| # taz.de -- Rückkauf der Energienetze: Ein langer Weg | |
| > Der Volksentscheid ist gewonnen, doch damit sind die Energienetze noch | |
| > längst nicht in öffentlicher Hand. Bürgermeister Scholz rechnet mit | |
| > sieben Prozessen. | |
| Bild: Dürften sich bald vor Gericht wiedersehen: Bürgermeister Olaf Scholz un… | |
| HAMBURG taz | Die Volksinitiative für einen Rückkauf der Netze für Strom, | |
| Gas und Fernwärme hat sich mit 51 gegenüber 49 Prozent der Stimmen | |
| durchgesetzt. Um die Netze tatsächlich in die Hand der Stadt zu bekommen, | |
| sind jedoch einige Hürden zu nehmen: Der Senat muss eine Netzgesellschaft | |
| gründen, die sich bei der Neuvergabe der Konzessionen für die Netze gegen | |
| andere Wettbewerber durchsetzt. Beim Fernwärmenetz stellt sich überdies die | |
| Frage, ob überhaupt eine Konzession zu vergeben ist. Dazu kommt die Frage, | |
| woher die Fernwärme in Zukunft kommen wird. | |
| Viele dieser Schritte werden vermutlich vor Gericht überprüft werden. „Wenn | |
| ich unterstelle, dass wir in allen drei Fällen den Zuschlag bei der | |
| Konzessionsvergabe bekommen, rechne ich damit, dass wir sieben Prozesse | |
| führen müssen“, hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vor dem | |
| Volksentscheid gesagt. | |
| Bereits am morgigen Mittwoch soll die Bürgerschaft über einen Antrag der | |
| SPD diskutieren, mit dem der Volksentscheid umgesetzt werden soll. Die Zeit | |
| drängt: Am 15. Januar muss eine noch zu gründende städtische Gesellschaft | |
| ihr Interesse bekunden, die auslaufende Konzession für den Betrieb des | |
| Stromnetzes von Vattenfall zu übernehmen. Die Konzession für das Gasnetz | |
| läuft erst 2016 aus. | |
| Als ersten Schritt sieht der von der SPD vorgeschlagene Fahrplan vor, zu | |
| den 25,1 Prozent der Netzgesellschaften, die der Stadt schon gehören, die | |
| übrigen 74,9 Prozent dazu zu kaufen. Das würde das Einverständnis von | |
| Vattenfall und E.on voraussetzen. Damit ist allerdings nicht zu rechnen. | |
| Sollten Vattenfall und E.on nicht verkaufen, müsste die Stadt eine eigene | |
| Netzgesellschaft gründen. Diese muss sich dann im Konzessionsverfahren | |
| gegen Wettbewerber durchsetzen, sei es gegen die bisherigen Betreiber | |
| Vattenfall und E.on oder Bewerber aus Russland und China. | |
| Nach dem Energiewirtschaftsgesetz darf die Stadt die eigene Firma dabei | |
| nicht bevorzugen. Dass das nicht geschieht, darüber wacht das | |
| Bundeskartellamt. Setzt sich die Stadt mit ihren Netzgesellschaften durch, | |
| muss sie damit rechnen, von den Mitbewerbern verklagt zu werden. Und auch | |
| über die Höhe des jeweiligen Kaufpreises könnte es gerichtliche | |
| Auseinandersetzungen geben. | |
| Für die Interessenbekundung am 15. Januar würde es reichen, wenn sich die | |
| Stadt mit einer Rumpf-Firma bewerben würde. „Das kann auch der Bäcker von | |
| nebenan“, behauptete Manfred Braasch, Vertrauensmann der Volksinitiative. | |
| Geht es dann um den tatsächlichen Wettbewerb, müsste sie eine möglichst | |
| sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und | |
| umweltfreundliche Versorgung bieten können. | |
| Wie ausdifferenziert ein solcher Betrieb sein müsste, ob er etwa | |
| Wartungstechniker vorhalten müsste, oder einfach die Mitarbeiter des | |
| bisherigen Konzessionärs einplanen kann, ist nicht ohne weiteres zu klären. | |
| Eine funktionsfähige Netzgesellschaft ist nach Auskunft des | |
| Bundeskartellamtes nicht nötig, aber natürlich ein gutes Konzept. „Es gilt: | |
| Newcomer sind zuschlagsfähig – leere Hüllen hingegen nicht“, sagt | |
| Kartellamtssprecher Kay Weidner. | |
| Einen Sonderfall stellt das Fernwärmenetz dar. Hier streiten sich | |
| Vattenfall und die Stadt vor Gericht darüber, ob das Netz und die | |
| Erzeugungsanlagen wie das Kraftwerk Wedel 2014 tatsächlich an die Stadt | |
| zurückfallen und neu ausgeschrieben werden müssen. Seitdem der Scholz-Senat | |
| für die Stadt einen Teil der Netzgesellschaft gekauft hat, ruht der Streit. | |
| Jetzt dürfte er wieder aufgenommen werden. | |
| Eine aus Sicht Vattenfalls drängende Frage ist die des geplanten | |
| „Innovationskraftwerks“ in Wedel. Das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk mit | |
| Wärmespeicher soll ein altes Heizwerk ersetzen. „Es ist unsere bevorzugte | |
| Lösung“, sagt Vattenfall-Sprecher Stefan Kleimeier. Das Kraftwerk sei | |
| wichtig, um die Fernwärmekunden sicher versorgen zu können. In diesen Tagen | |
| erwarte der Konzern die Genehmigung. Über diese | |
| 500-Millionen-Euro-Investition müsse jetzt mit der Stadt gesprochen werden. | |
| Eine Fernwärmeleitung aus dem Kohlekraftwerk Moorburg sei „nur eine | |
| Rückfallposition, falls es keine andere Möglichkeit gibt, die Leute zu | |
| beliefern“. | |
| 24 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knoedler | |
| ## TAGS | |
| Hamburg | |
| Energieversorgung | |
| Volksentscheid | |
| Vattenfall | |
| Rekommunalisierung | |
| Olaf Scholz | |
| Hamburg | |
| Hamburg | |
| Hamburg | |
| Hamburg | |
| Volksentscheid | |
| Vattenfall | |
| Hamburg | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Nach dem Volksentscheid: Parlament folgt Volk | |
| Bürgerschaft streitet darüber, wie die Energienetze zurückgekauft werden | |
| sollen. Die Opposition ist misstrauisch. | |
| Nach dem Volksentscheid: Netzkauf finden alle nett | |
| Bürgerschaft beschließt den Rückkauf der Netze und selbst die FDP gibt | |
| ihren Widerstand auf. Nur die CDU weiß noch nicht, was sie finden soll. | |
| Kommentar Volksentscheid: Olaf Scholz ist nicht unfehlbar | |
| Nach verlorenem Volksentscheid und mäßigem Bundestagswahlergebnis sollte | |
| die Hamburger SPD nicht mehr von der absoluten Mehrheit träumen. | |
| Netzrückkauf in Hamburg: Das Ende der Energiekonzerne? | |
| Die Hamburger haben gegen Vattenfall gestimmt. Auch Eon könnte es ähnlich | |
| ergehen. Und die Berliner wollen ihr Stromnetz auch zurück. | |
| Kommentar Netzrückkauf in Hamburg: Direkt ist besser | |
| Wenn es um Energie geht, sollte der Bürger selbst entscheiden: Das ist das | |
| Fazit des Volksentscheides über das Hamburger Stromnetz. | |
| Volksentscheid in Hamburg: Vattenfall durchgefallen | |
| Der Rückkauf der Hamburger Energienetze ist möglich. Der Volksentscheid | |
| liegt knapp über 50 Prozent. Bürgermeister Scholz steht dumm da. | |
| Energiepolitik in Hamburg: Auch Vattenfall steht zur Wahl | |
| Kauft Hamburg sein Strom- und Fernwärmenetz zurück? Dabei geht es unter | |
| anderem um die Energiewende. Im November gibt es auch in Berlin ein | |
| Referendum. | |
| Energieverträge: Vattenfall kann Netze verticken | |
| Vattenfall könnte die Hamburger Netze weiterverkaufen – an wen auch immer. | |
| Der Senat hat kein Mitspracherecht vereinbart, kritisiert ein | |
| Energierechtler. | |
| Rückkauf des Privatisierten: Das große Wir-Gefühl | |
| Am 22. 9. entscheiden die HamburgerInnen auch über den Rückkauf der | |
| Energienetze: Damit erreicht der Trend zur Rekommunalisierung einen neuen | |
| Höhepunkt. | |
| Stimmungsmache im Volksentscheid: Vattenfall wird ausgeschaltet | |
| Der Energiekonzern positioniert sich in Hamburger Bahnen gegen den Rückkauf | |
| der Energienetze – dabei ist politische Werbung dort nicht erlaubt. |