euro mit. Rund 200 Millionen investiert | |
| die Industrie, den Rest die Länder Hamburg, Schleswig-Holstein und | |
| Mecklenburg Vorpommern. | |
| Hamburg spielt dabei eine zentrale Rolle. Seine großen Industriebetriebe | |
| können den Strom aufnehmen, der an den Küsten im Überfluss produziert wird. | |
| Sie können Wärme aufnehmen und abgeben. Sie haben die nötige Ertragskraft, | |
| um neue Wege der Energieversorgung zu beschreiten. Dazu kommen die | |
| Forschungskapazitäten der Hansestadt. | |
| Die Vorarbeiten liefen in dem siebenjährigen Projekt [2][New 4.0] unter | |
| Federführung Werner Bebas von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften | |
| (HAW). Die Hochschule will das [3][Reallabor] auch sozialwissenschaftlich | |
| begleiten, um mögliche Widerstände erkennen zu können. | |
| ## Ziel: Schritt halten mit China und Japan | |
| Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) versteht das Reallabor als Teil des | |
| Klimaplans des rot-grünen Senats. „Wenn dieser Schritt gelingt, haben wir | |
| eine große Sorge weniger“, sagte er in seiner Eröffnungsrede. Tschentscher | |
| verwies darauf, dass Länder wie China und Japan die Wasserstofftechnologie | |
| massiv vorantrieben. Das Reallabor solle auch dazu beitragen, die | |
| Industrie hierzulande wettbewerbsfähig zu halten – sowohl um den Wohlstand | |
| zu erhalten, als auch im Sinne des Klimaschutzes. | |
| Die Kupferhütte Aurubis etwa stößt nur halb soviel CO2 aus wie Kupferhütten | |
| im weltweiten Durchschnitt. Doch so viel Windstrom, wie an den Küsten | |
| Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns an guten Tagen erzeugt | |
| wird, kann die gesamte Hamburger Industrie nicht aufnehmen. Und weil es an | |
| Leitungskapazitäten mangelt, kann der Strom auch nicht nach Süddeutschland | |
| abtransportiert werden. Was also tun, um die Kraftwerke nicht abriegeln zu | |
| müssen? | |
| Hier kommt der Wasserstoff ins Spiel. Bei seiner Herstellung geht zwar viel | |
| Energie verloren, doch das ist immer noch besser als die Energie verpuffen | |
| zu lassen. Zudem lässt sich Wasserstoff speichern und vielseitig verwenden. | |
| So prüft etwa das Hamburger Stahlwerk, ob es in Zukunft Wasserstoff statt | |
| Kohle zum Feuern verwenden könnte. | |
| Ein Kernstück des Reallabors in Hamburg ist daher ein großer | |
| [4][Elektrolyseur im Hafen], in dem mit Hilfe von Überschussstrom | |
| Wasserstoff erzeugt wird. Die Anlage mit 25 Megawatt Leistung müsse fast | |
| das ganze Jahr über zuverlässig laufen, um den kontinuierlichen Bedarf der | |
| Industrie zu decken, sagte Marleen Marks von der Betreiberfirma Hansewerk. | |
| Geplant ist auch die Versorgung von Verkehrsunternehmen wie der Hochbahn | |
| sowie die Nutzung der Abwärme. | |
| Das spielt der verstaatlichten Wärme Hamburg in die Hände, die ihr Angebot | |
| ebenfalls C02-neutral umgestalten will. Hamburgs Industrie biete hierfür | |
| mit 350 Megawatt reichlich Abwärme, die es wie beim Beispiel Aurubis nur | |
| anzuzapfen gelte, sagte Christian Heine, Geschäftsführer von Wärme Hamburg. | |
| Weil die Haushalte im Sommer viel weniger Wärme benötigen als im Winter, | |
| will er überschüssige Wärme in einer salzwasserhaltigen Schicht in 1.000 | |
| Metern Tiefe speichern. | |
| Um das alles leisten zu können und die Energie zwischen den verschiedenen | |
| Sektoren hin- und herschieben zu können, werden auch die Energienetze aus- | |
| und umgebaut werden müssen. Darum, dass das koordiniert geschieht, will | |
| sich Gasnetz Hamburg kümmern. | |
| 15 Apr 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Der-Norden-pusht-den-Wasserstoff/!5700679 | |
| [2] https://www.new4-0.de/auftaktveranstaltung-nrl-presse/ | |
| [3] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/reallabore-testraeume-fuer-innovat… | |
| [4] /Wasserstoff-statt-Kohle-in-Moorburg/!5743835 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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