# taz.de -- Energieverträge: Vattenfall kann Netze verticken | |
> Vattenfall könnte die Hamburger Netze weiterverkaufen – an wen auch | |
> immer. Der Senat hat kein Mitspracherecht vereinbart, kritisiert ein | |
> Energierechtler. | |
Bild: Guppenbild ohne Olaf Scholz: Gerhard Schröder und Wladimir Putin besicht… | |
HAMBURG taz | Die Hamburger Energienetze können weiterverkauft werden, ohne | |
dass die Stadt eine Handhabe dagegen hätte. Das geht aus der Antwort des | |
Senats auf eine schriftliche Anfrage des grünen Fraktionsvorsitzenden Jens | |
Kerstan hervor. Danach bekäme Hamburg, wenn der schwedische | |
Vattenfall-Konzern seine Deutschland-Tochter verkaufte, einen neuen Partner | |
für den Betrieb der Strom- und Fernwärmenetze. Somit könne nicht verhindert | |
werden, „dass Unternehmen in die Verträge einsteigen, die niemand hier | |
haben will“, warnt Kerstan. | |
Nach Auskunft des Senats kann Vattenfall Deutschland bis Ende 2017 seine | |
Anteile an den Netzgesellschaften nur mit Zustimmung Hamburgs verkaufen, | |
danach besitzt die Stadt ein Vorkaufsrecht. Beides bezieht sich aber nur | |
auf die Betreibergesellschaften, in denen Hamburg und Vattenfall Partner | |
sind. Ein Verkauf von Vattenfall Deutschland selbst durch die Konzernmutter | |
in Stockholm ist davon unberührt. | |
Der Einstieg einer international agierenden Heuschrecke, eines arabischen | |
Scheichtums, eines chinesischen Konzerns oder der russischen Gazprom wäre | |
dann möglich – mit unabsehbaren Folgen für die Hamburger VerbraucherInnen | |
und die Energiewende. | |
Diese Einschätzung bestätigt der renommierte Marburger Energierechtler | |
Peter Becker. „Hamburg kann einen neuen Partner nicht verhindern“, so seine | |
Einschätzung. In den Verträgen fehle eine sogenannte | |
„Change-of-Control-Klausel“, die Hamburg eine Einflussnahme ermöglichen | |
würde. „Das hätte geregelt werden müssen“, sagt Becker, das sei „eine | |
übliche Klausel“. Dass sie hier fehle, sei nachteilig für die Stadt. | |
Vattenfall bleibe „auf absehbare Zeit“ in Kontinentaleuropa präsent, hatte | |
Deutschland-Chef Tuomu Hatakka kürzlich versichert – „ein lauwarmes | |
Bekenntnis“, so das Manager Magazin. Die Energiewende mache dem Unternehmen | |
jedoch das Leben schwer, so Hatakka: „Wir alle haben das unterschätzt.“ Die | |
„existenzielle Krise“ wolle der Konzern mit „Konsolidierung“ überstehe… | |
Kosten runter, Abbau von 1.500 Arbeitsplätzen in Deutschland, weniger | |
Investitionen und Verkauf von „Randbereichen“. Sobald ein Interessent | |
genügend Geld auf den Tisch lege, könnten „die Schweden zügig den Rückzug | |
antreten“, mutmaßt das Manager Magazin: „Der Kampf um die Netze ist | |
womöglich die letzte Schlacht der Schweden in Deutschland.“ | |
Kerstan vermutet, Vattenfall wolle seine Deutschland-Tochter wertvoller | |
machen, um mehr Geld für sie erlösen zu können. Eine erneuerte Konzession | |
für das Stromnetz und „eine für immer privatisierte Fernwärme würden den | |
Wert von Vattenfall Deutschland enorm steigern“, so der Grüne. Sollte der | |
Volksentscheid über die Energienetze am Sonntag nicht erfolgreich sein, | |
„behält Vattenfall das lukrative Geschäft – bis zu einem Verkauf an | |
andere“, so der grüne Fraktionschef. | |
Bei einem Verkauf an Wladimir Putins Staatskonzern Gazprom zumindest träfe | |
Bürgermeister Olaf Scholz auf alte SPD-Bekannte: Dort streichen Ex-Kanzler | |
Gerhard Schröder, dessen Generalsekretär Scholz von 2002 bis 2004 war, und | |
Hamburgs Alt-Bürgermeister Henning Voscherau lukrative Nebenverdienste ein. | |
17 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
Sven-Michael Veit | |
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